Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerinnen auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2014.

Die 1985 geborene Klägerin zu 1 bewohnt seit Ende 2012, zunächst mit einem vormaligen Lebensgefährten, inzwischen nur mehr mit ihrer im Februar 2014 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, eine 74qm große Wohnung. Dafür waren ab Juli 2014 monatlich 490 EUR Grundmiete, 70 EUR für Betriebskosten und 90 EUR für Heizkosten zu entrichten, außerdem 40 EUR für einen Tiefgaragenstellplatz.

Die Klägerin zu 1 war bis 26. April 2014 abhängig beschäftigt und vom 27. April 2014 bis 5. Februar 2015 in Elternzeit. Sie erhielt je Lebensmonat 827,50 EUR Elterngeld. Für die Klägerin zu 2 wird Kindergeld und ein Unterhaltsvorschuss von 133 EUR pro Monat geleistet.

Im Juli 2014 beantragten die Klägerinnen erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim beklagten Jobcenter. Dabei wurde angegeben, dass der frühere Lebensgefährte der Klägerin zu 1 sich noch bis September 2014 zur Hälfte an den Mietkosten beteiligen werde.

Nachdem der Beklagte unter dem 3. Juli 2014 auf nicht angemessene Aufwendungen für die Unterkunft hingewiesen und zur Senkung aufgefordert hatte, erklärte die Klägerin zu 1 auch ihre Bereitschaft zur Senkung. Im August 2014 teilte sie dann jedoch gegenüber dem Beklagten mit, in der Wohnung bleiben und die überschüssige Miete lieber selbst zahlen zu wollen.

Am 31. Juli 2014 wurden der Klägerin zu 1 Nachzahlungen für Elterngeld von 2.730,72 EUR für vier Lebensmonate und 266 EUR an Unterhaltsvorschussleistungen überwiesen.

Mit Bescheid vom 28. August 2014 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2014 in monatlich unterschiedlicher Höhe. Als Kosten der Unterkunft wurden für Juli und August je 325 EUR angesetzt und ab September jeden Monat 430,42 EUR zuzüglich 90 EUR für Heizkosten. Ferner erfolgte neben dem Kindergeld und den Unterhaltsvorschussleistungen eine Anrechnung des Elterngeldes mit bereinigt 710,12 EUR monatlich.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 2015 zurückgewiesen.

Dagegen haben die Klägerinnen durch ihren Prozessbevollmächtigten am 4. Februar 2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erheben lassen. Die Nachzahlung des Elterngeldes und des Unterhaltsvorschusses seien zu Unrecht als laufende Einnahme auf sechs Monate verteilt worden. Es handle sich um laufende Einnahmen, da sie auf demselben Rechtsgrund beruhten. Damit seien die Nachzahlungen nur im Juli 2014 als Einkommen zu berücksichtigen. Darüber hinaus seien die Kosten der Unterkunft zu niedrig angesetzt. Das zugrunde liegende Konzept sei nicht schlüssig, die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien nicht eingehalten. Es werde allein auf Bestandsmieten abgestellt, Angebotsmieten seien nicht berücksichtigt worden. Bezüglich der kalten Betriebskosten sei unklar, ob aus den Bestandsmietverhältnissen die tatsächlichen Kosten oder die Vorauszahlungen eingeflossen seien. Außerdem müsse für die Obergrenze ein Wert oberhalb des Durchschnitts gewählt werden, weil diese Kosten unabhängig vom Wohnstandard anfielen. Zu kritisieren sei ferner, dass keine Aktualisierung oder Fortschreibung der Daten erfolgt sei, obschon diese mittlerweile zwei Jahre alt seien und die Mietpreise seit März/April 2013 zwischen 4 und 7% gestiegen seien. Schließlich seien auch keine konkreten Unterkunftsalternativen zu den ermittelten Referenzmieten tatsächlich verfügbar.

Der Beklagte hat seine Entscheidung, namentlich das Konzept als schlüssig verteidigt.

Klägerseits sind noch Unterlagen über einen Termin im Verfahren S 3 AS 393/14 bei diesem Gericht übersandt und es ist dazu weiter vorgetragen worden.

