Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Entschädigungsleistungen nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalttaten (OEG) wegen eines Schockschadens - psychische Belastung - nach dem Tod der Mutter der Klägerin.

Die 1959 geborene Klägerin ist die Tochter der am 28.06.1931 geborenen und am 06.05.2005 verstorbenen M.. Die Klägerin leidet - eigenen Angaben zufolge - bereits seit ihrer Jugend an Depressionen und Ängsten, insbesondere an Panikattacken. Sie befand sich u.a. wegen einer Zwangsstörung mit gedanklichen Kontrollzwängen, einer Agoraphobie mit Panikstörung, einer Somatisierungsstörung sowie unter dem Verdacht auf eine dependente Persönlichkeitsstörung in der Zeit vom 13.03. bis zum 02.06.2000 in teilstationärer Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des Klinikums A. (vgl. ärztlicher Entlassungsbericht vom 08.06.2000). Die - damalige - Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Berlin, bewilligte ihr als medizinische Leistung zur Rehabilitation wegen einer Agoraphobie, einer Zwangsstörung, Zwangsgedanken und -handlungen gemischt sowie einer Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren und dependenten Anteilen ein Heilverfahren in der B., Bad C., vom 28.09. bis zum 23.11.2000 (vgl. ärztlicher Entlassungsbericht vom 11.12.2000).

Am 07.05.2005 gegen 19.00 Uhr fand eine Nachbarin die Mutter der Klägerin in ihrer Wohnung tot auf. Die Klägerin erhielt hiervon am selben Abend telefonisch Kenntnis und suchte sofort die Wohnung ihrer Mutter auf. Der ebenfalls am 07.05.2005 herbei gerufene Notarzt Dr. D. stellt als Todeszeitpunkt den 06.05.2005, 13.00 Uhr, und als Todesursache ein plötzliches Herzversagen ohne Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod fest. Die Mutter der Klägerin wurde am 12.05.2005 beerdigt.

Nachdem an diesem Tag (12.05.2005) mehrere Abhebungen vom Konto der verstorbenen Mutter nach dem Todeszeitpunkt mittels EC-Karte bei verschiedenen Banken bekannt wurden, leitete die Kriminalpolizei X. weitere Ermittlungen ein. Am 23.05.2005 veranlassten die Ermittlungsbehörden anhand eines bei den Geldabhebungen aufgezeichneten Täterfotos eine Öffentlichkeitsfahndung wegen Computerbetruges. Auf Grund des Beschlusses des Amtsgerichts X. vom 30.05.2005 (Gs 565/05) erfolgte am 02.06.2005 die Exhumierung der Leiche der Mutter der Klägerin und deren Obduktion. Danach kam die Mutter der Klägerin durch Fremdeinwirkung, stumpfe Gewalt gegen Kopf und Rumpf sowie Halskompression zu Tode (vgl. Kurzprotokoll Sektionsergebnisse des Arztes PD Dr. E. Institut für Rechtsmedizin der Universität F. vom 02.06.2005). Das Landgericht X. - 1. Große Strafkammer/Schwurgericht - verurteilte den ermittelten Täter am 30.01.2006 wegen Mordes zum Nachteil der Mutter der Klägerin zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe (7118 Js 7522/05.Ks). Das Urteil ist seit dem 30.08.2006 rechtskräftig.

Am 15.07.2008 stellte die Klägerin beim Landratsamt X. den Antrag, ihre Gesundheitsstörungen als Behinderung im Sinne des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) und deren Grad festzustellen. Am 06.08.2008 beantragte sie außerdem Entschädigungsleistungen nach dem OEG. Dabei gab sie u.a. an, sie leide an Angstzuständen und Depressionen infolge der Nachricht vom gewaltsamen Tod ihrer Mutter. Ergänzend trug sie vor, sie habe ihre Mutter am 07.05.2005 in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Eine Gewalttat als tatsächliche Todesursache habe sich erst nach der Beerdigung herausgestellt.

