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Nr. 120 AHP 2008 - Diabetes mellitus

 

Die Zuckerkrankheit ist eine dauernde Störung im Regulationsmechanismus des Gesamtstoffwechsels, die auf einer zu geringen Wirkung des Hormons Insulin beruht. Die Ursache der zu geringen Insulinwirkung kann zum einen in einem Mangel des Hormons selbst begründet sein und zum anderen in einer Unempfindlichkeit der Erfolgsorgane gegenüber dem Insulin (Insulinresistenz). In der Regel liegt der Erkrankung eine erbliche Disposition zugrunde.

Zu unterscheiden sind als relevante Formen

  • der insulinabhängige Diabetes mellitus (Typ-I-Diabetes; früher: Typ des jugendlichen Diabetes)
  • der nicht- insulinabhängige Diabetes mellitus (Typ-II-Diabetes; früher: Altersdiabetes)
    a) bei nicht Übergewichtigen
    b) bei Übergewichtigen
  • der Diabetes mellitus verbunden mit bestimmten Syndromen und sekundär bedingt, z.B. bei Pankreaserkrankungen, Endokrinopathien und genetischen Syndromen sowie durch Arzneimittel, Chemikalien und Abnormitäten des Insulins und seiner Rezeptoren
  • der Schwangerschaftsdiabetes.

Beim insulinabhängigen Diabetes mellitus ist von einer genetischen Disposition auszugehen. Diese ist jedoch von geringer Penetranz. Die Ätiologie dieser Diabetesform ist nicht geklärt. Es wird aber diskutiert, dass bei entsprechender genetischer Disposition Umwelteinflüsse, wie z.B. Infekte (vor allem mit pankreotropen Viren), toxische Substanzen sowie bestimmte Ernährungsfaktoren, und evtl. auch körpereigene Stressproteine einen Autoimmunprozeß auslösen, der im Laufe von etwa einem halben Jahr bis zu mehreren Jahren - bei Kindern auch in etwas kürzeren Fristen - zur Entwicklung eines insulinabhängigen Diabetes mellitus führen kann. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Manifestation des insulinabhängigen Diabetes mellitus und einem der genannten exogenen Schädigungsfaktoren ist nicht mit Wahrscheinlichkeit zu beurteilen, es sei denn, dass Brückensymptome (Immunmarker der Insulitis) zu einem relevanten Infekt nachgewiesen sind. Anderenfalls kommt eine Kannversorgung in Betracht.

Der nicht-insulinabhängige Diabetes mellitus (dazu gehört auch ein Diabetes mellitus, der wegen Versagens der oralen Antidiabetika-Therapie mit Insulin behandelt werden muss) ist vermutlich eine heterogene Erkrankung. Pathogenetisch ist nicht eindeutig geklärt, ob die epidemiologisch nachweisbare genetische Disposition primär zu einer Störung des Glukosestoffwechsels infolge einer Insulinresistenz und/oder einer Sekretionsstörung des Insulins führt. Beim nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus ist die Penetranz der Erbanlage stärker als beim insulinabhängigen Diabetes mellitus. Das Hinzutreten von Faktoren, die eine Insulinresistenz begünstigen, vor allem Fettsucht, Bewegungsmangel, Hypertriglyzeridämie, bestimmte Medikamente, endokrinologische und andere Erkrankungen wie Leberzirrhose und Infekte sind in der Regel ausschlaggebend für die Manifestation dieses Diabetestyps. Dabei wird angenommen, dass der Manifestation des nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus eine Lebensphase mit gestörter Glukosetoleranz vorausgeht. Eine Anerkennung als Schädigungsfolge (dann im Sinne der Verschlimmerung) kommt nur selten in Betracht.

Sekundär kann sich ein Diabetes mellitus aufgrund einer weitgehenden Zerstörung des Inselzellgewebes der Bauchspeicheldrüse (z.B. durch Trauma, Entzündung, Tumor), durch eine Behandlung mit bestimmten Medikamenten (vor allem Steroide), als Begleit- oder Folgekrankheit anderer endokriner Krankheiten oder eines fortgeschrittenen Leberschadens und äußerst selten infolge schwerer Zwischenhirnschädigungen (s. Nummer 60, Absatz 4) entwickeln. Ebenfalls äußerst selten kommt die Manifestation eines Diabetes mellitus auch infolge einer schweren und langdauernden psychischen Traumatisierung in Betracht, wobei eine enge zeitliche Verbindung (bis zu einem Monat) zu fordern ist. Im übrigen ist in solchen Fällen davon auszugehen, dass vorher bereits ein Vorstadium des Diabetes mellitus (pathologische Glukosetoleranz - subklinischer Diabetes mellitus) bestanden hat. Bei einer solchen Sachlage kann nur eine Anerkennung im Sinne der Verschlimmerung erfolgen.

Als Schwangerschaftsdiabetes wird jede während der Schwangerschaft erstmalig erkannte Störung des Kohlenhydratstoffwechsels bezeichnet. Vor allem bei ungenügender Behandlung bestehen Risiken für Mutter und Kind. Der Schwangerschaftsdiabetes kann sich nach Beendigung der Schwangerschaft zurückbilden. Bei Persistieren des Diabetes mellitus liegt meist ein nicht-insulinabhängiger Diabetes mellitus, seltener ein insulinabhängiger Diabetes mellitus vor. Nach Rückbildung des Schwangerschaftsdiabetes besteht ein stark erhöhtes Risiko für die spätere Manifestation eines vorwiegend nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus.

 

Anmerkung