Für die Klägerinnen wird beantragt:

Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 28. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Januar 2015 verpflichtet, den Klägerinnen für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2014 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung insbesondere der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu bewilligen.

Für den Beklagten wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache zum Teil Erfolg.

Die Klägerinnen haben für den streitigen Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2014 gegenüber dem Beklagten Anspruch auf insgesamt 230 EUR mehr an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Insoweit ist der Bescheid des Beklagten vom 28. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Januar 2015 rechtswidrig und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten.

Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) umfassen zum einen die Regelbedarfe nach § 20 SGB II, vornehmlich in Form eines altersabhängigen Regelbedarfs, und zum anderen die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Mehrbedarfe oder unabweisbare Bedarfe.

Nach dem zuletzt gestellten Klageantrag ist das Klagebegehren nicht auf die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt, sondern betrifft auch die Leistungen für die Regelbedarfe. Diese sind im Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2014 insgesamt zu niedrig bemessen worden.

Die beiden am 31. Juli 2014 zugeflossenen Nachzahlungen an Elterngeld von 2.730,72 EUR und an Unterhaltsvorschuss von 266 EUR sind jeweils als laufende Einnahme anzusehen, die aber insofern in größeren als monatlichen Abständen zufließen. Demgemäß sind sie nach § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 SGB II auf sechs Monate aufzuteilen und in diesen Monaten als Einkommen anzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2015, B 4 AS 32/14 R; mit gleichem Ergebnis, aber anderer Begründung: BayLSG, Beschluss vom 28. Januar 2015, L 7 AS 16/15 ER). Ungeachtet dessen, welcher Begründung gefolgt wird, ergibt sich aus dem Grundsatz der Selbsthilfe nach § 2 Abs. 2 SGB II deutlich, dass Zuflüsse in dieser Höhe zur Abwendung bzw. Minderung der Hilfebedürftigkeit über mehr als einen Monat verwendet werden müssen. Das Ergebnis kann daher nur sein, dass sie derartige Nachzahlungen aufgeteilt und in mehreren Monaten als Einkommen angesetzt werden. Hinsichtlich der beiden Nachzahlungen von zusammen 2.996,72 EUR bedeutet dies, dass nach Abzug der Absetzbeträge von 330 EUR für je vier Monate beim Elterngeld (§ 10 Abs. 1 und 5 Satz des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) 1.676,72 EUR als anrechenbares Einkommen verbleiben. Diese sind somit mit monatlich 279,45 EUR beginnend mit August 2014 für sechs Monate als Einkommen anzurechnen. Hinzu kommen jeweils ab Juli 2014 das Kindergeld mit monatlich 184 EUR, die laufenden Unterhaltsvorschussleistungen mit 133 EUR sowie ab August 2014 das laufende Elterngeld mit bereinigt 497,50 EUR. Dem steht gegenüber für Juli und August 2014 ein Bedarf von je 1.085,76 EUR und von September bis Dezember 2014 von monatlich 1.281,18 EUR.

Demnach ergibt sich im Vergleich zur bisherigen Leistungsbewilligung für Juli 2014 ein Mehranspruch der Klägerinnen von 452,90 EUR, für die Monate August bis Dezember 2014 ein Minderanspruch von je 44,58 EUR, zusammen 222,90 EUR. Saldiert folgt daraus für den gesamten streitigen Zeitraum ein Anspruch der Klägerinnen auf zusammen 230 EUR mehr an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

In Bezug auf die berücksichtigen Kosten der Unterkunft und Heizung ist die Leistungsbewilligung durch den Beklagten im streitgegenständlichen zweiten Halbjahr 2014 nicht zu beanstanden.

Was die Kosten für Unterkunft und Heizung anbelangt, schreibt § 22 Abs. 1 SGB II vor, dass diese in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind. Sie sind als Bedarf außerdem so lange anzuerkennen, als es dem Leistungsberechtigten bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Prüfung der Angemessenheit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, wobei die Kaltmiete und die Betriebs- bzw. Nebenkosten ohne die Heizkosten (sogenannte kalte Betriebskosten) auf der einen und die Heizkosten auf der anderen Seite gesondert zu betrachten sind.

