Gründe:

Die Antragsteller begehren im Eilverfahren die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Mietrückständen.

Die am 00.00.0000 geborene Antragstellerin zu 1) ist kongolesische Staatsangehörige. Sie bezog mit ihrem Sohn, geb. am 00.00.0000 und Antragsteller zu 2), ursprünglich Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (u.a. Bewilligungsbescheid vom 23.12.2009). Nachdem beide am 07.01.2010 eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG erhalten hatten, wurden die SGB II-Leistungen mit Bescheid vom 25.01.2010 mit Ablauf des 31.01.2010 eingestellt. Die Antragsteller bewohnen seit 01.05.2009 eine 64 m² große Wohnung in der C. Str. 0 in B ... Die monatliche Nettokaltmiete für diese Wohnung beträgt laut schriftlichem Mietvertrag 250,-- Euro; die Antragstellerin zahlt jedoch - basierend auf einer ergänzenden Vereinbarung mit dem Vermieter - darüber hinaus einen Betrag in Höhe von monatlich 120,-- Euro an den Vermieter. Die Betriebskostenvorauszahlung beträgt monatlich 80,-- Euro. Die Anmietung dieser Wohnung erfolgte seinerzeit ohne Zustimmung des Antragsgegners. In der Folgezeit zahlte dieser (als SGB II-Leistungsträger) monatlich die für angemessen befundenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 285,-- Euro (bruttokalt). Heizkosten wurden, da Nachweise von der Antragstellerin zu 1) nicht vorgelegt wurden, bislang nicht übernommen. Auf Antrag der Antragstellerin zu 1) bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 26.01.2010 ab 01.02.2010 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und legte hierbei Kosten der Unterkunft von insgesamt 285,-- Euro zu Grunde. Nachdem Mietrückstände in Höhe von insgesamt 1.210,-- Euro aufgelaufen waren, kündigte der Vermieter der Antragsteller das Mietverhältnis unter dem 28.04.2010 fristlos. Im beim Amtsgericht Jülich anhängigen Räumungsverfahren (Az. 4 C 202/10) ist Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt worden auf den 20.08.2010. Bis zu diesem Datum hat die Antragstellerin zu 1) Zeit, die aufgelaufenen Mietrückstände zu begleichen. Mit Bescheid vom 29.03.2010 stellte der Antragsgegner die Leistungen nach AsylbLG wegen fehlender Mitwirkung ein, weil die Antragstellerin zu 1) Unterlagen über eine zwischenzeitlich aufgenommene Beschäftigung nicht vorgelegt hatte.

Am 05.07.2010 haben sich die Antragsteller an das Gericht gewandt und Eilrechtsschutz begehrt.

Die Antragstellerin zu 1) führt aus, es seien jedenfalls die angemessenen Kosten der Unterkunft zu übernehmen. Einen Differenzbetrag zu den aufgelaufenen Mietrückständen könnten die Antragsteller von der Mutter der Antragstellerin zu 1) als Darlehen erhalten.

Die Antragsteller begehren sinngemäß,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die aufgelaufenen Mietrückstände zu übernehmen sowie ihnen Leistungen nach dem AsylbLG nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzulehnen.

Das Gericht hat die SGB II-Leistungsakte der Antragstellerin zu 1) beigezogen, sowie den Mietspiegel für die (Nachbar-)Stadt Jülich (für die Gemeinde Aldenhoven existiert kein eigener Mietspiegel) beigezogen und ausgewertet.

Hinsichtlich der weiteren wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen.

 

II.

Das Rubrum war von Amts wegen um den Antragsteller zu 2) zu erweitern. Denn nach der wohlverstandenen Interessenlage der Antragstellerin zu 1) begehrt sie Leistungen der Unterkunft und Heizung, die nach Kopfteilen erbracht werden. Überdies sind ausweislich der bisherigen Bescheide des Antragsgegners auch an den Antragsteller zu 2) entsprechende Leistungen erbracht worden.

Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO).

Was die Übernahme der aufgelaufenen Mietrückstände angeht, so fehlt es an einem Anordnungsanspruch bzw. an einem Anordnungsgrund.

Grundlage für das diesbezügliche Begehren der Antragsteller ist § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII). Danach können Schulden übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.

Zwar droht den Antragstellern im vorliegenden Fall Wohnungslosigkeit, weil eine fristlose Kündigung ihres Wohnmietverhältnisses bereits erfolgt ist und ein Räumungsverfahren anhängig ist. Jedoch ist die Übernahme der Mietschulden im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt.