Der Beklagte lehnte nach Zuleitung und weiterer Sachaufklärung (u.a. Beizug der ärztlichen Entlassungsberichte des Klinikums G., der H., Bad C., sowie der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Diakonissenkrankenhauses I. vom 12.03.2007, ferner des Vorerkrankungsverzeichnisses der DAK X. und der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft X.) den Entschädigungsantrag mit der Begründung ab, Voraussetzung für die Anerkennung und Entschädigung eines Schockschadens nach den Bestimmungen des OEG sei u.a. eine "gewisse Nähe" zwischen dem Schädigungstatbestand und dem Schaden beim Dritten im Sinne eines unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhangs als unmittelbarer Tatzeuge. Bei sonstigen Dritten sei die "gewisse Nähe" regelmäßig bei einem Ehe- und Eltern-/Kindverhältnis anzunehmen. Die Gewalttat gegen die Mutter der Klägerin sei zwar nach Art und Umfang durchaus geeignet gewesen, in der Person der Klägerin einen Schock auszulösen; auch habe zwischen der Klägerin und ihrer Mutter als Opfer der Gewalttat eine Sonderbeziehung bestanden. Weitere Voraussetzung für die Anerkennung eines Schockschadens sei indes eine Schockwirkung mit bleibenden gesundheitlichen Folgen durch die Übermittlung von der Todesnachricht eines nahen Angehörigen durch einen Gewaltopfertatbestand im Sinne des OEG; der Berechtigte müsse mithin durch die Gewalttat selbst betroffen sein und nicht etwa nur deren Rückwirkungen zu spüren bekommen haben. Die psychischen Auswirkungen einer Gewalttat müssten mit dieser im Sinne einer natürlichen Einheit unmittelbar verbunden sein. Eine solche Schockwirkung sei bei der Übermittlung der Todesnachricht und dem Anblick der toten Mutter nach Aufsuchen der Wohnung am 07.05.2005 nicht eingetreten, denn zunächst hätten keine Anhaltspunkte für einen nicht natürlichen Tod vorgelegen. Die spätere Kenntnisnahme vom tatsächlichen Tatgeschehen habe die Klägerin nicht unmittelbar geschädigt. Zwar sei eine unmittelbare Schädigung in diesem Sinne noch anzunehmen, wenn eine Person die Nachricht von der Ermordung eines nahen Angehörigen erhalte und dadurch einen Schock erleide. Dabei handele es sich aber ausnahmslos um Fälle, in denen die gewaltsame Tötung durch einen Gewaltopfertatbestand von Anfang an feststehe und es durch die Übermittlung der Nachricht vom Tode eines nahen Angehörigen durch eine Gewalttat zu einer Schockwirkung gekommen sei. Diese Voraussetzungen seien im Fall der Klägerin nicht erfüllt (Bescheid vom 26.02.2009).

Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im Wesentlichen vor, sie habe beim Auffinden ihrer toten Mutter einen Schock erlitten. Sie habe von Anfang an nicht an eine natürliche Todesursache geglaubt; vielmehr sei die Sache von Anfang an sehr suspekt gewesen und habe sich danach wirklich als Gewaltverbrechen herausgestellt. Die Strapazen, die sie im Laufe der folgenden Zeit von den Gerichtsverhandlungen bis zu dem Verkauf des Hauses der Mutter erlitten habe, habe ihre Gesundheit beeinträchtigt. Sie könne seither nicht mehr in Vollzeit erwerbstätig sein. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 07.05.2009).

Deswegen erhob die Klägerin am 25.05.2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, sie habe infolge der Nachricht von der Ermordung ihrer Mutter einen Schockschaden und eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten. Sie habe bereits beim Auffinden ihrer Mutter Zweifel an einer natürlichen Todesursache gehabt; diese Annahme habe sich kurze Zeit später bestätigt. Seit der Gewalttat habe sich ihr Zustand zunehmend verschlechtert. Entgegen der Beklagten sei auch ein unmittelbarer zusammenhängender Geschehensablauf zwischen ihren Gesundheitsstörungen und der Gewalttat gegeben.

Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,

den Bescheid vom 26. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 2009 aufzuheben, eine "posttraumatische Belastungsstörung" als Schädigungsfolge festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihr ab dem 01. August 2008 Entschädigungsleistungen in gesetzlichem Umfang, insbesondere Beschädigtengrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 30 v.H. zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten, den der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft X. sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin ist nicht Opfer einer Gewalttat im Sinne der Bestimmungen des OEG und hat deshalb gegen den Beklagten keinen Entschädigungsanspruch.