Die Prüfung der Aufwendungen für die Unterkunft erfolgt unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien in mehreren Stufen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteile vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, und vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R). Zunächst ist zu ermitteln, welche Wohnungsgröße für die Bedarfsgemeinschaft abstrakt angemessen ist. Dies orientiert sich an den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau, in Bayern den Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWOBindR - Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 27. Februar 2013, AllMBl. S. 133). Bei der folgenden Ermittlung des abstrakt angemessenen Wohnungsstandards im Vergleichsraum ist auf den unteren Bereich abzustellen. Die Wohnung muss nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und darf keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Wohnungen gehobenen Standards gehören von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung der Vergleichsmiete abzubilden ist. Die Merkmale Ausstattung, Lage und Bausubstanz müssen im Ergebnis (insofern besteht Methodenfreiheit) beachtet werden.

Der zu bildende Vergleichsraum muss genügend groß gewählt werden, aber aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit noch einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Die demnach zu bildende Vergleichsmiete errechnet sich aus dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und angemessenem Quadratmetermietzins. Letzterer wiederum ist vorrangig durch das örtlich zuständige Jobcenter für seinen Bereich zu ermitteln. Falls diesbezügliche Erkenntnismöglichkeiten und -mittel fehlen, kann auf die Werte nach § 12 des Wohngeldgesetzes zuzüglich eines Zuschlages von 10% zurückgegriffen werden.

Bei der Ermittlung des angemessenen Wertes pro Quadratmeter muss das Jobcenter nach einem Konzept vorgehen, das die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse auf dem relevanten (örtlichen) (Miet-)Wohnungsmarkt widerspiegelt, somit ein "schlüssiges Konzept" darstellt. Alle Leistungsberechtigten müssen danach in der Lage sein, eine zugleich bedarfsgerechte als auch kostenangemessene Wohnung zu finden.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat folgende methodische wie inhaltliche Mindestvoraussetzungen für ein derartiges schlüssiges Konzept - bei Methodenfreiheit des Jobcenters - aufgestellt: - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen, - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

In die Ermittlung des pro Quadratmeter anzusetzenden Betrages sind auch die kalten Betriebskosten einzubeziehen. Dazu sind zunächst örtliche Übersichten heranzuziehen, bei deren Fehlen auch auf bundesweite Übersichten abgestellt werden kann. Hieraus sind sodann Durchschnittswerte zu ermitteln.

Schließlich ist zu prüfen, ob eine nach den so ermittelten Werten eine angemessene Unterkunft auch konkret verfügbar ist. Allerdings ist davon auszugehen, dass hierzulande angemessener Wohnraum verfügbar ist, weil keine allgemeine Wohnungsnot herrscht. Der Leistungsberechtigte muss deshalb konkret darlegen, dass er sich intensiv, aber vergebens um eine Unterkunftsalternative bemüht hat.

Auf dieser Grundlage ergibt sich kein höherer Anspruch der Klägerinnen.

Die Kosten für Heizenergie wurden über den gesamten Bewilligungszeitraum in tatsächlicher Höhe der von den Klägerinnen zu leistenden Vorauszahlungen von 90 EUR pro Monat angesetzt. Insofern besteht schon deswegen keine Basis für einen höheren Anspruch.

Bezüglich der Kosten der Unterkunft sieht das Gericht ebenso wenig eine Grundlage für höhere Leistungen als bislang. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte ab 1. September 2014 monatlich an Kosten der Unterkunft (ohne die oben genannten Heizkosten) lediglich 430,20 EUR anstelle der tatsächlich anfallenden 560 EUR berücksichtigt hat. Für die Monate Juli und August 2014 ist die Hälfte der tatsächlichen Kosten (325 EUR pro Monat) angesetzt worden, weil sich für diese beiden Monate noch der frühere Lebensgefährte der Klägerin zu 1 an den Aufwendungen beteiligt hat. Das Gericht hat keinen Anlass, dies infrage zu stellen, nachdem es auch klägerseits nicht gerügt oder etwas Abweichendes angegeben wurde.

