Teil A: 2. Grad der Schädigungsfolgen (GdS), Grad der Behinderung (GdB)
- GdS und GdB werden nach gleichen Grundsätzen bemessen. Beide
Begriffe unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der GdS nur
auf die Schädigungsfolgen (also kausal) und der GdB auf alle
Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final)
bezogen ist. Beide Begriffe haben die Auswirkungen von
Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen und nicht
nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben zum Inhalt.
GdS und GdB sind ein Maß für die körperlichen, geistigen,
seelischen und sozialen Auswirkungen einer
Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens.
Anmerkung
- Aus dem GdB und aus dem GdS ist nicht auf das Ausmaß der
Leistungsfähigkeit zu schließen. GdB und GdS sind grundsätzlich
unabhängig vom ausgeübten oder angestrebten Beruf zu beurteilen,
es sei denn, dass bei Begutachtungen im sozialen
Entschädigungsrecht ein besonderes berufliches Betroffensein
berücksichtigt werden muss.
Anmerkung
- GdB und GdS setzen stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem
für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist
insbesondere bei Kindern und alten Menschen zu beachten.
Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung
des GdB und GdS nicht zu berücksichtigen. Als solche
Veränderungen sind die körperlichen und psychischen
Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft
entwickeln, d. h. für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang
typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, d.
h. Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im
Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB und
GdS zu berücksichtigen, auch dann, wenn sie erstmalig im höheren
Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (z. B.
"Altersdiabetes", "Altersstar") bezeichnet werden.
Anmerkung
- Die in der GdS-Tabelle aufgeführten Werte sind aus langer
Erfahrung gewonnen und stellen altersunabhängige (auch
trainingsunabhängige) Mittelwerte dar. Je nach Einzelfall kann
von den Tabellenwerten mit einer die besonderen Gegebenheiten
darstellenden Begründung abgewichen werden.
Anmerkung
- Da der GdS seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden
kann, sind beim GdS nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im
Allgemeinen die folgenden Funktionssysteme zusammenfassend
beurteilt werden: Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren;
Atmung; Herz- Kreislauf; Verdauung; Harnorgane;
Geschlechtsapparat; Haut; Blut einschließlich blutbildendes
Gewebe und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwechsel; Arme;
Beine; Rumpf. Die sehr wenigen in der GdS-Tabelle noch
enthaltenen Fünfergrade sind alle auf ganz eng umschriebene
Gesundheitsstörungen bezogen, die selten allein und sehr selten
genau in dieser Form und Ausprägung vorliegen.
Anmerkung
- Der GdS setzt eine nicht nur vorübergehende und damit eine
über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten sich erstreckende
Gesundheitsstörung voraus. Dementsprechend ist bei abklingenden
Gesundheitsstörungen der Wert festzusetzen, der dem über sechs
Monate hinaus verbliebenen - oder voraussichtlich verbleibenden
- Schaden entspricht. Schwankungen im Gesundheitszustand bei
längerem Leidensverlauf ist mit einem Durchschnittswert Rechnung
zu tragen. Dies bedeutet: Wenn bei einem Leiden der Verlauf
durch sich wiederholende Besserungen und Verschlechterungen des
Gesundheitszustandes geprägt ist (Beispiele: chronische
Bronchitis, Hautkrankheiten, Anfallsleiden), können die
zeitweiligen Verschlechterungen - aufgrund der anhaltenden
Auswirkungen auf die gesamte Lebensführung - nicht als
vorübergehende Gesundheitsstörungen betrachtet werden.
Dementsprechend muss in solchen Fällen bei der GdB- und
GdS-Beurteilung von dem "durchschnittlichen" Ausmaß der
Beeinträchtigung ausgegangen werden.
- Stirbt ein Antragsteller oder eine
Antragstellerin innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt einer
Gesundheitsstörung, so ist für diese Gesundheitsstörung der GdS
anzusetzen, der nach ärztlicher Erfahrung nach Ablauf von sechs
Monaten nach Eintritt der Gesundheitsstörung zu erwarten gewesen
wäre. Fallen Eintritt der Gesundheitsstörung und Tod jedoch
zusammen, kann ein GdS nicht angenommen werden. Eintritt der
Gesundheitsstörung und Tod fallen nicht nur zusammen, wenn beide
Ereignisse im selben Augenblick eintreten. Dies ist vielmehr
auch dann der Fall, wenn die Gesundheitsstörung in so rascher
Entwicklung zum Tode führt, dass der Eintritt der
Gesundheitsstörung und des Todes einen untrennbaren Vorgang
darstellen.
Anmerkung
- Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten
sind, sind beim GdS nicht zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit
des Abwartens einer Heilungsbewährung stellt eine andere
Situation dar; während der Zeit dieser Heilungsbewährung ist ein
höherer GdS gerechtfertigt, als er sich aus dem festgestellten
Schaden ergibt.
Anmerkung
- Bei der Beurteilung des GdS sind auch seelische
Begleiterscheinungen und Schmerzen zu beachten. Die in der
GdS-Tabelle niedergelegten Sätze berücksichtigen bereits die
üblichen seelischen Begleiterscheinungen (z. B. bei Entstellung
des Gesichts, Verlust der weiblichen Brust). Sind die seelischen
Begleiterscheinungen erheblich höher als aufgrund der
organischen Veränderungen zu erwarten wäre, so ist ein höherer
GdS gerechtfertigt. Vergleichsmaßstab ist nicht der behinderte
Mensch, der überhaupt nicht oder kaum unter seinem Körperschaden
leidet, sondern die allgemeine ärztliche Erfahrung hinsichtlich
der regelhaften Auswirkungen. Außergewöhnliche seelische
Begleiterscheinungen sind anzunehmen, wenn anhaltende
psychoreaktive Störungen in einer solchen Ausprägung vorliegen,
dass eine spezielle ärztliche Behandlung dieser Störungen - z.
B. eine Psychotherapie - erforderlich ist.
Anmerkung
- Ähnliches gilt für die Berücksichtigung von Schmerzen. Die
in der GdS-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise
vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch
erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Ist nach Ort
und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das
übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die
eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte
angesetzt werden. Das kommt zum Beispiel bei Kausalgien und bei
stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen
(Stumpfnervenschmerzen, Phantomschmerzen) in Betracht. Ein
Phantomgefühl allein bedingt keinen GdS.
Anmerkung