Sozialgericht Dresden - S 14 AS 8400/12 - Urteil vom 26.06.2015
Zur Festlegung des Vergleichsraums zur Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von dem Leistungsempfänger im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen. Am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen sind mithin ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu definieren, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden.
Tatbestand:
Die Kläger begehren für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.03.2013 höhere Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der erwerbsfähige 19xx geborene Kläger und die 19xx geborene Klägerin leben gemeinsam in einer 57,5 m² großen, mit Erdgas beheizten Wohnung in der Gemeinde E., im Landkreis M ... Sie zahlten für die Wohnung im streitigen Zeitraum eine Grundmiete in Höhe von 258,75 EUR, sowie monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 60,00 EUR für Heizkosten und Warmwasseraufbereitung und 80,00 EUR für kalte Betriebskosten, insgesamt also 398,75 EUR.
Einkommen erzielten die Kläger zunächst nicht. Vermögen über der Freibetragsgrenze war ebenfalls nicht vorhanden. Der Kläger zahlte monatlich einen Beitrag in Höhe von 28,78 EUR für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung.
Die Kläger standen seit 2005 im Leistungsbezug bei dem Beklagten. Im Bewilligungsbescheid vom 02.07.2008 wurden die Kläger darauf hingewiesen, dass ihre Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien und zur Senkung der Unterkunftskosten aufgefordert.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 23.08.2012 bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 03.09.2012 für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.03.2013 monatlich insgesamt Leistungen in Höhe von 1045,53 EUR, davon 370,12 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung, 185,76 EUR für den Kläger, 185,77 EUR für die Klägerin.
Dagegen legten die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten am 10.09.2012 Widerspruch ein mit der Begründung, die Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht unangemessen.
Mit Bescheid vom 25.09.2012 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland der Klägerin ab dem 01.03.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ab dem 01.11.2012 wurde ihr eine laufende monatliche Rente in Höhe von 697,36 EUR netto gezahlt. Auf den von dem Beklagten gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland geltend gemachten Erstattungsanspruch zahlte diese die Nachzahlung der Rente in Höhe von 15.174,18 EUR im Oktober 2012 an den Beklagten aus.
Mit Änderungsbescheid vom 25.10.2012 hob der Beklagte die Bewilligung mit Bescheid vom 03.09.2012 teilweise für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis 31.03.2013 auf und forderte die Erstattung von jeweils 319,29 EUR monatlich sowohl von dem Kläger als auch von der Klägerin. Der Anspruch wurde für diese Monate festgesetzt auf monatlich 203,47 EUR für den Kläger, davon 185,76 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung und 203,48 EUR für die Klägerin, davon 185,77 EUR Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
Mit Änderungsbescheid vom 07.11.2012 bewilligte der Beklagte wegen des ab 01.01.2013 geltenden höheren Regelbedarfs der Kläger von 345 EUR für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 monatlich dem Kläger 211,47 EUR und der Klägerin 211,48 EUR an Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs. Der Bewilligungsbescheid vom 03.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.10.2012 wurde für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 hinsichtlich der Erstattungsforderung in Höhe von jeweils 8,00 EUR je Kläger monatlich teilweise aufgehoben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück mit der Begründung, Grundlage der Entscheidung, in welchem Umfang Kosten für die Unterkunft und Heizung als angemessen zu erbringen seien, stelle die Verwaltungsvorschrift zur Angemessenheit der Kosten für die Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II und Zwölftes Buch (SGB XII) in der Fassung vom 01.08.2012 für das Dezernat für Arbeit und Beschäftigung und das Dezernat Soziales des Landkreises Meißen (kurz: VwV-KdU) dar. Entsprechend dieser VwV-KdU betrage der angemessene Produktrichtwert für die Kosten der Unterkunft für den zugrunde liegenden Vergleichsraum der Gemeinde Ebersbach für einen Haushalt mit 2 Personen monatlich 300,60 EUR. Die Kosten der Unterkunft der Kläger seien daher unangemessen. Da bereits im Jahr 2009 die Kosten für Unterkunft durch den Beklagten auf 311,53 EUR gedeckelt worden seien, seien diese Kosten aus Gesichtspunkten des Bestandsschutzes gemäß Ziffer 4 der VwV-KDU weiterhin als Bedarf anzuerkennen. Die Heizkosten seien mit 60,- EUR angemessen und als Bedarf anzuerkennen. Es ergäben sich somit für den streitigen Zeitraum anzuerkennende Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich insgesamt 371,53 EUR. Die individuellen Bedarfsanteile betrügen 185,76 EUR für den Kläger und 185,77 EUR für die Klägerin.
