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Teil B:   10. Verdauungsorgane

 

10.1 Speiseröhrenkrankheiten  

Traktionsdivertikel je nach Größe und Beschwerden
0 - 10

Pulsionsdivertikel
 
  ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Größe und Beschwerden 0 - 10
  mit erheblicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand 20 - 40

Funktionelle Stenosen der Speiseröhre (Ösophagospasmus, Achalasie)
 
  ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme 0 - 10
  mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme 20 - 40
  mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige Aspiration 50 - 70
  Auswirkungen auf Nachbarorgane (z.B. durch Aspiration) sind zusätzlich zu bewerten.  

Organische Stenose der Speiseröhre (z.B. angeboren, nach Laugenverätzung, Narbenstenose, peptische Striktur)
 
  ohne wesentliche Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Größe und Beschwerden 0 - 10
  mit deutlicher Behinderung der Nahrungsaufnahme je nach Auswirkung (Einschränkung der Kostform, verlängerte Essdauer) 20 - 40
  mit erheblicher Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 50 - 70

Refluxkrankheit der Speiseröhre
 
  mit anhaltenden Refluxbeschwerden je nach Ausmaß 10 - 30
  Auswirkungen auf Nachbarorgane sind zusätzlich zu bewerten.  

Anmerkung
 

Nach Entfernung eines malignen Speiseröhrentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten. GdS während dieser Zeit
 
  je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 80 - 100

Speiseröhrenersatz
 
  Der GdS ist nach den Auswirkungen (z.B. Schluckstörungen, Reflux, Narben) jedoch nicht unter 20 zu bewerten.  

10.2 Magen- und Darmkrankheiten
Bei organischen und funktionellen Krankheiten des Magen-Darmkanals ist der GdS nach dem Grad der Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes, der Schwere der Organstörung und nach der Notwendigkeit besonderer Diätkost zu beurteilen. Bei allergisch bedingten Krankheiten ist auch die Vermeidbarkeit der Allergene von Bedeutung.

10.2.1
Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürsleiden (chronisch rezidivierende Geschwüre, Intervallbeschwerden)
 
  mit Rezidiven in Abständen von zwei bis drei Jahren 0 - 10
  mit häufigeren Rezidiven und Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustandes 20 - 30
  mit erheblichen Komplikationen (z.B. Magenausgangsstenose) und andauernder erheblicher Minderung des Ernährungs- und Kräftezustandes 40 - 50

Anmerkung
 

Nach einer selektiven proximalen Vagotomie kommt ein GdS nur in Betracht, wenn postoperative Darmstörungen oder noch Auswirkungen des Grundleidens vorliegen.
 

Chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung der Magenschleimhaut)
0 - 10
Reizmagen (funktionelle Dyspepsie) 0 - 10
Teilentfernung des Magens, Gastroenterostomie  
  mit guter Funktion, je nach Beschwerden 0 - 10
  mit anhaltenden Beschwerden (z.B. Dumping-Syndrom, rezidivierendes Ulcus jejuni pepticum) 20 - 40
Totalentfernung des Magens  
  ohne Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes je nach Beschwerden 20 - 30
  bei Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes und/oder Komplikationen (z.B. Dumping-Syndrom) 40 - 50

Anmerkung
 

Nach Entfernung eines malignen Magentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.
 
GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren nach Entfernung eines Magenfrühkarzinoms 50
GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren nach Entfernung aller anderen malignen Magentumoren je nach Stadium und Auswirkung auf den Allgemeinzustand 80 - 100

Anmerkung
 

10.2.2
Chronische Darmstörungen (irritabler Darm, Divertikulose, Divertikulitis, Darmteilresektion)
 
  ohne wesentliche Beschwerden und Auswirkungen 0 - 10
  mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen (z.B. Durchfälle, Spasmen) 20 - 30
  mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes 40 - 50

