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Nr. 54 AHP 2008 - Infektionskrankheiten im Einzelnen

 

a) Infektionskrankheiten, durch Viren verursacht

1. Erkrankungen des Gehirns und/oder seiner Häute

Übertragungsmodus: Neben den bei verschiedenen Infektionskrankheiten fakultativ vorkommenden Erkrankungen des Gehirns und ggf. seiner Häute, die im Zusammenhang mit diesen Infektionskrankheiten zu beurteilen sind, sind vor allem Erkrankungen von Bedeutung, die durch Arboviren (in Europa insbesondere Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus [FSME]) oder Enteroviren hervorgerufen werden. Sie werden durch Arthropoden (Arboviren) oder durch Schmierinfektion (Enteroviren) übertragen. Der Erreger der gegen Ende des ersten Weltkrieges aufgetretenen Encephalitis lethargica (v. Economo), die schon zwei Jahrzehnte später kaum mehr beobachtet wurde, konnte nicht ermittelt werden.
Inkubationszeit: Unterschiedlich, je nach Erregerart, bei der FSME 6-14 Tage.
Folgen: Zerebrale Störungen und Ausfälle; Parkinsonismus fast nur nach Encephalitis lethargica (siehe dazu auch Nummer 61).

2. Grippe (Influenza)

Übertragungsmodus: Vorwiegend Tröpfcheninfektion.
Inkubationszeit: 1-4 Tage.
Folgen: Chronische Bronchitis, Bronchiektasen, Pleuraschwarte. Hörstörungen, Restzustände nach Enzephalitis, Herz- oder Nierenschäden.

3. HerpesSimplex

 a) Typ 1

Übertragungsmodus: Vorwiegend Tröpfcheninfektion oder Schmierinfektion.
Inkubationszeit: Etwa 4-8 Tage.
Folgen: Trübung der Hornhaut nach Keratokonjunktivitis; Restzustände nach Meningoenzephalitis; chronisch rezidivierende Entzündungen der Haut und Schleimhäute.

 b) Typ 2

Übertragungsmodus: Vorwiegend durch Sexualkontakte
Inkubationszeit: Etwa 4-8 Tage
Folgen: Chronisch rezidivierende Entzündungen der Haut und Schleimhäute. Selten auch Enzephalitisfolgen.

4. Kinderlähmung (Poliomyelitis)

Übertragungsmodus: Hauptsächlich Schmierinfektion. Ausscheidung des Virus mit Rachensekret und Stuhl; orale Aufnahme.
Inkubationszeit: 9-14 (6-21) Tage.
Folgen: Restlähmungen; Restzustände nach enzephalitischer Verlaufsform, Herzmuskelschäden. Nach paralytischen Erkrankungen auch nach Latenzzeiten bis zu Jahrzehnten Entwicklung eines Post-Poliomyelitis-Syndroms (siehe Nummer 63).

5. Masern (Morbilli)

Übertragungsmodus: Ansteckungsquelle ist der Mensch. Tröpfcheninfektion.
Inkubationzeit: 10-11 (8-18) Tage.
Folgen: Chronische Mittelohrentzündung; Rippenfellschwarten oder Bronchiektasen nach Empyem oder Lungenentzündung; Restzustände nach Beteiligung des ZNS; Augenschäden; Begünstigung einer Ansteckung mit Tuberkulose (heute selten) oder Aktivierung eines ruhenden Prozesses. Nach Latenzzeiten von mehreren Jahren Entwicklung einer subakuten sklerosierenden Panenzephalopathie.

6. Mononukleose, infektiöse; Epstein-Barr-Virus-Infektion (Pfeiffer-Drüsenfieber)

Übertragungsmodus: Tröpfcheninfektion.
Inkubationszeit: Unsicher (1-7 Wochen ?)
Folgen: Ganz selten Folgen von im akuten Stadium aufgetretenen Krankheiten, wie Milzruptur, Perikarditis, Thrombose, Meningoenzephalitis, Neuritis, Guillain-Barre-Syndrom.

7. Mumps (Parotitis epidemica)

Übertragungsmodus: Tröpfcheninfektion.
Inkubationszeit: 14-21 (11-35) Tage.
Folgen: Hodenatrophie, Sterilität nach Orchitis; Restzustände nach Beteiligung des ZNS; Hörstörungen; sehr selten Herzmuskelschaden.

Der ursächliche Zusammenhang zwischen Mumps (auch Schutzimpfung, siehe Nummer 57.14) und Diabetes mellitus Typ I ist ungeklärt (siehe Nummer 120).

8. Pappatacifieber ("Dreitagefieber")

Übertragungsmodus: Überträger ist ausschließlich die Stechmücke Phlebotomus pappatasi, die in Südeuropa, Afrika, Asien vorkommt.
Inkubationszeit: 3-6 Tage.
Folgen: keine.

9. Pocken (Variola)

Übertragungsmodus: Tröpfchen- oder Schmierinfektion.
Inkubationszeit: 10-15 (5-21) Tage.
Folgen: Pockennarben auf der Kornea; Herzmuskelschäden, Innenohrschäden, Enzephalomyelitisfolgen, Folgen von Sekundärinfektionen.

