(1) Es empfiehlt sich folgende Einteilung:
Bei dieser im wesentlichen auf morphologischen Gesichtspunkten beruhenden Einteilung kommen häufig Übergangsformen vor, welche die diagnostische Zuordnung erschweren.
(2) Die akute Glomerulonephritis tritt vor allem postinfektiös diffus (z.B. nach Angina, Scharlach, Grippe) oder parainfektiös herdförmig bzw. diffus (z.B. im Verlauf eitriger Erkrankungen) auf. Schwere körperliche Belastungen - u.U. in Verbindung mit Kälte- und Nässeeinflüssen -, die nach Art und Dauer die Resistenz gegenüber Infekten erheblich herabzusetzen vermögen, können bei der Krankheitsmanifestation eine mitursächliche Bedeutung haben. Eine Sonderform in Kriegszeiten war die Feldnephritis. Die unter Felddienstverhältnissen, in Gefangenschaft und Internierung aufgetretene akute Nierenentzündung ist praktisch immer Schädigungsfolge.
(3) Die chronische Glomerulonephritis kann sich an eine akute Glomerulonephritis anschließen; die Kausalitätsbeurteilung richtet sich dann nach derjenigen des akuten Stadiums.
Bei der Mehrzahl der chronischen Glomerulonephritiden kann jedoch weder auf ein akutes Vorstadium noch auf eine vorangegangene Infektion geschlossen werden. Die Ätiologie dieser chronischen Glomerulonephritiden ist in der medizinischen Wissenschaft noch nicht ausreichend geklärt; Autoimmunvorgänge spielen eine Rolle. Dementsprechend ist eine Kannversorgung in Betracht zu ziehen, wenn ein Krankheitsbeginn in enger zeitlicher Verbindung mit körperlichen Belastungen und Witterungseinflüssen, die nach Art, Dauer und Schwere geeignet waren, die Resistenz erheblich herabzusetzen, angenommen werden kann.
(4) Das nephrotische Syndrom ist keine Krankheitseinheit, sondern ein klinischer Symptomenkomplex, der durch massive Eiweißausscheidung im Urin, Ödeme, Hypoproteinämie und - nicht immer - Hyperlipidämie gekennzeichnet ist. Dem nephrotischen Syndrom können sehr verschiedene Krankheitsprozesse zugrunde liegen, wobei vor allem die chronische Glomerulonephritis, aber auch Plasmozytom, Amyloidose und diabetische Glomerulopathie sowie medikamentös bedingte glomeruläre Erkrankungen von Bedeutung sind. Die Beurteilung richtet sich nach dem Grundleiden.
(5) Die chronische abakterielle interstitielle Nephritis ist oft die Folge einer jahrelangen Einnahme von Schmerzmitteln in hohen Dosen (Analgetikanephropathie).
(6) Die Pyelonephritis entsteht aufsteigend von entzündlichen Erkrankungen der unteren Harnwege aus oder durch Absiedlung von Erregern (metastatisch) über die Blut- und Lymphbahn. Voraussetzung für die Entstehung einer bakteriellen Pyelonephritis sind in der Regel zusätzliche konditionierende Faktoren (z.B. Harnwegsobstruktion, Vorschädigungen der Nieren durch Analgetika, Hypokaliämie, Diabetes mellitus, Gravidität). Schwere Allgemeinerkrankungen und schwere körperliche Belastungen, u.U. in Verbindung mit Kälte- und Nässeeinflüssen können über eine erhebliche Resistenzherabsetzung eine mitursächliche Bedeutung erlangen.
Die chronische Pyelonephritis verläuft nicht selten symptomarm und kann chronische oder rezidivierende Entzündungen der ableitenden Harnwege unterhalten.
Auf metastatischem Wege können auch Nierenabszesse und paranephritische Abszesse (z. B. bei Tuberkulose oder Staphylococcus-aureus-Sepsis) ohne weitere konditionierende Faktoren zustande kommen.
Pyelonephritis, Nierenabszeß, paranephritischer Abszeß und ihre Folgen sind Schädigungsfolge, wenn die aufsteigende Entzündung oder der zur Metastasierung führende Herd Schädigungsfolge ist.
(7) Die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs bei gefäßbedingten Nierenerkrankungen richtet sich nach dem Grundleiden.
(8) Alle parenchymatösen Nierenleiden können zur Niereninsuffizienz führen.