Dagegen haben die Kläger am 13.12.2012 Klage zum Sozialgericht Dresden erhoben. Sie sind der Ansicht, die tatsächlich gezahlten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 398,75 EUR seien angemessen. Die im Rahmen des Konzepts des Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft vorgenommene Clusterbildung sei rechtswidrig. Die Einordnung des gesamten Landkreises in fünf Wohnungsmarkttypen erfolge hauptsächlich über willkürliche Parameter und sei nicht nachvollziehbar. So sei Beispielsweise lediglich die Erreichbarkeit eines Oberzentrums mit dem Pkw nicht jedoch mit öffentlichen Verkehrsmitteln berücksichtigt worden. Die Stadt G., die ebenso wie die Gemeinde E. oder D.- Z. dem Wohnungsmarkttyp 2 zugeordnet wurde, sei mit den genannten Gemeinden nicht ansatzweise vergleichbar. Eine Vergleichbarkeit der Wohnqualität, insbesondere auch der Höhe der Mieten sei nicht gegeben. Es könne dadurch zu nicht nachvollziehbaren erzwungenen Umzügen kommen, was vorliegend zur Folge hätte, dass soziale Kontakte nicht aufrechterhalten werden könnten. Dies bedeute letztlich einen Eingriff in Grundrechte.
Die Kläger beantragen, den Beklagten zu verpflichten, den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 03.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2012 weitere Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.03.2013 in Höhe von 27,22 EUR monatlich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht,
sein Konzept sei schlüssig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2015 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Streitgegenständlich sind die Bedarfe der Kläger für Unterkunft und Heizung in dem Zeitraum vom 01.10.2012 bis 30.03.2013. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Kläger ihre Klage auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung beschränkt haben (vgl. BSG, Urteil vom 06. August 2014 - B 4 AS 55/13 R).
Der Bescheid vom 03.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.10.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), soweit den Klägern für die Monate Oktober 2012 bis März 2013 keine höheren Bedarfe für Unterkunft und Heizung bewilligte worden sind.
Die Kläger haben im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.10.2012 bis 30.03.2013 Anspruch auf Gewährung weiterer Bedarfe für Unterkunft und Heizung im tenorierten Umfang.
Die Kläger erfüllen die Grundvoraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung. Der Kläger hat das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nach § 7a SGB II dagegen noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II), ist hilfebedürftig, weil weder er noch die Klägerin ausreichende finanzielle Mittel haben, ihren Lebensunterhalt zu decken (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II), und ist erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II). Die Klägerin ist als im streitigen Zeitraum nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 7 Abs. 2 SGB II anspruchsberechtigt, weil sie mit dem Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft lebte.
Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Die Kläger haben kein zu berücksichtigendes Vermögen (§ 12 SGB II). Als Einkommen nach § 11 SGB II stand ihnen lediglich ab 01.11.2012 die monatliche Rente der Klägerin in Höhe von 697,36 EUR abzüglich des Beitrags zur Kfz- Haftpflichtversicherung in Höhe von 28,78 EUR (§ 11b Abs. 1 Ziffer 3 SGB II), mithin 668,58 EUR zur Verfügung. Die im Oktober 2012 erfolgte direkte Auszahlung der Rentennachzahlung an den Beklagten stellt mangels Zuflusses an die Klägerin kein Einkommen dar, so dass im Oktober 2012 kein Einkommen zu berücksichtigen war. Zu berücksichtigendes Einkommen deckt nach § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II zunächst die Bedarfe den §§ 20, 21 und 23 SGB II. Diese belaufen sich vorliegend auf die den Klägern zustehenden Regelbedarfe nach § 20 Abs. 4 SGB II in folgender Höhe: Für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.12.2012 auf monatlich 337,00 EUR und für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 auf monatlich 345,- EUR je Kläger. Mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Einkommen konnten die Kläger bereits ihren Regelbedarf nicht vollständig sichern. Es verbleibt somit kein Einkommen, das auch nur teilweise die Bedarfe der Kläger nach § 22 SGB II deckt.
Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (ständige Rechtsprechung vgl. nur BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10 R -, Rn. 14, juris).
Die von den Klägern monatlich gezahlte Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 60,00 EUR ist angemessen und wird von dem Beklagten auch übernommen.
Die von den Klägern tatsächlich monatlich aufgewendete Bruttokaltmiete in Höhe von 338,75 EUR, die sich zusammensetzt aus der Grundmiete in Höhe von 258,75 EUR sowie der Vorauszahlung für die kalten Betriebskosten in Höhe von 80,00 EUR, ist ebenfalls angemessen. Der von dem Beklagten herangezogene Angemessenheitswert ist rechtsfehlerhaft hergeleitet worden und findet daher keine Anwendung. Der Beklagte hat auf der Basis der VwV- KdU des Landkreises Meißen vom 01.08.2012 als angemessenen Bedarf für die Unterkunft rechtswidrig monatlich lediglich eine Bruttokaltmiete in Höhe von 311,53 EUR als angemessen anerkannt. Dieser Betrag wurde von dem Beklagten aus Gesichtspunkten des Bestandsschutzes gewährt (Ziffer 4 der VwV- KdU vom 01.08.2012), nachdem bereits im Jahr 2009 die Kosten für die Unterkunft auf monatlich diesen Betrag (311,53 EUR) gedeckelt worden waren. Gemäß Ziffer 2.1.2 der VwV- KdU stehen den Klägern nur 300,60 EUR zu.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer anschließt, gilt für die Angemessenheitsprüfung Folgendes:
Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen und des Wohnungsstandards (s. Ziffer I) wird in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist (s. Ziffer II). Anschließend ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Das BSG vertritt dabei die sog Produkttheorie, wonach nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße, Wohnungsstandard - ausgedrückt durch Quadratmeterpreis) je für sich betrachtet "angemessen" sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19, Rn. 13).