Anmerkung
 

Angeborene Motilitätsstörungen des Darmes (z.B. Hirschsprung-Krankheit, neuronale Dysplasie)
 
  ohne wesentliche Gedeih- und Entwicklungsstörung 10 - 20
  mit geringer Gedeih- und Entwicklungsstörung 30 - 40
  mit mittelgradiger Gedeih- und Entwicklungsstörung 50
  mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung 60 - 70

Kurzdarmsyndrom im Kindesalter
 
  mit mittelschwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung 50 - 60
  mit schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung (z.B. Notwendigkeit künstlicher Ernährung) 70 - 100

Anmerkung
 

Colitis ulcerosa, Crohn-Krankheit (Enteritis regionalis)
 
  mit geringer Auswirkung (geringe Beschwerden, keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, selten Durchfälle) 10 - 20
  mit mittelschwerer Auswirkung (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufiger Durchfälle) 30 - 40
  mit schwerer Auswirkung (anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle) 50 - 60
  mit schwerster Auswirkung (häufig rezidivierende oder anhaltende schwere Beschwerden, schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, ausgeprägte Anämie) 70 - 80
  Fisteln, Stenosen, postoperative Folgezustände (z.B. Kurzdarmsyndrom, Stomakomplikationen), extraintestinale Manifestationen (z.B. Arthritiden), bei Kindern auch Wachstums- und Entwicklungsstörungen, sind zusätzlich zu bewerten.  

Anmerkung
 

Zöliakie, Sprue
 
  ohne wesentliche Folgeerscheinungen unter diätetischer Therapie  20
  bei andauerndem, ungenügendem Ansprechen auf glutenfreie Kost (selten) sind - je nach Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands - höhere Werte angemessen.  

Nach Entfernung maligner Darmtumoren ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.
 
GdS während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren  
  nach Entfernung eines malignen Darmtumors im Stadium (T1 bis T2) N0 M0 oder von lokalisierten Darmkarzinoiden 50
  mit künstlichem After (nicht nur vorübergehend angelegt) 70 - 80
GdS während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren  
  nach Entfernung anderer maligner Darmtumoren wenigstens 80
  mit künstlichem After (nicht nur vorgehend angelegt) 100

Anmerkung
 

10.2.3
Bauchfellverwachsungen
 
  ohne wesentliche Auswirkung 0 - 10
  mit erheblichen Passagestörungen 20 - 30
  mit häufiger rezidivierenden Ileuserscheinungen 40 - 50

10.2.4
Hämorrhoiden
 
  ohne erhebliche Beschwerden, geringe Blutungsneigung 0 - 10
  mit häufigen rezidivierenden Entzündungen, Thrombosierungen oder stärkeren Blutungen 20
Mastdarmvorfall  
  klein, reponierbar 0 - 10
  sonst 20 - 40

Afterschließmuskelschwäche
 
  mit seltenem, nur unter besonderen Belastungen auftretendem, unwillkürlichen Stuhlabgang 10
  sonst 20 - 40

Funktionsverlust des Afterschließmuskels wenigstens
50

Fistel in der Umgebung des Afters
 
  geringe, nicht ständige Sekretion  10
  sonst 20 - 30

Künstlicher After
 
  mit guter Versorgungsmöglichkeit 50
  sonst (z.B. bei Bauchwandhernie, Stenose, Retraktion, Prolaps, Narben, ungünstige Position) 60 - 80

Bei ausgedehntem Mastdarmvorfall, künstlichem After oder stark sezernierenden Kotfisteln, die zu starker Verschmutzung führen, sind ggf. außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen zusätzlich zu berücksichtigen.
 

Anmerkung

10.3
Krankheiten der Leber, Gallenwege und Bauchspeicheldrüse
Der GdS für Krankheiten der Leber, der Gallenwege und der Bauchspeicheldrüse wird bestimmt durch die Art und Schwere der Organveränderungen sowie der Funktionseinbußen, durch das Ausmaß der Beschwerden, die Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes und die Notwendigkeit einer besonderen Kostform. Der serologische Nachweis von Antikörpern als Nachweis einer durchgemachten Infektion (Seronarbe) rechtfertigt allein noch keinen GdS.