Es gibt ferner keine Gründe, die den Klägerinnen im streitigen Zeitraum eine Senkung ihrer Unterkunftskosten unmöglich oder unzumutbar gemacht haben. Vor allem liegen keine gesundheitlichen Umstände vor, die an einem Wechsel der Unterkunft gehindert haben oder das Verbleiben in der bisherigen Wohnung erforderten.

Auch sind die Klägerinnen wirksam unter dem 3. Juli 2014 zur Senkung der Unterkunftskosten aufgefordert und es ist ihnen Klarheit über die als angemessen erachtete Höhe verschafft worden. Nachdem die Klägerin zu 1 ihre anfängliche Bereitschaft zur Senkung noch im August 2014 widerrufen hatte, bestand kein Grund, die Aufwendungen ab September 2014 weiter zu übernehmen, soweit sie nicht mehr angemessen waren.

Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass für die Klägerinnen nach den für Bayern geltenden Richtwerten (VVWOBindR, siehe oben, dort Ziffer 5.8) 65qm als abstrakt angemessene Wohnfläche anzusetzen sind.

Der als Grundlage für die Ermittlung der Vergleichsmiete herangezogene "Grundsicherungsrelevante Mietspiegel zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft für die Stadt A-Stadt" (im Folgenden kurz: Konzept) erweist sich zudem als schlüssig nach den oben dargestellten Anforderungen.

Die Datenerhebung ist in einem genau eingegrenzten Vergleichsraum, nämlich dem gesamten Stadtgebiet von A-Stadt, durchgeführt worden (Konzept Ziffern 2.1, 2.3). Dieses ist zum einen ausreichend groß genug gewählt, zum anderen auch als homogen anzusehen, nachdem dies sogar bezüglich des deutlich größeren Stadtgebietes der Landeshauptstadt München bejaht wurde. Eine Ghettoisierung ist daher nicht zu befürchten.

Der Beobachtungsgegenstand ist nachvollziehbar definiert worden (Konzept Ziffer 2.2). Hinsichtlich der Festlegung des Wohnungsstandards ist zwar die einzige Abgrenzung des nicht mehr zumutbaren Wohnstandards dahin erfolgt, dass ein außerhalb der Wohnung liegendes WC zum Ausschluss führte. Hingegen ist über die Punktevergabe kein weiterer Ausschluss erfolgt, also auch nicht für Wohnungen mit der maximal denkbaren Minuspunktzahl von zehn, während Wohnungen mit mehr als vier Punkten als gehobener Wohnstandard keine Berücksichtigt fanden. Allerdings hält das Gericht dieses Vorgehen in Ansehung der Kriterien Lage, Ausstattung und Bausubstanz noch für zulässig. Denn nach den gewählten Merkmalen der Punktvergabe ist selbst eine Wohnung mit der theoretisch denkbar schlechtesten Bewertung von minus zehn Punkten noch als zumutbar anzusehen und nicht als unterster Standard auszuscheiden. Auf der anderen Seite erscheint die Einstufung als gehobener Wohnstandard ab einer Punktzahl von fünf und mehr als plausibel. Dass die Bausubstanz nur am Rande bzw. im Ergebnis berücksichtigt wurde, genügt und wird sich zugunsten der Leistungsberechtigten ausgewirkt haben.

Der Beobachtungszeitraum ist angegeben (Konzept Ziffer 2.3). Die Mieter- und Vermieterbefragung fand demnach im März und April 2013 statt und als Stichtag für die Datenerhebung wurde der 30. April 2013 festgelegt.