Entscheidend ist dabei, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers zur angemessenen Referenzmiete ein Konzept zu Grunde liegt, das schlüssig und damit überprüfbar und hinreichend nachvollziehbar ist. Schlüssig ist das Konzept nach ständiger Rechtsprechung (s. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199, Rn. 19), wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
• Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße • Angaben über den Beobachtungszeitraum, • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), • Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, • Validität der Datenerhebung, • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze). (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199, Rn. 19).
Diese Anforderungen erfüllt das Konzept des Beklagten bezüglich des Wohnungsmarktyps II nicht.
I. 1. Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße bestimmt sich vorliegend nach Ziff. I Satz 1 Ziffer 2 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen zu § 18 SächsAGSGB (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen; s. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Dezember 2013 - L 7 AS 637/12 -, Rn. 89, juris) und beträgt für einen 2-Personenhaushalt 60 m². 2. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Unterkunft nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19, Rn. 14).
II. Um die Referenzmiete zu bestimmen, ist die Miete am Wohnort des Leistungsberechtigten als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Dazu ist in einem weiteren Schritt der räumliche Vergleichsraum zu ermitteln. Die Datenerhebung zur Ermittlung der Referenzmiete muss ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199).
Zur Festlegung des Vergleichsraums zur Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von dem Leistungsempfänger im Regelfall nicht verlangt werden (BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 2, BSGE 97, 231-242, SozR 4-4200 § 44 Nr. 1, Rn. 26). Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen (BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 3, BSGE 97, 254-265, SozR 4-4200 § 11 Nr. 1, SozR 4-4225 § 3 Nr. 1, SozR 4-4200 § 11 Nr. 4, SozR 4-4225 § 3 Nr. 1, Rn. 21). Am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen sind mithin ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu definieren, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19 (betr. München), BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 42 (ber. Berlin) BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10 R-, juris (betr. Bremen), Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 95).
Der VwV- KdU des Landkreises M. vom 01.08.2012 lässt sich nicht unmittelbar entnehmen, welche Vergleichsräume zur Ermittlung der Richtwerte gebildet wurden. Gemäß Ziffer 2.1.1 der VwV- KdU wurden die mit dieser Verwaltungsvorschrift zu Grunde gelegten Richtwerte der Bruttokaltmiete hergeleitet durch das Unternehmen A. & K. GmbH. In deren Bericht zur Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Richtwerte im Landkreis M. von Oktober 2012 (im Folgenden kurz: "der Bericht") wurden die Richtwerte für fünf unterschiedliche "Wohnungsmarktypen" im Landkreis M. anhand einer sogenannten Clusteranalyse ermittelt. Im Bericht heißt es auf Seite IV in den Erläuterungen: "Die Wohnungsmarkttypen bilden Vergleichsräume mit einem weitgehend homogenen Mietpreisniveau". Auf konkrete Nachfrage des Gerichts erklärte die Beklagtenvertreterin in der Hauptverhandlung am 26.06.2015, dass die bezeichneten "Wohnungsmarkttypen" im zugrunde liegenden Konzept die Vergleichsräume bilden.
Der im vorliegenden Verfahren maßgebliche Vergleichsraum für den Wohnort der Kläger in der Gemeinde E wird demnach aus dem Wohnungsmarkttyp II gebildet (S. 7 des Berichts). Dieser besteht aus dem Gebiet Großenhain, Lommatzsch, Nossen, Diera-Zehren, Ebersbach, Käbschütztal, Niederau, Priesterwitz, Triebischtal, VG Ketzerbachtal, VG Schönfeld und VG Thiendorf. Einzelne Bezeichnungen dieser Gebiete haben sich zwar zwischenzeitlich (auch bereits im Jahr 2012) durch Gemeindefusionen oder Eingemeindungen geändert. Dies ist jedoch für den Rechtsstreit unerheblich, da es nicht auf den kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der Gemeinde ankommt (s.o.).
Das Gericht konnte für dieses Gebiet keine Räume der Wohnbebauung erkennen, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden.
Das Gebiet erstreckt sich von Naundorf bei Ortrand in der Gemeinde Thiendorf über die Elbe bis nach Nossen. Die Entfernung zwischen Naundorf und Nossen (Auenstraße) beträgt laut Routenplaner www.google.de/maps 73,6 km. Dazwischen fließt die Elbe, über die innerhalb des Vergleichsraums keine Brücke führt, wohl aber befinden sich Brücken in Meißen, Riesa und Cossebaude. Auch die Bundesautobahn 14 überquert die Elbe bei Dresden.
Zur Infrastruktur und der verkehrstechnischen Verbundenheit der in dem Wohnungsmarkttyp II erfassten Gebiete finden sich in dem Bericht der Analyse und Konzepte GmbH keine ausreichenden Angaben. Ebenso fehlen sonstige Ausführungen, die das Vorliegen eines homogenen Lebens- und Wohnbereich innerhalb des Wohnungsmarkttyps II begründen würden.