Die Übernahme von Mietschulden ist nicht gerechtfertigt, wenn es sich um eine unangemessene Unterkunft handelt (vgl. für die gleichlautenden Vorschrift im SGB II nur LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.07.2008, L 7 B 331/07 AS ER). Denn die Hilfegewährung zur Sicherung der Unterkunft verfolgt stets das Ziel des längerfristigen Erhalts der Unterkunft, der im Fall einer unangemessenen Unterkunft nicht gegeben ist. Im vorliegenden Fall ist die von den Antragstellern bewohnte Unterkunft unangemessen. Welche Aufwendungen im Einzelfall angemessen sind, errechnet sich aus dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro m² (sog. "Produkttheorie", vgl. nur BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.05.2010, L 12 (20) SO 37/07 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.07.2008, L 20 B 49/08 SO ER). Zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die in den landesrechtlichen Bestimmungen zur Wohnraumgröße im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnfläche abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.).

In Nordrhein-Westfalen haben diese Vorschriften zum 01.01.2010 eine grundlegende Änderung erfahren. Bis 31.12.2009 war nach Nr. 5.71 des Runderlasses des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport zu § 27 Abs. 4 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 08.03.2002 (VV-Wobind, SMBl.NRW. 238) für zwei Personen eine Wohnungsgröße von bis zu 60 m² angemessen. Diese Verwaltungsvorschrift ist nunmehr durch die auf der Grundlage des neuen Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) vom 08.12.2009 (GV. NRW S 772) erlassenen Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB, Rderl. des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009, MBl. NRW 2010, 6 ff.) abgelöst worden (vgl. Nr. 19 Abs. 2 dieser Verwaltungsvorschriften). Nach Nr. 8.2 lit b) dieser Verwaltungsvorschriften sind für einen Haushalt mit zwei Personen 65 m² Wohnfläche angemessen im Sinne des § 18 Abs. 2 WFNG NRW. Auf der anderen Seite sieht Anlage 1, Nr. 1.4.1 der Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB, Rderl. des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 26.01.2006, zuletzt geändert durch Rderl. v. 28.01.2010) für Mietwohnungen bestehend aus einem Zimmer, Küche und Nebenräumen eine Wohnflächenobergrenze von 62 m² vor. Für die Anwendung von Nr. 8.2 WNB gegenüber Anlage 1 Nr. 1.4.1. WFB sprechen jedoch systematische Erwägungen. Abgesehen davon, dass die WNB die bislang unstreitig zu Grunde zu legenden VV-WobindG abgelöst haben (vgl. Nr. 19 Abs. 2 WNB), so war Nr. 5.71 der VV-WoBindG eine Konkretisierung von § 27 Abs. 4 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG), der die im Wohnberechtigungsschein anzugebende maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnungssuchenden regelte. Diese Funktion hat nach Erlass des WFNG NRW nunmehr § 18 Abs. 2 WFNG NRW übernommen, der ebenfalls an die im Wohnberechtigungsschein anzugebende maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnungssuchenden anknüpft. Folglich ist - den Verwaltungsvorschriften zu dieser Vorschrift (Nr. 8.2 WNB) entsprechend - für zwei Personen von einer angemessenen Wohnfläche von bis zu 65 m² auszugehen (vgl. zum Ganzen SG Aachen, Beschluss vom 25.02.2010, S 6 AS 205/10 ER; a.A., indessen ohne nähere Begründung, LSG NRW, Beschluss vom 25.04.2010, L 9 AS 58/08).

Für die Wohnung der Antragsteller sind ausweislich der Angaben im Mietvertrag sowie der zwischen den Beteiligten unstreitigen Ergänzung des Mietvertrages monatlich 250,-- Euro + 120,-- Euro = 370,-- Euro Nettokaltmiete zu zahlen. Auf 65 m² umgerechnet, entspricht dies einem m²-Preis von 5,69 Euro. Dieser Mietzins ist unangemessen.