Die Art und Weise der Datenerhebung ist nachvollziehbar festgelegt worden (Konzept Ziffer 3.1). Als Erkenntnisquellen dienten eine Mieter- und Vermieterbefragung sowie die Mietangaben von Empfängern von Leistungen nach dem SGB II und von Sozialhilfe. Insgesamt standen damit etwa 24.000 Datensätze über Bestandsmietverhältnisse zur Verfügung. Dabei ist keine Beschränkung rein auf Bestandsmietverhältnisse erfolgt. Dies stellte lediglich den ersten Schritt dar, während die Angebotsmieten in einem weiteren Schritt im Rahmen der Auswertung (Konzept Ziffer 4.1) einbezogen worden sind, um zu ermitteln, ob tatsächlich ein ausreichendes Wohnangebot zu den errechneten Werten verfügbar ist. Gegebenenfalls ist insofern eine Anpassung durchgeführt worden (Konzept Ziffer 3.2). Der Rechtsprechung des BSG ist nach Ansicht des Gerichts außerdem nicht zu entnehmen, dass Angebots- oder Neuzugangsmieten zwingend bereits beim ersten Schritt, der Berechnung der Angemessenheitsgrenzen, berücksichtigt werden müssen. Das muss jedenfalls gelten, wenn sie in einem späteren Schritt, eventuell korrigierend, einfließen, wie vorliegend erfolgt. Dass ist für das Gericht auch in Anbetracht dessen noch akzeptabel, dass hier bei den Bestandsmieten keine Ausgrenzung dahin vorgenommen worden ist, dass nur Mietverhältnisse eingeflossen sind, die in den letzten vier Jahren vor Datenerhebung begründet oder die Miethöhe geändert wurde (so aber beim qualifizierten Mietspiegel nach § 558d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB). Denn insoweit ist die Methodenfreiheit des Beklagten zu beachten. Allerdings ergeben sich nach Ansicht der Kammer aus diesem Vorgehen Konsequenzen für die Aktualisierung und Fortentwicklung des Konzepts dahin, dass besonderes Augenmerk auf eine rechtzeitige Überprüfung zu legen ist.

Das Gericht hat keine Zweifel, dass der Umfang der einbezogenen Daten (Konzept Ziffern 2.4, 3.1) ausreichend repräsentativ ist und dass die Datenerhebung valide ist. Auch in Bezug auf die Einhaltung mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung hat sich kein Anlass für Bedenken ergeben. Soweit Kappungsgrenzen gebildet wurden (Konzept Ziffern 3.3, 3.4), ist das Vorgehen mittels eines 95prozentigen Konfidenzintervalls erfolgt. Das ist nicht zu beanstanden.

Schließlich sind auch die gezogenen Schlüsse hinreichend deutlich dargelegt, vor allem bezüglich der Spannoberwerte (Konzept Ziffer 3.3) und, wie bereits erwähnt, der Kappungsgrenzen.

Zutreffend erfolgt ist für das Gericht weiter die Ermittlung und Einbeziehung der kalten Betriebs- bzw. Nebenkosten. Hier hat der Beklagte keinen Spannoberwert wie zur Ermittlung der Grundmiete gebildet, sondern einen Durchschnittswert (Konzept Ziffer 3.4). Nach der bisher dazu ergangenen Entscheidung des BSG ist dieses Vorgehen nicht zu kritisieren. Dass hier kein Spannoberwert, sondern ein Durchschnittswert ermittelt wurde, ist nachvollziehbar. Das Gericht geht davon aus, dass in das Konzept Eingang gefunden haben Werte zwischen 0,80 EUR und drei Euro. Das folgt aus den Stellungnahmen der Stadt A-Stadt im Verfahren S 3 AS 393/14, auf die sich die Beteiligten beziehen, hinreichend deutlich. Damit sind nach unten unplausible bzw. unrealistische Werte ausgeschlossen und nach oben Werte, die auf einen zu hohen, d.h. nicht mehr nur einfachen und grundlegenden Bedürfnissen dienenden Wohnstandard zurückzuführen sind. Die Kappungsobergrenze konnte auch der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehen. Wenn aber bei über drei Euro eine Kappung erfolgt, kann nicht ein Wert für kalte Betriebskosten von drei Euro oder knapp darunter herangezogen werden. Somit bleibt als methodisch schlüssig allein eine Durchschnittswertbildung. Dem ging hier außerdem voran, dass mittels eines 95prozentigen Konfidenzintervalls Extremwerte innerhalb der genannten Spanne eliminiert worden sind. Der Durchschnittswert für die einzelnen Haushalte im Konzept (Ziffer 3.4) bildet hinreichend schlüssig den Wert ab, zu dem noch von Betriebskosten in angemessener Größenordnung ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, dass die aufgrund der Kappungsuntergrenze ausgeschlossenen Datensätze so wenige waren, dass sie das Ergebnis nicht in statistisch bedeutsamer Weise beeinflusst hätten.