In dem Bericht heißt es vielmehr ausdrücklich: "Die Wohnungsmarkttypen treffen keine Aussage über den homogenen Wohn- und Lebensbereich. Dieser kann nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung definiert werden und je nach dem bisherigen Wohnstandort des Leistungsberechtigten, ggfs. mehrere Wohnungsmarkttypen berühren" (S. IV des Berichts). Weiter wird auf Seite 4 des Berichts ausgeführt: "Es wurde zudem auch berücksichtigt, dass der Wohnungsmarkttyp nicht dem homogenen Lebens- und Wohnbereich entspricht, sondern eine abstrakte teilräumliche Differenzierung abbildet."
Bei der Bildung der Wohnungsmarkttypen und damit auch der Vergleichsräume wurde demnach nicht berücksichtigt, ob ein homogener Wohn- und Lebensbereich vorliegt.
Dies geschah in der Annahme, das BSG habe hinsichtlich der Bestimmung von Vergleichsräumen nur einen ersten Vorschlag und keine systematische Vorgehensweise entworfen und dies auch nur mit Bezug auf Fälle in Großstädten (S. 4, 3. Absatz des Berichts).
Nach Ansicht der Kammer kann jedoch von dem Erfordernis der Vergleichsraumbildung anhand der oben genannten Kriterien und damit der Bildung eines homogenen Wohn- und Lebensraums auch für Konzepte, die sich auf ländliche Gebiete erstrecken, kein Abstand genommen werden (vgl. SG Aachen, Urteil vom 24. Februar 2015 - SO 157/14-, juris, SG Magdeburg, Urteil vom 23.04.2015 -S 14 AS 4313/10-, juris). Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabes kann es zwar insbesondere im ländlichen Raum zwar geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R, juris, SG Aachen, Urteil vom 24. Februar 2015 - S 20 SO 157/14 -, Rn. 24, juris). Eine Abkehr von der ursprünglich durch das Bundessozialgericht vorgenommenen Definition des Vergleichsraums geht damit jedoch nicht einher und ist nach Ansicht der Kammer auch nicht vorzunehmen. Auch in ländlichen Regionen muss bei der Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete der Wohnort oder das weitere Wohnumfeld maßgebend sein. Auch in ländlichen Gebieten haben Leistungsempfänger ein zu respektierendes Recht auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld, wobei ihnen durchaus nach einem Wohnungswechsel Anfahrtswege zum sozialen Umfeld zuzumuten sind, wie sie Erwerbstätigen (Pendlern) und Schülern zugemutet werden (vgl. BSG v. 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19, Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 124)
Vorliegend fand die Vergleichsraumbildung anhand des sogenannten multivarianten Verfahrens "Clusteranalyse" statt. Die Clusteranalyse ist ein statistisches Instrument, um Kommunen mit ähnlichen Strukturen zu ermitteln und zu Wohnungsmarkttypen zusammenzufassen (S. 3 des Berichts). Auf der Basis von ausgewählten Indikatoren werden mittels der Clusteranalyse die Wohnungstypen definiert.
Die dafür vorliegend gewählten Indikatoren sind nach Auffassung der Kammer jedoch nicht geeignet, eine hinreichende Berücksichtigung der Kriterien herbeizuführen, die nach den Vorgaben des Bundessozialgerichts maßgeblich für die Vergleichsraumbildung sind (so auch SG Dresden, Urteil vom 18.02.2015 -S 38 AS 3442/13- und SG Dresden, Urteil vom 20.01.2014 - S 3 AS 4534/11; vgl. zur Clusteranalyse: SG Aachen, Urteil vom 24. Februar 2015 - S 20 SO 157/14 -, Rn. 24, juris; Hess LSG, Beschl. vom 06.11.2013 - L 4 SO 166/13 B ER, juris, Rn. 41; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. Februar 2013 - L 7 AS 78/12 -, Rn. 59, juris; SG Detmold, Urteil vom 28.11.2013 - S 23 AS 1295/11, juris, Rn. 40; SG Chemnitz, Urteil vom 04.04.2014 - S 22 AS 1185/13, juris, Rn. 42; SG Magdeburg, Urteil vom 23.04.2014 - S 14 AS 4313/10, juris, Rn. 38).
Als Indikatoren zur Clusterbildung wurden für das Konzept des Beklagten herangezogen: die Bevölkerungsentwicklung, die Bevölkerungsdichte, die Siedlungsstruktur, die Einkommenssteuereinnahmen, die Entfernung zum Oberzentrum, die Wohngeldeinstufung und der Kaufkraftindex.
