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Teil B:   3. Nervensystem und Psyche - (Teil I)

 

Anmerkung

 

3.1 Hirnschäden

  1. Ein Hirnschaden ist nachgewiesen, wenn Symptome einer organischen Veränderung des Gehirns - nach Verletzung oder Krankheit nach dem Abklingen der akuten Phase - festgestellt worden sind. Wenn bei späteren Untersuchungen keine hirnorganischen Funktionsstörungen und Leistungsbeeinträchtigungen mehr zu erkennen sind beträgt der GdS dann - auch unter Einschluss geringer z. B. vegetativer Beschwerden - 20; nach offenen Hirnverletzungen nicht unter 30.

    Anmerkung

  2. Bestimmend für die Beurteilung des GdS ist das Ausmaß der bleibenden Ausfallserscheinungen. Dabei sind der neurologische Befund, die Ausfallserscheinungen im psychischen Bereich unter Würdigung der prämorbiden Persönlichkeit und ggf. das Auftreten von zerebralen Anfällen zu beachten. Bei der Mannigfaltigkeit der Folgezustände von Hirnschädigungen kommt ein GdS zwischen 20 und 100 in Betracht.

  3. Bei Kindern ist zu berücksichtigen, dass sich die Auswirkungen eines Hirnschadens abhängig vom Reifungsprozess sehr verschieden (Besserung oder Verschlechterung) entwickeln können, so dass in der Regel Nachprüfungen in Abständen von wenigen Jahren angezeigt sind.

  4. Bei einem mit Ventil versorgten Hydrozephalus ist ein GdS von wenigstens 30 anzusetzen.

    Anmerkung

  5. Nicht nur vorübergehende vegetative Störungen nach Gehirnerschütterung (reversible und morphologisch nicht nachweisbare Funktionsstörung des Gesamthirns) rechtfertigen im ersten Jahr nach dem Unfall einen GdS von 10 bis 20.


Bei der folgenden GdS-Tabelle der Hirnschäden soll die unter Nummer 3.1.1 genannte Gesamtbewertung im Vordergrund stehen. Die unter Nummer 3.1.2 angeführten isoliert vorkommenden bzw. führenden Syndrome stellen eine ergänzende Hilfe zur Beurteilung dar.

Anmerkung

3.1.1 Grundsätze der Gesamtbewertung von Hirnschäden  
Hirnschäden mit geringer Leistungsbeeinträchtigung 30 -40
Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung 50 - 60
Hirnschäden mit schwerer Leistungsbeeinträchtigung 70 - 100

3.1.2
Bewertung von Hirnschäden mit isoliert vorkommenden bzw. führenden Syndromen
(bei Begutachtungen im sozialen Entschädigungsrecht auch zur Feststellung der Schwerstbeschädigtenzulage)
 

Hirnschäden mit psychischen Störungen
 
  leicht (im Alltag sich gering auswirkend) 30 - 40
  mittelgradig (im Alltag sich deutlich auswirkend) 50 - 60
  schwer 70 - 100

Anmerkung

Zentrale vegetative Störungen als Ausdruck eines Hirndauerschadens (z.B. Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, der Vasomotorenregulation oder der Schweißregulation)
  leicht 30
  mittelgradig, auch mit vereinzelten synkopalen Anfällen 40
  mit häufigeren Anfällen oder erheblichen Auswirkungen auf den Allgemeinzustand 50

Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen (spino-)zerebellarer Ursache je nach dem Ausmaß der Störung der Ziel- und Feinmotorik einschließlich der Schwierigkeiten beim Gehen und Stehen (siehe hierzu auch bei Hör- und Gleichgewichtsorgan)
30 - 100

Hirnschäden mit kognitiven Leistungsstörungen (z.B. Aphasie, Apraxie, Agnosie)
 
  leicht (z.B. Restaphasie) 30 - 40
  mittelgradig (z.B. Aphasie mit deutlicher bis sehr ausgeprägter Kommunikationsstörung) 50 - 80
  schwer (z.B. globale Aphasie) 90 - 100