10.3.1 Chronische Hepatitis
Unter dem Begriff "chronische Hepatitis" werden alle chronischen Verlaufsformen von Hepatitiden zusammengefasst (früher: "chronische Hepatitis ohne Progression" <chronisch-persistierende Hepatitis> und "chronische Hepatitis mit Progression" <chronisch aktive Hepatitis>). Dazu gehören insbesondere die Virus-, die Autoimmun-, die Arzneimittel- und die kryptogene Hepatitis.

Die gutachtliche Beurteilung einer chronischen Hepatitis beruht auf dem klinischen Befund einschließlich funktionsrelevanter Laborparameter, auf der Ätiologie sowie auf dem histopathologischen Nachweis des Grades der nekro-inflammatorischen Aktivität (Grading) und des Stadiums der Fibrose (Staging). Zusätzlich sind engmaschige Verlaufskontrollen und die Beachtung der Differentialdiagnose erforderlich. Dies gilt auch für geltend gemachte Verschlimmerungen im Leidensverlauf. Der GdS und die Leidensbezeichnung ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle, wobei bereits übliche Befindlichkeitsstörungen - nicht aber extrahepatische Manifestationen - berücksichtigt sind.

Chronische Hepatitis
  ohne (klinisch-) entzündliche Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis ohne Progression
20
  mit geringer (klinisch-) entzündlicher Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, gering entzündliche Aktivität
30
  mit mäßiger (klinisch-) entzündlicher Aktivität
ehemals: chronische Hepatits mit Progression, mäßig entzündliche Aktivität
40
  mit starker (klinisch-) entzündlicher Aktivität
ehemals: chronische Hepatitis mit Progression, stark entzündliche Aktivität
je nach Funktionsstörung
50 - 70
  Alleinige Virus-Replikation ("gesunder Virusträger")
bei Hepatitis-C-Virus nur nach histologischem Ausschluss einer Hepatitis.
10

Bei Vorliegen eines histologischen Befundes gelten für die Virus-Hepatitiden folgende Besonderheiten:

Die histopathologische Bewertung der chronischen Virushepatitis umfasst die nekroinflammatorische Aktivität (Grading) und den Grad der Fibrose (Staging). Der GdS ergibt sich aus folgender Tabelle, wobei die genannten GdS-Werte die üblichen klinischen Auswirkungen mit umfassen.

nekro-inflammatorische Aktivität
Fibrose
null - gering mäßig stark
gering 20 20 30
mäßig 30 40 40
stark 50 60 70

Anmerkung:
Die Auswertung des histologischen Befundes soll sich an dem modifizierten histologischen Aktivitätsindex (HAI) ausrichten. Eine geringe nekro-inflammatorische Aktivität entspricht einer Punktzahl von 1 bis 5, eine mäßige nekro-inflammatorische Aktivität einer Punktzahl von 6 bis 10 und eine starke nekro-inflammatorische Aktivität einer Punktzahl von 11 bis 18. Eine fehlende bzw. geringe Fibrose entspricht einer Punktzahl 0 bis 2, eine mäßige Fibrose der Punktzahl 3 und eine starke Fibrose einer Punktzahl von 4 bis 5.

Für die Virushepatitis C gelten bei fehlender Histologie im Hinblick auf die chemischen Laborparameter folgende Besonderheiten:
  ALAT-/GPT-Werte im Referenzbereich entsprechen bei nachgewiesener Hepatitis-C-Virus-Replikation einer chronischen Hepatitis ohne (klinisch-) entzündliche Aktivität  
  ALAT-/GPT-Werte bis zum 3-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer geringen (klinisch-) entzündlichen Aktivität  
  ALAT-/GPT-Werte vom 3-fachen bis zum 6-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer mäßigen (klinisch-) entzündlichen Aktivität  
  ALAT-/GPT-Werte von mehr als dem 6-fachen der oberen Grenze des Referenzbereichs entsprechen einer starken (klinisch-) entzündlichen Aktivität  
Diese Bewertungen sind nur zulässig, wenn sie sich in das klinische Gesamtbild des bisherigen Verlaufs einfügen.  