10. Röteln (rubeola)

Übertragungsmodus: Meist durch Tröpfcheninfektion; diaplazentare Infektion.
Inkubationszeit: 14-21 (11-23) Tage.
Folgen: Selten Restzustände nach Beteiligung des ZNS oder der Nieren; chronische Arthritis; Fruchtschädigung.

11. Tollwut (Lyssa)

Übertragungsmodus: Kontakt mit Speichel infizierter Tiere, vorwiegend durch Bissverletzungen.
Inkubationszeit: Sehr unterschiedlich, überwiegend 1-3 Monate, aber auch Beobachtungen von 5 Tagen und über 1 Jahr.
Die zum Ausbruch gekommene Erkrankung verläuft tödlich.

12. Virushepatitis

Sie kommt in wenigstens fünf - zwar serologisch aber klinisch nicht zu unterscheidenden, prognostisch unterschiedlichen - Formen vor. Die Hepatitis kann ikterisch oder anikterisch verlaufen.

 a) Hepatitis A (früher Hepatitis epidemica)

Übertragungsmodus: Meist Schmierinfektion, auch über Lebensmittel und Wasser, sehr selten durch Blut oder Blutprodukte.
Inkubationszeit: 15-50 (im Mittel 30) Tage
Folgen: Sehr selten fulminante Verläufe mit Leberversagen, sehr selten aplastische Anämien, vorwiegend bei Kindern. Keine chronischen Verläufe.

 b) Hepatitis B

Übertragungsmodus: Vorwiegend durch Blut oder Blutprodukte und Sexualkontakte, indirekt durch kontaminierte Instrumente. Übertragung vor und während der Geburt. Auch durch Schmierinfektion.
Inkubationszeit: 30-160 (im Mittel 70) Tage
Folgen: Chronische Hepatitis, Leberzirrhose, Leberzellkarzinom, selten fulminante Verläufe mit Leberversagen, sehr selten aplastische Anämien (vorwiegend bei Kindern), HBVTräger.

 c) Hepatitis C

Übertragungsmodus: Wie bei Hepatitis B.
Inkubationszeit: 15-180 (im Mittel 50) Tage.
Folgen: Wie bei Hepatitis B, aber weit häufiger chronische Verläufe.

Anmerkung

 d) Hepatitis D

Übertragungsmodus: Wie bei Hepatitis B.
Sie tritt selten und nur gemeinsam mit der Hepatitis-B-Infektion auf.
Inkubationszeit: Wie bei Hepatitis B.
Folgen: Wie bei Hepatitis B, aber häufiger schwere Verläufe und Zirrhose.

 e) Hepatitis E

Übertragungsmodus: Meist Schmierinfektion, auch über Lebensmittel und Wasser.
Inkubationszeit: 10-60 (im Mittel 40) Tage.
Folgen: Wie bei Hepatitis A, bei Schwangeren häufiger fulminante Verläufe.

13. Windpocken (varicellae)

Übertragungsmodus: Aerogen, auch von an Zoster erkrankten Personen, da der Erreger der gleiche ist.
Inkubationszeit: 13-21 (11-28) Tage.
Folgen: Sehr selten Restzustände nach Meningoenzephalitis oder nach Nephritiden.

14. Zoster (Gürtelrose)

Aktivierung einer latenten Infektion mit Varizellen-Zoster-Virus.
Folgen: Neuralgien; Restzustände nach Meningoenzephalitis; Hörstörungen; Hornhautnarben nach Zoster ophthalmicus; Sekundärglaukom; Augenmuskellähmungen. 

15. HIV-Infektion (human immunodeficiency virus)

Übertragungsmodus: Blut und Blutprodukte, Sexualkontakte, Muttermilch, kontaminierte Injektionsbestecke, vor oder während der Geburt.
Inkubationszeit: Bis zum Auftreten der akuten mononukleoseartigen Primärsymptome 3-6 Wochen. In den meisten Fällen ist das akute Stadium jedoch nicht nachweisbar. Es folgt ein subklinisches Stadium, das viele Jahre dauern kann, und das in das klinische Stadium (Lymphadenopathiesyndrom [LAS], AIDS-related-complex [ARC], AIDS) übergeht.

Das klinische Vollbild von AIDS ist u.a. durch zahlreiche zusätzliche Erkrankungen (opportunistische Infektionen, maligne Erkrankungen, Beteiligung des ZNS) außerordentlich vielgestaltig.

Anmerkung

16. Hanta-Virus-Infektion

Übertragungsmodus: Ausscheidungen von Nagetieren.
Inkubationszeit: 1-5 Wochen?.
Folgen: Nierenschäden. (Nach Infektionen mit verschiedenen Virustypen weltweit mehrere Varianten mit unterschiedlichen Krankheitsbildern).

17. Zytomegalie-Virus-Infektion

Übertragungsmodus: Blut und Blutprodukte, Sexualkontakte, Urin, Tröpfcheninfektion, perinatal.
Inkubationszeit: 14-42 Tage.
Folgen: Fruchtschädigung, persistierende Infektionen.

18. Dengue-Fieber

Übertragungsmodus: Mücken
Inkubationszeit: 2-7 Tage nach Mückenstich
Folgen: Restzustände nach Enzephalitis und nach hämorrhagischem Schocksyndrom, Nierenschäden.

19. Gelbfieber

Übertragungsmodus: Mücken
Inkubationszeit: 3-6 Tage nach Mückenstich.
Keine Spätfolgen, hohe Letalität.