Für die Ermittlung der angemessenen Miethöhe ist auf den örtlichen Mietspiegel und nicht auf die Wohngeldtabelle abzustellen, da Mietspiegel die örtlichen Verhältnisse genauer widerspiegeln als die Wohngeldtabelle (BSG, a.a.O.). Hierbei müssen Ausstattung, Lage und Bausubstanz der Wohnung einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen. Hilfebedürftige haben sich bei der Auswahl einer angemessenen Wohnung am unteren Preissegment zu orientieren (BSG, a.a.O.). Nach dem beigezogenen Mietspiegel für die Stadt Jülich, der mit einem Abschlag von 10% auch auf die Gemeinde B. Anwendung findet, liegt ein m²-Preis von 5,69 Euro deutlich über diesen Vorgaben. Denn dieser Preis liegt über dem durchschnittlichen Preis aller im Mietspiegel für die Stadt K. erfassten Wohnungen um 60 m² Größe, der 5,48 Euro pro m² beträgt (3,85 Euro geringster Wert und 7,10 Euro teuerster Wert geteilt durch zwei = 5,48 Euro) und bewegt sich demnach nicht mehr im unteren Preissegment. Ein Preis von 5,69 Euro pro m² liegt bereits im oberen Preissegment für Wohnungen in mittlerer Wohnlage mit Bad/WC und Heizung (Bezugsfertigkeit von 1976 bis 1989) bzw. entspricht dem unteren Preissegment für Wohnungen in guter Wohnlage mit besonderer Ausstattung (Bezugsfertigkeit von 1976 bis 1989).

Soweit die Antragsteller ausführen, es bestehe jedenfalls ein Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft und einen etwaigen Differenzbetrag zu den aufgelaufenen Mietrückständen könne die Mutter der Antragstellerin zu 1) übernehmen, so rechtfertigt auch dies keine abweichende Betrachtung. Zwar sind die Bescheide vom 26.01.2010 bzw. vom 29.03.2010 nicht nach § 77 SGG bindend geworden, weil die Rechtsbehelfsbelehrung nicht den Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG entspricht und damit ein Widerspruch noch möglich ist (der Bescheid vom 23.12.2009, der für Januar 2010 Leistungen der Unterkunft in Höhe von 285,-- Euro vorsieht, ist demgegenüber bestandskräftig geworden). Doch ändert dies nichts daran, dass die Wohnung der Antragsteller unangemessen ist. Sie wird nicht dadurch angemessen, dass Mietrückstände für einen begrenzten zeitlichen Abschnitt übernommen werden. Selbst bei Übernahme der Mietrückstände drohte in absehbarer Zeit erneut eine Mietunterdeckung und eine fristlose Kündigung des Vermieters der Antragsteller bzw. ein Räumungsverfahren. Es besteht daher auch kein Anspruch auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Differenz zwischen den bislang übernommenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 285,-- Euro und den angemessenen Kosten der Unterkunft für eine Wohnung für zwei Personen in der Gemeinde B ... Wollte man anders entscheiden, würde der Sinn und Zweck von § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, der darin besteht, den längerfristigen Erhalt der Unterkunft zu sichern (s.o.), unterlaufen.

Soweit die Antragsteller Leistungen über die Übernahme der Mietrückstände hinaus (laufende) Leistungen nach dem AsylbLG begehren, so kommt eine Verpflichtung im Eilverfahren ohnehin lediglich ab Eingang des Eilantrags bei Gericht in Betracht (vgl. allgemein LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.11.2003, L 9 B 75/03 AL ER = juris). Jedoch bestehen angesichts der Beschäftigung der Antragstellerin zu 1) selbst insoweit Zweifel an der Hilfebedürftigkeit, § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 19 Abs. 1 SGB XII. Die Antragstellerin zu 1) ist daher darauf zu verweisen, zunächst sämtliche erforderlichen Angaben nachzuholen, damit der Antragsgegner abschließend überprüfen kann, ob und ggf. in welchem Umfang ein Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG besteht.

Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass Leistungen der Sozialhilfe der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens dienen und dieser Zweck sowie der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG gebieten, die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch die Antragsteller nicht zu überspannen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.01.2006, L 1 B 13/05 AS ER - juris). Die grundrechtlichen Belange der Betroffenen verlangen hier eine besondere Ausgestaltung des Eilverfahrens. So müssen die Gerichte, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, aufgrund einer Folgenabwägung entscheiden, bei der insbesondere die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend in die Abwägung einzustellen sind (BVerfG, a.a.O.). Auch eine Berücksichtigung dieser Maßgaben führt indessen zu keinem anderen Ergebnis. Denn den Antragstellern drohen bei Versagung einstweiligen Rechtsschutzes keine unzumutbaren Nachteile. Die Antragstellerin zu 1) hat es nämlich selbst in der Hand, durch konkrete Angaben betreffend die zwischenzeitlich von ihr aufgenommene Erwerbstätigkeit und das hieraus erzielte Einkommen eine Überprüfung zu ermöglichen, ob und ggf. in welchem Umfang Hilfebedürftigkeit besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung von § 193 SGG.