Nach § 1 Abs. 1 OEG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen Versorgung in entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Bundesversorgungsgesetzes, wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person oder eine andere Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Schädigung kann auch psychischer Natur sein (vgl. bereits BSGE 2, 29, 35 und BSG SozR 3-3800 § 1 Nr. 20). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der die Kammer folgt, ist grundsätzlich auch diejenige Person entschädigungsberechtigt, die zwar nicht selbst das Angriffsziel des Gewalttäters war, aber durch den Angriff auf eine andere Person als weiteres Opfer psychisch mitgeschädigt ist (vgl. u.a. BSGE 49, 98, 103; SozR 3-3800 § 1 Nrn. 20 und 23 sowie SozR 4-3800 § 1 Nrn. 2 und 3). Voraussetzung hierfür ist - ebenso wie bei Primäropfern - eine unmittelbare Schädigung, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Schädigungstatbestand und der schädigenden Einwirkung im Sinne einer engen, untrennbaren Verbindung beider Tatbestandsmerkmale (vgl. BSG SozR 3-3800 § 1 Nrn. 20 und 23). Bei Sekundäropfern ist insoweit an den das Primäropfer schädigenden Vorgang anzuknüpfen. Sie müssen demnach durch Wahrnehmung dieses Vorganges oder eine sonstige Kenntnisnahme davon geschädigt worden sein (vgl. BSG, SozR 4-3800 § 1 Nrn. 2 und 3). Darüber hinaus müssen die psychischen Auswirkungen der Gewalttat beim Sekundäropfer bei wertender Betrachtung mit der Gewalttat so eng verbunden sein, dass beide eine natürliche Einheit bilden. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines solchen engen Zusammenhangs ist die zeitliche, örtliche und personale Nähe, wobei allerdings nicht alle Aspekte gleichermaßen vorzuliegen brauchen. Besteht eine zeitliche und örtliche Nähe zum primär schädigenden Geschehen, kann diese den erforderlichen engen Zusammenhang begründen, auch wenn es an einer besonderen personalen Nähe zu dem Primäropfer fehlt. Umgekehrt muss der Mangel eines zeitlichen und örtlichen Zusammenhanges mit dem das Primäropfer schädigenden Vorgang nicht schaden, wenn das Sekundäropfer eine enge personale Beziehung zum Primäropfer hat (vgl. BSG SozR 3-3800 § 1 Nr. 23 und SozR 4-3800 § 1 Nr. 3). Die Unmittelbarkeit ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grund zeitlicher und örtlicher Nähe gegeben, wenn ein Sekundäropfer Augenzeuge der Tat geworden ist (vgl. BSG SozR 3100 § 5 Nr. 6). Auf Grund personaler Nähe hat das BSG die Unmittelbarkeit jedenfalls bei einem nahen Angehörigen auch dann bejaht, wenn das Sekundäropfer erst später Kenntnis von der vorsätzlichen gewaltsamen Tötung des Primäropfers erhält und dadurch eine Schädigung erfährt (vgl. BSGE 49, 98 ff.). Für den Entschädigungsanspruch eines Sekundäropfers reicht hingegen nicht aus, wenn es bei ihm zu einer initialen Schädigung erst auf Grund von Ereignissen gekommen ist, die das Primäropfer erst nach Abschluss des betreffenden schädigenden Vorgangs erfasst haben (vgl. BSG SozR 4-3800 § 1 Nr. 2 m.w.N.).