Es handelt sich demnach im Wesentlichen um mietpreisbildende Faktoren. Die Bevölkerungsentwicklung weist auf die Dynamik auf dem Wohnungsmarkt und die Nachfrage nach Wohnraum hin (S. 5 des Berichts). Die Bevölkerungsdichte beeinflusse die Attraktivität des Wohnortes (S. 5 des Berichts). Unter dem Indikator "Siedlungsstruktur" wurde der Anteil der Mehrfamilienhäuser (Geschosswohnungsbau mit 3 und mehr Wohneinheiten) berücksichtigt, der im Zusammenhang mit der Attraktivität einer Kommune und deren Miethöhe stehe. Je höher der Anteil, desto geringer sei - mit Ausnahme der innerstädtischen Bereiche mit hohem Altbautenanteil - in der Regel die Attraktivität des Standortes (S. 5 des Berichts). Die Einkommenssteuereinnahmen pro Kopf gilt als ein Indikator zur näherungsweisen Bestimmung des Pro- Kopf- Einkommens und damit der Mietkaufkraft (S. 6 des Berichts). Die Entfernung zum Oberzentrum Dresden beeinflusse den Wohnungsmarkt (S. 6 des Berichts) und durch die Berücksichtigung der bisherigen Wohngeldeinstufung werde die bisherige Einstufung in die Mietstufen nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) berücksichtigt (S. 6 des Berichts).
Der im Ergebnis der Clusteranalyse gebildete und vorliegend maßgebliche Wohnungsmarktyp II ist geprägt durch die niedrigste Bevölkerungsdichte und klar unterdurchschnittliche Einkommenssteuereinnahmen im Vergleich zum Mittelwert des Landkreises Meißen (S. 8 des Berichts der Analyse & Konzepte GmbH). Der Beklagte hat die gebildeten Wohnungsmarkttypen unverändert als Vergleichsräume übernommen.
Nach Ansicht der Kammer genügt die auf der Basis dieser Indikatoren vorgenommene Wohnungsmarkttypenbildung nicht, um in diesem Gebiet einen Vergleichsraum zur Bildung der Referenzmiete zu begründen.
Die zugrunde gelegten Indikatoren geben weder Auskunft darüber, noch bieten sie hinreichende Anhaltspunkte, inwiefern eine räumliche Nähe der zusammengefassten Gebiete, eine homogene Infrastruktur oder eine verkehrstechnische Verbundenheit vorliegt. Ebenso wenig lassen die Indikatoren darauf genügend Rückschlüsse zu (so auch SG Magdeburg, Urteil vom 23. April 2014 - S 14 AS 4313/10 -, juris, a.A. SG Aachen, Urteil vom 24. Februar 2015 - S 20 SO 157/14 -, Rn. 24, juris zu dem Konzept der "Städte-Region Aachen m.w.N.). Zwar soll durch die Entfernung zum Oberzentrum Dresden die Verkehrsinfrastruktur auf Ebene der Kommune berücksichtigt worden sein (vgl. S. 6 des Berichts). Allerdings sagt die anhand von Googlemaps Routenplanung ermittelte durchschnittliche Fahrtdauer mit dem Pkw nach Dresden-Mitte nichts aus über die verkehrstechnische Verbundenheit der Orte im Gebiet des Wohnungsmarkttyps II untereinander. Zudem dürfte es nicht genügen, allein die Anbindung mit dem Pkw zu berücksichtigen. Vielmehr muss sich die verkehrstechnische Verbundenheit innerhalb des Vergleichsraums auch aus dem öffentlichen Personennahverkehrsnetz ersehen lassen (a.A. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. Februar 2013 - L 7 AS 78/12 -, Rn. 59, juris).
Räumliche Nähe liegt nach Ansicht der Kammer vor bei einem hinreichend nahe beieinanderliegenden Gebiet ohne geografische, schwer überwindbare Hindernisse. Flächenmäßig erfasst das Gebiet ca. 730 km², davon Großenhain 130,23 km², Lommatzsch 66,47 km², Nossen 50,52 km², Diera-Zehren ca. 42 km², Ebersbach ca. 80 km², Käbschütztal ca. 50 km² , Niederau 35,2 km², Priesterwitz 61,2 km², Triebischtal ca. 50 km², VG Ketzerbachtal 72,09 km², VG Schönfeld 39,14 km² und VG Thiendorf 50,5 km². Diese Fläche ist nicht übermäßig groß und liegt unterhalb der Flächengröße von Berlin (891,8 km²). Gegen das Vorliegen der räumlichen Nähe der in dem Gebiet des Wohnungsmarkttyps II erfassten Wohnbebauung spricht jedoch die Entfernung zwischen den Wohnbebauungen von bis zu etwa 75 km (s.o.) und vor allem auch die Querung dieses Gebiets durch die Elbe.
Auch ist die verkehrstechnische Anbindung mit dem Pkw je nach Lage der Wohnung unterschiedlich. Die verkehrstechnische Verbundenheit lässt daher nach Ansicht der Kammer keinen Schluss auf einen homogenen Lebens- und Wohnbereich zu. Das Gebiet des Wohnungsmarkttyps II hat im nord-östlichen Teil Anschluss an die Bundesautobahn 13 (Dresden - Berlin) und im südlichen Bereich an die A 14 (Dresden-Leipzig). Der übrige Teil verfügt lediglich über folgende Bundesstraßen: Die B 101 führt von Großenhain über Meißen nach Nossen und die B 6 verläuft quer von Dresden ebenfalls Meißen und dann durch den vorliegend maßgeblichen Vergleichsraum Richtung Oschatz. Am nördlichen Rand des Gebietes verläuft die B 98 von Großenhain nach Thiendorf. Hinzukommt die Durchkreuzung des Gebiets durch die Elbe, ohne dass innerhalb des Wohnungsmarkttyps II eine Brücke über die Elbe vorhanden ist. Zwar gibt es von Klein-Zadel (Diera-Zehren) nach Niedermuschütz eine Auto- und Personenfähre. Die Nutzung einer Fähre dauert jedoch in der Regel länger als eine Brückenüberquerung und ist daher für den täglichen Gebrauch weniger geeignet. Brücken über die Elbe im Landkreis Meißen befinden sich nur in Meißen, Riesa und Cossebaude.