Soweit der Klägerbevollmächtigte fehlende Aktualität und Fortschreibung des Konzepts geltend macht, greift dieser Einwand nach Auffassung der Kammer - noch - nicht durch. Auch wenn die Regelung in anderem Zusammenhang steht, bietet sich eine Orientierung an der zeitlichen Grenze von zwei Jahren nach § 558d Abs. 2 Satz 1 BGB an. Zu bedenken ist, dass auch ein qualifizierter Mietspiegel aktuelle Daten für einen gerade in letzter Zeit als angespannt bezeichneten Markt zur Verfügung stellen soll. Und ebenso wie im SGB II war es dem Gesetzgeber im BGB bewusst, dass die Regelung des existenziellen Bedürfnisses Wohnen im Raum steht, nicht zuletzt deswegen schuf der BGB-Gesetzgeber auch das sogenannte soziale Mietrecht. Hierzu kann auch § 558d BGB gezählt werden.

Nicht außer Acht gelassen werden kann zudem, dass eine laufende Fortschreibung bzw. Aktualisierung eines Konzepts an praktische Grenzen stößt, weil sie die laufende Datenerhebung erfordern würde. Das ist weder realistisch noch verwaltungspraktikabel. Außerdem wäre damit auch die Rechtssicherheit und Planungssicherheit für die Leistungsbezieher erheblich infrage gestellt, weil sie auch damit rechnen müssten, dass bislang angemessene Unterkünfte sich in kurzer Zeit als unangemessen erweisen könnten.

Für das Gericht ist auch ausreichend belegt, dass konkret Wohnalternativen zu den Vergleichsmieten verfügbar waren. Die Ausführungen des Konzepts sind dazu nach Meinung des Gerichts gerade noch tragfähig. Der durchgeführte Abgleich (Konzept Ziffer 4.4) legt nach dem ersten Eindruck nicht nahe, dass eine hinreichende Versorgung der unangemessen wohnenden Leistungsempfänger zeitnah sichergestellt ist. Insofern teilt das Gericht die Ansicht des Klägerbevollmächtigten, dass innerhalb von sechs Monaten - abgleitet aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II - eine angemessene Wohnalternative verfügbar sein sollte. Das ist anhand der dargestellten Versorgungsgrade zwischen 10% und 20% nicht in allen Fällen zu erwarten. Andererseits ist zu sehen, dass beim Beklagten insgesamt rund 10.000 Bedarfsgemeinschaften im laufenden Leistungsbezug stehen. Die im Konzept genannten knapp 3.000 unangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften sind um die Sozialhilfeempfänger zu bereinigen sowie um solche Bedarfsgemeinschaften, bei denen erhöhte Unterkunftskosten anzuerkennen sind. Wenn demnach bei konservativer Schätzung noch 2.000 Bedarfsgemeinschaften verbleiben, würde höchstens ein Fünftel unangemessen wohnen. Dass aber umgekehrt 80% angemessen wohnen, belegt in den Augen des Gerichts recht deutlich, dass sowohl die ermittelten Referenzmieten die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse widerspiegeln als auch dass angemessener Wohnraum in ausreichender Zahl verfügbar ist. Demgegenüber lässt sich weder aus den vom Klägerbevollmächtigten vorgelegten Statistiken noch sonst etwas anderes folgern. Zum einen geben die vorgelegten Statistiken nicht den örtlichen Mietmarkt wieder. Zum anderen beziehen sie nicht nur das hier relevante untere Wohnungssegment ein, sondern den gesamten Mietmarkt. Dass aber seit der Datenerhebung relevante Steigerungen bzw. im genannten Umfang auch im unteren Wohnsegment stattgefunden haben, ist damit für den hier streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht anzunehmen. Gleichwohl ist zu sehen, dass mit fortschreitendem Zeitabstand zur Datenerhebung Ende April 2013 dieser Punkt angesichts eines unbestreitbar dynamischen sich entwickelnden örtlichen Mietmarktes an Brisanz gewinnt.