Gemessen daran ist die Klägerin vorliegend nicht das (Sekundär-) Opfer einer gegen ihre Mutter gerichteten Gewalttat im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG geworden. Denn es fehlt hier an der Unmittelbarkeit zwischen dem Schädigungstatbestand (gewaltsamer Tod der Mutter am 06.05.2005) und den schädigenden Einwirkungen auf die Klägerin selbst im Sinne der Kenntnis von den tatsächlichen Umständen des Todes ihrer Mutter. Zwar war die Gewalttat vom 06.05.2005 gegen die Mutter der Klägerin nach Art und Umfang bei einem unmittelbaren Tatzeugen durchaus geeignet, einen Schockschaden herbeizuführen; auch bestand zwischen der Klägerin und ihrer Mutter auf Grund des Eltern-/Kindverhältnisses auch eine besondere persönliche Nähe. Vorliegend fehlt es indes an dem Merkmal der zeitlichen Nähe zwischen der Gewalttat gegen die Mutter einerseits und den schädigenden Einwirkungen auf die Klägerin andererseits. Denn anders als in den von der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - bislang entschiedenen Sachverhalten, in denen im Zeitpunkt der Übermittlung der Nachricht vom Tod eines nahen Angehörigen bereits objektiv feststand, dass der Tod die Folge einer vorsätzlichen Gewalttat im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG war, war dies hier gerade nicht gegeben. Auf Grund des Gesamtergebnisses des Verfahrens steht vorliegend zur Überzeugung der Kammer nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin wie auch dem Inhalt des Urteils des Landgerichts Xxx/Xxx vom 30.01.2006 fest, dass die Klägerin Kenntnis vom Tod ihrer Mutter bereits am 07.05.2005 erhielt. Anhaltspunkte für eine Gewalttat als Todesursache ergaben sich nach dem Ergebnis der notfallärztlichen Untersuchung zu diesem Zeitpunkt (zunächst) jedoch nicht. Vielmehr ging der von der Klägerin bzw. der Nachbarin ihrer Mutter herbeigerufene Notarzt von einem akuten Herzversagen als natürlicher Todesursache aus und wurde die Mutter der Klägerin ohne Durchführung eines Todesermittlungsverfahrens am 12.05.2005 beerdigt. Auch zu diesem Zeitpunkt lagen mithin in der Person der Klägerin konkrete Anhaltspunkte für eine Gewalttat als Todesursache nicht vor. Solche ergaben sich objektiv auch nicht auf Grund der nachfolgend von den Ermittlungsbehörden durchgeführten weiteren Ermittlungen. Denn diese erfolgten - anfangs - allein unter dem Tatverdacht des Computerbetruges. Kenntnisse von der tatsächlichen Umständen des Todes ihrer Mutter infolge einer Gewalttat hatte die Klägerin vielmehr erst auf Grund des Ergebnisses der nach Exhumierung der Leiche durchgeführten Sektion, mithin frühestens am 02.06.2005, und damit rund 4 Wochen nach dem Auffinden und dem Anblick der Leiche der Mutter. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin selbst möglicherweise von Anfang an nicht an eine natürliche Todesursache geglaubt hat. Die erst durch die rund 4 Wochen nach der Gewalttat auf Grund des Ergebnisses der Sektion am 02.06.2005 eingetretene Gewissheit über die tatsächlichen - gewaltsamen - Todesumstände betrafen die Klägerin deshalb nicht mehr in einem zeitlich unmittelbaren Zusammenhang mit der gegen ihre Mutter erfolgten Gewalttat und auch nicht in einem solchen Zusammenhang mit der erstmaligen Kenntnis vom Tod der Mutter als solchem. Diese Kenntnis von der tatsächlichen Todesursache kann vorliegend entschädigungsrechtlich nicht als Teil eines einheitlichen, mit der Gewalttat unmittelbar zusammen hängenden Geschehensablaufs angesehen werden. Der auf die Klägerin einwirkende schädigende Vorgang als solcher - nämlich die Kenntnis vom Tod ihrer Mutter und das Auffinden und der Anblick der Leiche - war am 02.06.2005 bereits beendet. Deshalb war das die Klägerin betreffende Geschehen - die Kenntnis von den konkreten tatsächlichen Todesumständen - nicht mehr wesentlich durch die erfolgte Gewaltanwendung, sondern durch das Ergebnis der nachfolgenden kriminalpolizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsmaßnahmen geprägt. Dieses Ergebnis traf die Klägerin indes in einem deutlich weniger starken Gewicht wie einen unmittelbaren Tatzeugen oder den Angehörigen, der - wenn auch erst mit einer gewissen zeitlichen Distanz zur Gewalttat - mit der Kenntnis vom Tod eines nahen Angehörigen zeitgleich auch Kenntnis von der Gewalttat als Todesursache erhält. Das im Fall der Klägerin belastende Ereignis, das eine seelische Reaktion von einigem Gewicht, d.h. einen Schock, - ungeachtet der medizinischen Vorgeschichte - bewirkt haben könnte, war mit anderen Worten vorliegend allenfalls die Kenntnis vom Tod der Mutter als solche, nicht aber die erst 4 Wochen später erlangte Kenntnis der genauen Todesumstände.

Zu Recht hat deshalb der Beklagte darauf hingewiesen, dass es durch die Benachrichtigung vom Tod der Mutter der Klägerin und das anschließende Aufsuchen der Wohnung durch die Klägerin selbst und den Anblick der toten Mutter nicht zu einer Schockwirkung infolge einer Gewalttat im Sinne des § 1 OEG kommen konnte, und Versorgungsleistungen abgelehnt.

Ein irgendwie gearteter ursächlicher Zusammenhang zwischen den neurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen der Klägerin und dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter lässt sich - ungeachtet der vorbestehenden erheblichen Gesundheitsstörungen der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet (vgl. hierzu die Entlassungsberichte des Klinikums A. vom 08.06.2000 und der B. Bad C. vom 11.12.2000) - auch dem Entlassungsbericht der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Diakonissenkrankenhauses I. vom 12.03.2007 - auch nicht im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung - nicht entnehmen. Zwar hat die Klägerin dort u.a. angegeben, sie habe durch den Tod ihrer Mutter "jeglichen Halt verloren" und habe damals auch der Schwindel eingesetzt. In der Epikrise haben die Klinikärzte indes einen solchen Zusammenhang mit keinem Wort erwähnt, vielmehr zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kindheit der Klägerin geprägt war von emotionalen Mangelerlebnissen und Konflikten in angespannter Atmosphäre. Dies führte bei ihr zu einer Bindungsstörung auf geringem bis mäßigem Strukturniveau und ermöglicht es der Klägerin bis heute nicht, konstante und stabile emotionale Bindungen einzugehen und aufrecht zu erhalten. Vielmehr zeigt sich in ihrer weiteren Lebensgeschichte mit gestörter Autonomieentwicklung der ständige Versuch, Sicherheit durch "Süchte" (als Kind nach Süßigkeiten, später nach Männern, heute nach Gott, und das ganze Leben lang nach Katzen) herzustellen.

Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig. Das Begehren der Klägerin musste daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.