Hinsichtlich der verkehrstechnischen Erschließung des Vergleichsraums durch öffentliche Verkehrsmittel im streitgegenständlichen Zeitraum konnte festgestellt werden, dass eine sehr unterschiedliche Anbindung an das Netz der Deutschen Bahn vorliegt. Während Niederau und Priestewitz über einen Bahnhof für die Strecke von Dresden nach Leipzig verfügen und über Großenhain die Strecke von Dresden nach Cottbus - an dieser Strecke befindet sich zudem ein Bahnhof in Lampertswalde (Schönfeld) -, sowie die Strecke von Dresden nach Elsterwerda verläuft, sind Nossen und das Triebischtal über das Schienennetz an Meißen angeschlossen. Das Ketzerbach- und das Käbschütztal verfügen hingegen ebenso wie Lommatzsch und Diera-Zehren nicht, bzw. nicht mehr über an den aktuellen Bahnverkehr angeschlossene Bahnhöfe.
Zu dem öffentlichen Personennahverkehr heißt es in dem Bericht, dass es in Landkreisen fast immer aufgrund der Art des Liniennetzes, der unterschiedlichen Bedienhäufigkeit etc. empirisch valide nicht möglich ist, die verkehrstechnische Verbundenheit zu berücksichtigen (S. 4, 3. Abs. des Berichts). Eine stichprobenartige Internetrecherche des Gerichts vom 24.6.2015 hat eine Fahrtdauer mit dem ÖPNV vom Wohnort der Kläger (L-3.) bis nach Nossen von ca. 2 Stunden und 20 Minuten ergeben. Eine Fahrt von Schönfeldt bis nach Raußlitz im Ketzerbachtal dauerte demnach z.B. zwischen 2 Stunden 43 Minuten und 3 Stunden 13 Minuten. Zwar betreffen diese Zeiten nicht den streitigen Zeitraum. Sie lassen jedoch erkennen, dass die Nutzung des ÖPNV innerhalb des Gebiets des Wohnungstyps II mit erheblichem Zeitaufwand verbunden ist. Entgegen der Ansicht des Hessischen Landessozialgerichts (s. Urteil vom 15. Februar 2013 - L 7 AS 78/12 -, Rn. 59, juris) wird dies nach Ansicht der Kammer nicht erst im Rahmen der Erforderlichkeit von Kostensenkungsbemühungen und einer konkreten Angemessenheit relevant. Wird weiterhin darauf abgestellt, dass der Vergleichsraum einen homogenen Wohn- und Lebensbereich darstellen soll, so spielt dafür die verkehrstechnische Erschließung durch den ÖPNV eine wesentliche Rolle. Im Übrigen hat das Hessische LSG selbst die Erschließung mit dem Pkw in diesem Rahmen geprüft. Weshalb die verkehrstechnische Erschließung durch den ÖPNV irrelevant sein soll, ist für die Kammer nicht ersichtlich.
Auch über die Berücksichtigung der sonstigen Infrastruktur lässt sich dem Bericht nichts Weiteres entnehmen. Zwar wurden die Entfernung zum Oberzentrum Dresden mit dem Pkw, die Bevölkerungsdichte und die Siedlungsstruktur berücksichtigt. Dabei wurde für die Frage der Siedlungsstruktur lediglich der Anteil der Mehrfamilienhäuser mit über 3 und mehr Wohneinheiten einbezogen, da dies letztlich im Zusammenhang mit der Miethöhe steht (S. 5 des Berichts). Über den sonstigen notwendigen wirtschaftlichen und organisatorischen Unterbau als Voraussetzung für die Versorgung und die Nutzung des Gebietes werden jedoch keine Angaben gemacht. Nach Ansicht des Gerichts spricht jedoch allein die Tatsache, dass die Stadt Großenhain als Mittelzentrum in den ansonsten (mit Ausnahme von Niederau) sehr dünn besiedelten Bereich des Wohnungsmarktysp II aufgenommen worden ist, gegen das Vorliegen eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs unter dem Gesichtspunkt der Infrastruktur.
Ausgerichtet war die Bildung der Wohnungsmarkttypen vielmehr an Mietpreis bildenden Faktoren. Dies ist bei den Indikatoren Einkommenssteuereinnahmen und Kaufkraftindex offensichtlich und ergibt sich ebenso aus den Erläuterungen zu den übrigen Indikatoren (s. S. 5 des Berichts). Das Verfahren wurde ausdrücklich mit der Maßgabe entwickelt, insbesondere die Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die objektiv die Höhe der Miete maßgeblich beeinflussen (S. 5 des Berichts). Dies geschah mit dem Ziel, Vergleichsräume mit einem weitgehend homogenen Mietpreisniveau zu bilden um einer sozialen Segregation entgegen zu wirken (S. IV des Berichts).