Der Verweis auf die Beweisaufnahme im Verfahren S 3 AS 393/14 vor diesem Gericht ändert an dieser Beurteilung nichts. Der Klägerbevollmächtigte meint daraus ableiten zu können, dass konkret keine Unterkunftsalternativen verfügbar waren bzw. sind. Das ist aber durch die Beweisaufnahme gerade nicht belegt. Dazu kann zunächst auf die - veröffentlichte und den Beteiligten bekannte - Entscheidung vom 29. April 2015, S 3 AS 393/14, Bezug genommen werden. Die hiesige Kammer ist ebenfalls nicht zur Überzeugung gelangt, dass durch die vernommenen Zeugen der Nachweis mangelnder verfügbarer Wohnungen zu den Referenzmieten des Konzepts erbracht ist. Vielmehr hat die Beweisaufnahme allein gezeigt, dass die Leistungsempfänger oftmals eine Vielzahl von Umständen in sich vereinen, die sie als Mieter unattraktiv erscheinen lässt. Es ist nicht anzunehmen, dass maßgeblich eine zu niedrige Obergrenze der Unterkunftskosten das entscheidende Hemmnis darstellt. Die Zeuginnen H. und H. haben derartiges nicht angegeben. Hinzu kommt, dass weder diese beiden Zeuginnen noch der Zeuge S. allgemeine Aussagen über den örtlichen Mietwohnungsmarkt treffen können, weil ihnen dazu das notwendige Material bzw. die Übersicht fehlt und sie damit auch nicht befasst sind. Der Zeuge S. hat im Gegenteil sich dahin geäußert, dass es für einen Großteil von Leistungsempfängern kein Problem sei, bei seiner Genossenschaft eine nach den Maßstäben des Beklagten angemessene Wohnung in absehbarer Zeit zu erhalten. Aus der Belastung mit verschiedenen, von Mietobergrenzen unabhängigen nachteiligen Merkmalen folgt außerdem, dass von einer Anhebung der Grenzen - wie der Klägerbevollmächtigte meint - nicht zu erwarten ist, dass sie nennenswert die Chancen, eine günstige Wohnung zu finden, erhöht.

Anders mag die Beurteilung nach Meinung dieser Kammer voraussichtlich bei Bewilligungszeiträumen darstellen, die ab Mai 2015 beginnen. Denn angesichts dessen, dass das vorliegende Konzept auf der Bewertung von Bestandsmietverhältnissen beruht, die nicht zeitlich begrenzt sind, wie etwa von § 558d BGB vorgesehen, besteht Handlungsbedarf nach einer Überprüfung bzw. Fortschreibung des Konzepts mit Ablauf von zwei Jahren ab Datenerhebung Ende April 2013 und nicht erst - wie wohl vom Beklagten angedacht - ab Anwendung des Konzepts ab November 2013. Für zukünftige Hauptsacheverfahren betreffend Bewilligungszeiträume ab Mai 2015 wird daher intensiv zu prüfen sein, ob die derzeitigen Referenzwerte des Konzepts weiter aktuell sind und noch angewandt werden können.

Anhand des somit ermittelten Quadratmeterbetrages sind schließlich die Angemessenheitsgrenzen unter Einbeziehung der kalten Betriebskosten fehlerfrei errechnet worden (Konzept Ziffern 3.5 und 5). Im Fall der Klägerinnen ergibt sich demnach eine Obergrenze für die Kosten der Unterkunft (ohne Heizkosten) von 430,42 EUR. Diese hat der Beklagte so ab September 2014 der Leistungsbewilligung zugrunde gelegt.

In der Gesamtzusammenfassung ergibt sich damit ein um 230 EUR höherer Leistungsanspruch der Klägerinnen für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2014.

Insoweit ist der Klage deshalb stattzugeben, im Übrigen ist sie abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Für den Umfang des klägerischen Obsiegens hält das Gericht eine Erstattung durch den Beklagten in Höhe von einem Drittel der außergerichtlichen Kosten für angemessen.

Die Berufung wird gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Soweit ersichtlich, ist ober- oder höchstrichterlich über die Rechtmäßigkeit des vom Beklagten angewandten Konzepts bisher nicht entschieden.