Anmerkung
 

10.3.2
Fibrose der Leber ohne Komplikationen
0 - 10
Leberzirrhose  
  kompensiert  
        inaktiv 30
        gering aktiv 40
        stärker aktiv 50
  dekompensiert (Aszites, portale Stauung, hepatische Enzephalopathie) 60 - 100

Anmerkung
 

10.3.3
Fettleber (auch nutritiv-toxisch) ohne Mesenchymreaktion
0 - 10
Toxischer Leberschaden  
  Der GdS ist je nach Aktivität und Verlauf analog zur chronischen Hepatitis oder Leberzirrhose zu beurteilen.  

Anmerkung
 

Zirkulatorische Störungen der Leber (z.B. Pfortaderthrombose)
 
  Der GdS ist analog zur dekompensierten Leberzirrhose zu beurteilen.  

Nach Leberteilresektion ist der GdS allein davon abhängig, ob und wieweit Funktionsbeeinträchtigungen verblieben sind.
 

10.3.4
Nach Entfernung eines malignen primären Lebertumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit 100
 

Nach Lebertransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre); GdS während dieser Zeit 100. Danach selbst bei günstigem Heilungsverlauf unter Berücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression wenigstens 60
 

Anmerkung
 


10.3.5
Primäre biliäre Zirrhose, primäre sklerosierende Cholangitis

 
  GdS ist je nach Aktivität und Verlauf analog zur chronischen Hepatitis oder Leberzirrhose zu beurteilen.  

Anmerkung
 

Gallenblasen- und Gallenwegskrankheiten (Steinleiden, chronisch rezidivierende Entzündungen)
 
  mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten, Entzündungen in Abständen von Jahren 0 - 10
  mit häufigeren Koliken und Entzündungen sowie mit Intervallbeschwerden 20 - 30
  mit langanhaltenden Entzündungen oder mit Komplikationen 40 - 50

Angeborene intra- und extrahepatische Transportstörungen der Galle (z.B. intra-, extrahepatische Gallengangsatresie), metabolische Defekte (z.B. Meulengracht-Krankheit)
 
  ohne Funktionsstörungen, ohne Beschwerden 0 - 10
  mit Beschwerden (Koliken, Fettunverträglichkeit, Juckreiz),  
        ohne Leberzirrhose 20 - 40
        mit Leberzirrhose 50
        mit dekompensierter Leberzirrhose 60 - 100
  Folgezustände sind zusätzlich zu bewerten.  

Verlust der Gallenblase ohne wesentliche Störungen
0
bei fortbestehenden Beschwerden wie bei Gallenwegskrankheiten  

Nach Entfernung eines malignen Gallenblasen-, Gallenwegs- oder Papillentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit
 
  bei Gallenblasen- und Gallenwegstumor 100
  bei Papillentumor 80

10.3.6 Chronische Krankheit der Bauchspeicheldrüse (exkretorische Funktion) je nach Auswirkung auf den Allgemeinzustand, Häufigkeit und Ausmaß der Schmerzen
 
  ohne wesentlichen Beschwerden, keine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 0 - 10
  geringe bis erhebliche Beschwerden, geringe bis mäßige Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes 20 - 40
  starke Beschwerden, Fettstühle, deutliche bis ausgeprägte Herabsetzung des Kräfte- und Ernährungszustandes 50 - 80

Nach teilweiser oder vollständiger Entfernung der Bauchspeicheldrüse sind ggf. weitere Funktionsbeeinträchtigungen (z.B. bei Diabetes mellitus, Osteopathie, oder infolge chronischer Entzündungen der Gallenwege, Magenteilentfernung und Milzverlust) zusätzlich zu berücksichtigen.

Nach Entfernung eines malignen Bauchspeicheldrüsentumors ist in den ersten fünf Jahren eine Heilungsbewährung abzuwarten; GdS während dieser Zeit 100.
 

Anmerkung