Anmerkung
 

Zerebral bedingte Teillähmungen und Lähmungen
 
  leichte Restlähmungen und Tonusstörungen der Gliedmaßen 30
  bei ausgeprägteren Teillähmungen und vollständigen Lähmungen ist der GdS aus Vergleichen mit dem GdS bei Gliedmaßenverlusten, peripheren Lähmungen und anderen Funktionseinbußen der Gliedmaßen abzuleiten.  
  vollständige Lähmung von Arm und Bein (Hemiplegie)  100

Parkinson-Syndrom
 
  ein- oder beidseitig, geringe Störung der Bewegungsabläufe, keine Gleichgewichtsstörung, geringe Verlangsamung 30 - 40
  deutliche Störung der Bewegungsabläufe, Gleichgewichtsstörungen, Unsicherheit beim Umdrehen, stärkere Verlangsamung 50 - 70
  schwere Störung der Bewegungsabläufe bis zur Immobilität 80 - 100

Andere extrapyramidale Syndrome - auch mit Hyperkinesen - sind analog nach Art und Umfang der gestörten Bewegungsabläufe und der Möglichkeit ihrer Unterdrückung zu bewerten; bei lokalisierten Störungen (z.B. Torticollis spasmodicus) sind niedrigere GdS als bei generalisierten (z.B. choreatische Syndrome) in Betracht zu ziehen.

Anmerkung

Epileptische Anfälle
je nach Art, Schwere, Häufigkeit und tageszeitlicher Verteilung
 
  sehr selten (generalisierte [große] und komplex-fokale Anfälle mit Pausen von mehr als einem Jahr; kleine und einfach-fokale Anfälle mit Pausen von Monaten)  40
  selten
(generalisierte [große] und komplex-fokale Anfälle mit Pausen von Monaten; kleine und einfach-fokale Anfälle mit Pausen von Wochen)
50 - 60
  mittlere Häufigkeit
(generalisierte [große] und komplex-fokale Anfälle mit Pausen von Wochen; kleine und einfach-fokale Anfälle mit Pausen von Tagen)
60 - 80
  häufig
(generalisierte [große] oder komplex-fokale Anfälle wöchentlich oder Serien von generalisierten Krampfanfällen, von fokal betonten oder von multifokalen Anfällen; kleine und einfach-fokale Anfälle täglich)
90 - 100
 


nach drei Jahren Anfallsfreiheit bei weiterer Notwendigkeit antikonvulsiver Behandlung

30

Ein Anfallsleiden gilt als abgeklungen, wenn ohne Medikation drei Jahre Anfallsfreiheit besteht. Ohne nachgewiesenen Hirnschaden ist dann kein GdS mehr anzunehmen.

Anmerkung

3.2 Narkolepsie
 

Je nach Häufigkeit, Ausprägung und Kombination der Symptome (Tagesschläfrigkeit, Schlafattacken, Kataplexien, automatisches Verhalten im Rahmen von Ermüdungserscheinungen, Schlaflähmungen - häufig verbunden mit hypnagogen Halluzinationen) ist im Allgemeinen ein GdS von 50 bis 80 anzusetzen.


Anmerkung

3.3 Hirntumoren
 

Der GdS von Hirntumoren ist vor allem von der Art und Dignität und von der Ausdehnung und Lokalisation mit ihren Auswirkungen abhängig.

Nach der Entfernung gutartiger Tumoren (z.B. Meningeom, Neurinom) richtet sich der GdS allein nach dem verbliebenen Schaden.

Bei Tumoren wie Oligodendrogliom, Ependymom, Astrozytom II, ist der GdS, wenn eine vollständige Tumorentfernung nicht gesichert ist, nicht niedriger als 50 anzusetzen.

Bei malignen Tumoren (z.B. Astrozytom III, Glioblastom, Medulloblastom) ist der GdS mit wenigstens 80 zu bewerten.

Das Abwarten einer Heilungsbewährung (von fünf Jahren) kommt in der Regel nur nach der Entfernung eines malignen Kleinhirntumors des Kindesalters (z.B. Medulloblastom) in Betracht. Der GdS beträgt während dieser Zeit (im Frühstadium) bei geringer Leistungsbeeinträchtigung 50.


Anmerkung

 

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