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Nr. 90 AHP 2008 - Nichttuberkulöse Erkrankungen von Bronchien, Lungen und Rippenfell

 

(1) Akute entzündliche Erkrankungen der Bronchien und des Lungenparenchyms, seien sie selbständige Erkrankungen, Sekundärerscheinungen oder Folgen einer schweren Allgemeinerkrankung, heilen in den meisten Fällen aus.

(2) Die chronische Bronchitis hat eine vielschichtige Ätiologie. Konstitutionelle Momente und vor allem ein langjähriges inhalatives Rauchen spielen oft eine wesentliche Rolle. Auch andere atemwegsreizende oder -schädigende Substanzen, gehäufte langdauernde Infekte der Luftwege bei ungünstigen anhaltenden klimatischen Belastungen oder großen Strapazen (langdauernder Fronteinsatz, Kriegsgefangenschaft oder Haft unter extremen Lebensverhältnissen [siehe Nummer 139, Seite 305]) können für die Entwicklung eines chronischen Krankheitsbildes ursächlich bedeutsam sein. Banale Erkältungen oder gewöhnliche Witterungseinflüsse können nicht als wesentliche Bedingung einer chronischen Bronchitis angesehen werden.

Tritt eine chronische Bronchitis infolge anatomischer Veränderungen im Brustkorb auf (ausgedehnte Adhäsionen, Schrumpfungen usw.), so richtet sich die Beurteilung nach dem Grundleiden.

(3) Wird eine Verschlechterung einer in ursächlichem Zusammenhang mit schädigenden Einflüssen stehenden chronischen Bronchitis nach Wegfall der schädigenden Einwirkungen behauptet, so ist zu prüfen, ob und in welchem Ausmaße die Weiterentwicklung durch andere Umstände, z.B. durch Einwirkung von Noxen des Berufs und des täglichen Lebens, oder durch andere schädigungsfremde Veränderungen (Brustkorbstarre, Stauungslunge, Kyphose usw.) bedingt ist.

(4) Das anfallsartig auftretende Asthma bronchiale beruht entweder auf einer angeborenen oder auf einer erworbenen abnormen Reaktionsbereitschaft. Äußere Einflüsse können im Wege einer Umstimmung ursächlich wirksam werden. Es kommen hierfür in Betracht: Entzündliche Erkrankungen der Lungen und Atemwege, pflanzliche und tierische Allergene sowie bestimmte chemische Stoffe. Eine enge zeitliche Verbindung zwischen dem schädigenden Ereignis und der Manifestation des Leidens ist für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs zu fordern.

Eine chronisch-obstruktive Bronchitis (früher auch "spastische" oder "asthmoide" Bronchitis), die mit Anfällen einhergeht, ist vom Asthma bronchiale abzugrenzen und der chronischen Bronchitis entsprechend zu beurteilen.

(5) Beim Lungenemphysem ist zwischen dem primären Emphysem und den sekundären Emphysem-Formen zu unterscheiden.

Das klinisch wichtige sekundäre Lungenemphysem beruht auf einem Ursachenbündel, bei dem neben endogenen Faktoren Vorkrankheiten (chronische Bronchitis, Bronchialasthma, Bronchiektasen, Störungen der Thoraxstatik durch Verletzungen und Schwartenbildung) von Bedeutung sind. Bei dem Funktionsbild des sekundären Emphysems überwiegt die obstruktive Ventilationsstörung. Bei Veränderungen des Lungengerüstes oder der Thoraxstatik findet man auch Zeichen einer restriktiven Ventilationsstörung. Als Folge des sekundären Lungenemphysems kann sich ein chronisches Cor pulmonale entwickeln.

Das Altersemphysem ist vom sekundären Lungenemphysem abzugrenzen; es führt nicht zu wesentlichen Atembeschwerden; auch fehlen Zeichen einer obstruktiven Ventilationsstörung und einer Rechtsherzüberlastung.

(6) Zystische Veränderungen des Lungengewebes sind meist angeboren, entstehen aber auch auf dem Boden stenosierender oder einschmelzender Prozesse. Bronchiektasen können ebenfalls angeboren oder sekundär erworben sein. Die Beurteilung sekundärer Bronchiektasen richtet sich nach dem Grundleiden.

(7) Das Auftreten eines Spontanpneumothorax setzt das Vorhandensein entsprechender Gewebsveränderungen voraus. Nur bei traumatischer Einwirkung auf den Brustkorb und sehr enger zeitlicher Verbindung kann ein ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich sein.

(8) Unter Lungenfirosen versteht man Lungenveränderungen, die mit einer Vermehrung oder Verfestigung des Lungengerüstes einhergehen und zu einer Lungenstarre und damit zu schwerwiegenden Funktionsstörungen der Lungen und des Kreislaufs führen können.

Von praktischer Bedeutung sind in erster Linie die Pneumokoniosen (vor allem Silikose - evtl. mit Tuberkulose -, Mischstaubsilikose, Asbestose, exogen-allergische Alveolitis), die durch besonderen Arbeitseinsatz z.B. bei Kriegsgefangenen und Internierten auftreten konnten.

(9) Brustfellentzündungen, Eiterungen und Blutungen im Brustfellraum können Schwarten, Funktionsstörungen der Lungen und des Zwerchfells durch Verwachsungen, Verlagerung des Mediastinums sowie Schrumpfungen, Wirbelsäulenverbiegungen und Brustkorbverformungen zur Folge haben. In seltenen Fällen werden rezidivierende Empyeme und Bronchialfisteln beobachtet. Zum Cor pulmonale siehe Nummer 98. Die Zusammenhangsbeurteilung richtet sich nach dem Grundleiden.

 

Anmerkung