Von dem Beklagten wurde mithin eine Vergleichsraumbildung vorgenommen, bei der er sich explizit nicht an dem Kriterium des Vorliegens eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs orientiert hat, sondern vielmehr an dem Mietpreisniveau. Dies bedeutet jedoch nach Ansicht der Kammer eine Abkehr von der bisherigen Definition des Vergleichsraums, für die in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend war, der zwar auf das weitere Wohnumfeld des Hilfebedürftigen auszudehnen war, sich jedoch nach den räumlichen, strukturellen und sozialen Gegebenheiten ausgerichtet hat und nicht nach den Mietpreisen. Auch wenn der dahinterstehende Zweck der vorliegenden Vergleichsraumbildung, nämlich zu verhindern, dass Regionen aufgrund ihrer Miethöhe als potenzielle Wohnstandorte ausgeschlossen werden (S. IV des Berichts), auszuweisende Werte für höherwertige Bereiche zu niedrig wären, während sie für die preisgünstigeren Mietregionen zu hoch wären (S. 3 des Berichts), nachvollziehbar ist, so kann dies nicht dazu führen, dass die bisherigen Kriterien der Vergleichsraumbildung unbeachtet bleiben. Zudem ist das Gericht der Auffassung, dass die mietpreisorientierte Vergleichsraumbildung zwar nicht unbedingt zu einer neuen Gettobildung führt, wohl aber bestehende "Gettos" dadurch zementiert werden können, was es ebenso zu verhindern gilt wie die Gettobildung (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199, Rn. 19 zur Gettobildung).
Es genügt auch nicht, die Prüfung des Angemessenheitswertes im homogenen Lebens- und Wohnbereich auf die Einzelfallprüfung zu verschieben. Das Konzept des Beklagten sieht vor, dass im Einzelfall bei der Anerkennung der Kosten für Unterkunft zu prüfen ist, ob der Lebensbereich der Bedarfsgemeinschaft von benachbarten -ggf. teureren- Gemeinden geprägt ist, sollten die tatsächlichen Wohnkosten über den für die Gemeinde ermittelten Richtwerten liegen und damit unangemessen sein. Im Zuge einer Einzelfallbetrachtung soll demnach üblicherweise geprüft werden, ob ein ausreichendes unter dem Richtwert liegendes Wohnungsangebot im homogenen Lebens- und Wohnbereich zur Verfügung steht (S. 4 des Berichts). Die Beklagtenvertreterin erläuterte dazu in der mündlichen Verhandlung, dass eine Einzelfallprüfung in der Praxis nicht in allen Fällen der Richtwertüberschreitung erfolge, sondern lediglich dann, wenn Besonderheiten in der Person des Leistungsempfängers vorliegen, z.B. eine Behinderung oder Erkrankung. Eine abstrakte Definition oder Vorgabe, nach welchen Kriterien dieser homogene Lebens- und Wohnbereich dann gebildet werden soll, gibt es nach Auskunft der Beklagtenvertreterin nicht. Vielmehr erfolge auch dies als reine Einzelfallentscheidung. Demnach wird im Einzelfall, wenn Besonderheiten wie Behinderungen oder Krankheiten vorliegen, zwar darauf abgestellt, ob die Miete im homogenen Lebens- und Wohnbereich angemessen ist. Dies genügt jedoch nicht. Es ist richtig, den besonderen Belangen und der konkreten Situation des jeweiligen Hilfebedürftigen (z.B. von Alleinerziehenden oder von Familien mit minderjährigen schulpflichtigen Kindern) nicht bereits bei der (abstrakt-generell vorzunehmenden) Festlegung der Vergleichsräume, sondern erst im Rahmen der Zumutbarkeitsregelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II Rechnung zu tragen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19, Rn. 23). Nicht lediglich in diesen Einzelfällen haben die Leistungsempfänger jedoch ein Recht auf Berücksichtigung der Miete an ihrem Wohnort, bzw. Vergleichsraum als Vergleichsmaßstab. In Einzelfällen bei besonderen persönlichen Belangen muss geprüft werden, ob innerhalb des Vergleichsraums im Sinne eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs noch engere Grenzen zu ziehen sind. Aber dies bedeutet nicht, dass nur für diesen Personenkreis überhaupt der homogene Lebens- und Wohnbereich relevant ist. Abgesehen davon, dass eine solche Einzelfallprüfung vorliegend von dem Beklagten für die Kläger ohnehin nicht vorgenommen wurde, ist die Festlegung des Vergleichsraums im Sinne eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs bereits auf der abstrakt-generellen Ebene vorzunehmen, sonst entspricht es nicht den grundsätzlichen Anforderungen eines Konzepts. Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199). Die Prüfung kann nicht auf den einzelnen Sachbearbeiter verschoben werden. Dies ist allein deshalb erforderlich, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden.
Da der Wohnungsmarktyp II mithin keinen den rechtlichen Anforderungen entsprechenden Vergleichsraum darstellt, beruht der ermittelte Angemessenheitswert nicht auf einem schlüssigen Konzept.
