(1) Degenerative Gefäßwandveränderungen entwickeln sich physiologisch mit fortschreitendem Lebensalter. Ihre Variationsbreite hinsichtlich Beginn, Lokalisation und Schweregrad ist groß.
(2) Die arteriosklerotisch bedingten Organerkrankungen werden durch das Zusammentreffen mehrerer Faktoren geprägt, von denen Erbanlage, Hypertonie, Nikotin, Störungen des Kohlehydrat-, Fett- oder Purinstoffwechsels und entzündliche Gefäßwandreaktionen am bedeutsamsten sind. Überernährung ist häufig mit einigen der genannten Faktoren verknüpft. Lang anhaltende extreme seelische Belastungen können in Einzelfällen Teilursache für akute kardiale oder zerebrale arteriosklerotische Komplikationen sein. Die genannten pathogenetischen Faktoren sind nicht immer von gleicher Bedeutung für die Entwicklung eines arteriosklerotischen Krankheitsbildes. Es steht vielmehr von Fall zu Fall der eine oder andere Faktorim Vordergrund. Eine wesentliche Begünstigung einer Gefäßsklerose durch chronische Entzündungsprozesse (z.B. Osteomyelitis) hat sich bisher nicht nachweisen lassen.
Es besteht keine durchgehende Beziehung zwischen den klinisch und röntgenologisch erkennbaren morphologischen Veränderungen und dem Grad der Funktionsstörung. Der Nachweis einer Arteriosklerose in einem Gefaßbezirk lässt im allgemeinen keinen Schluss zu über das Ausmaß der Sklerose in anderen Gefäßprovinzen.
(3) Ist einer der oben aufgeführten Umstände als Schädigungsfolge oder schädigender Vorgang die Ursache einer arteriosklerotisch bedingten Organerkrankung oder von Komplikationen, so sind auch sie als Schädigungsfolge anzusehen.
(4) Arteriosklerotische Gefäßkomplikationen, die während extremer Lebensverhältnisse oder im Anschluss daran in der Reparationsphase (bis zu zwei Jahren) auftreten, sind in der Regel Schädigungsfolge.
Darüber hinaus kommt eine Kannversorgung in Betracht, da die ursächliche Bedeutung extremer Lebensverhältnisse für Komplikationen, die sich in nicht so enger zeitlicher Verbindung und in relativ frühem Lebensalter eingestellt haben, wissenschaftlich umstritten ist.
Die Voraussetzungen für eine Kannversorgung liegen vor, wenn die arteriosklerotische Komplikation (Apoplexie, Herzinfarkt, periphere Durchblutungsstörungen infolge Gefäßeinengungen) bis zu 10 Jahren nach einer Gefangenschaft (auch Haft) unter extremen Lebensbedingungen von mindestens dreijähriger Dauer und in einem Lebensalter bis zu 50 Jahren aufgetreten ist, sofern die der Komplikation zugrunde liegende Arteriosklerose bis in die Zeit der extremen Lebensverhältnisse oder der Reparationsphase zurückzuverfolgen ist und sofern nicht in ihrer ursächlichen Bedeutung bekannte Faktoren als Ursache angesehen werden müssen.
(Anmerkung: Siehe dazu das Rundschreiben des BMA vom 12. Dezember 1996 - Allgemeine Anerkennung -)