III. Ebenso fehlt eine ausreichende Datengrundlage, anhand derer eine Angemessenheitswertberechnung durch das Gericht durchgeführt werden konnte.
Zwar müssen grundsätzlich nach Ansicht des Bundessozialgerichts die Gerichte anhand der allgemeinen rechtlichen Vorgaben den Vergleichsraum bestimmen (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 59). Dies kann jedoch nach Ansicht der Kammer nicht erfolgen, wenn in dem möglichen Bereich der Vergleichsraumbildung keine Tatsachen bekannt sind, die Aufschlüsse über das Vorliegen eines homogenen Lebensbereichs geben. Laut Bericht der Analyse & Konzepte GmbH waren Erkenntnisse über die verkehrstechnische Verbundenheit aufgrund der Art des Liniennetzes, der unterschiedlichen Bedienhäufigkeiten etc. empirisch valide nicht möglich. Weder aus dem Bericht, noch aus sonstigen, dem Gericht zur Verfügung stehenden Quellen, ließen sich hinreichende Angaben ohne übermäßigen Aufwand über die Infrastruktur in der Gemeinde Ebersbach und den umliegenden Gemeinden entnehmen. Trotz gerichtlichen Hinweises darauf konnten auch von Seiten des Beklagten dazu keine Angaben gemacht werden. Zugleich hielt es das Gericht nicht für ausreichend, lediglich die Gemeinde Ebersbach als Vergleichsraum zu wählen, da diese Gemeinde mit einer Einwohnerzahl von 4.495 (Stand 31.12.2014, s. http://www.gemeinde-ebersbach.de/ebersbach/content/8/20070619132452. asp?search hash=hcXncZht88SC8zO5J4NRna6Yl) als Vergleichsraum zu klein ist. Bei der neuen Vergleichsraumbildung ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die gebildeten Wohnungsmarkttypen überschritten oder lediglich teilweise berücksichtigt werden können (so z.B. bezüglich der Stadt Großenhain und den dazugehörigen in der Großen Kreisstadt liegenden Ortschaften/Ortsteilen, s.o.). Da die erforderliche Datenerhebung aber ausschließlich im Vergleichsraum vorgenommen werden darf, kann nicht auf die Auswertung der Analyse & Konzepte GmbH zurückgegriffen werden, da dementsprechend Daten aus anderen Vergleichsräumen mit einbezogen werden müssten oder sonst eine Verzerrung der Datengrundlage zu befürchten ist (s. SG Magdeburg, Urteil vom 23. April 2014 - S 14 AS 4313/10 -, Rn. 38, juris).
Das Gericht ist der Ansicht, dass auch für die Bildung von Vergleichsräumen unverhältnismäßig aufwendige Ermittlungen nicht durch das Gericht durchgeführt werden müssen (BSG, Urteil vom 22.03.2012 a.a.O.). Dies gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Konzept des Grundsicherungsträgers selbst ergibt, dass diese Ermittlungen nicht möglich sind (wie vorliegend zur verkehrstechnischen Verbundenheit s.o.). Es ist Sache der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu ermitteln. Dazu gehört auch, die Vergleichsraumbildung anhand der rechtlichen Vorgaben zu bilden. Werden diese rechtlichen Vorgaben ausdrücklich nicht beachtet und dementsprechend keine Untersuchungen und Überlegungen zur homogenen Wohn- und Lebenssituation in dem zu beurteilenden Gebiet angestellt und erschließt sich dies auch nicht, oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand aus allgemein zugänglichen Quellen, so ist dies nicht vollständig von Seiten des Gerichts neu zu ermitteln.
IV. Da das Gericht sich mangels lokaler Erkenntnismöglichkeiten nicht in der Lage sieht, eine Angemessenheitsgrenze zu bestimmen, sind die tatsächlichen Unterhaltsaufwendungen bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte i.S. von § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zu übernehmen (s. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199).
Gemäß § 12 WoGG in der ab 01.01.2011 gültigen Fassung sind die monatlichen Höchstbeträge für Miete und Belastung vorbehaltlich des § 11 Abs. 3 WoGG nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und nach der Mietenstufe zu berücksichtigen. Die Gemeinde Ebersbach war nach der Anlagen zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) gültig ab 01.01.2009 als zum damaligen Landkreis Riesa-Großenhain gehörend der Mietstufe 1 zuzuordnen. Für einen 2-Personenhaushalt beläuft sich der monatliche Höchstbetrag für die Mietstufe 1 auf 352,00 EUR. Ob zudem eine Erhöhung des Wertes um 10 %, erfolgen müsste, kann dahinstehen, da die tatsächliche Bruttokaltmiete der Kläger mit insgesamt 338,75 EUR ohnehin bereits unter dem Wert nach Wohngeldtabelle liegt.
Da der Beklagte lediglich eine Bruttokaltmiete in Höhe von insgesamt 311,53 EUR monatlich gewährt hatte, haben die Kläger einen weiteren Anspruch auf die Differenz von monatlich 27,22 EUR an Bedarfen für Unterkunft und Heizung, je Kläger mithin 13,62 EUR monatlich.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
III.
Die Kammer hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 144 Abs. 2 Ziffer 1 SGG zugelassen.