Ausgabe    4/2015 

Juli vom 05.07.2015 

Druckversion der Zeitung (pdf-Format ohne weiterführende Links).

     Rechtsprechung

Schwerbehindertenrecht

Soziales Entschädigungsrecht

Vertragsarztrecht

Verfahrensrecht

Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer

Krankenversicherung

Unfallversicherung

Rentenversicherung

Sachverständigenvergütung

Anwaltshonorar

Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

     Service

Herausgeber und verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes Dorothea Strake
Schulstr. 90, 41372 Niederkrüchten

 erscheint alle 2 Monate


Liebe Leser,

hier die Sommerausgabe von "Sozialrecht Online".

Viel Spaß beim Lesen wünscht

Ihr Team des Sozialmedizinischen Verlags.


Rechtsprechung

Schwerbehindertenrecht

GdB bei Diabetes

Bundessozialgericht - B 9 SB 2/13 R - Urteil vom 16.12.2014

Die einen GdB von 50 erfüllende Person muss durch Auswirkungen des Diabetes mellitus auch insgesamt gesehen erheblich in ihrer Lebensführung beeinträchtigt sein. Das BSG hat bereits in mehreren Entscheidungen ausführlich dargelegt und begründet, dass und warum es sich hierbei trotz des insoweit missverständlichen Wortlauts des letzten Teilsatzes von Teil B Nr. 15.1 Abs. 4 AnlVersMedV um eine zusätzlich zu erfüllende Anforderung handelt. Das kommt bereits durch die Verwendung des Wortes "und" deutlich zum Ausdruck. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber, der ausdrücklich an die vorausgegangene BSG-Rechtsprechung angeknüpft hat, davon ausgegangen ist, dass bei einem entsprechenden Therapieaufwand immer eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vorliegt. Zudem ist für die Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus auch die jeweilige Stoffwechsellage bedeutsam. Der darin zum Ausdruck kommende Therapieerfolg kann aber nur im Rahmen der Prüfung des dritten Merkmals (gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung) berücksichtigt werden.

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Höhe des GdB bei psychischen Störungen

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 7 SB 11/10 - Urteil vom 03.12.2014

Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (B 3.9) werden leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Für stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ist ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen. Psychische Anpassungsschwierigkeiten, die einen Behinderungsgrad von 30 bis 40 rechtfertigen, sind nach dem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirates durch Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße gekennzeichnet. Dieses Kriterium ist zur differenzierenden Einschätzung von Anpassungsschwierigkeiten analog auch dann heranzuziehen, wenn die Symptomatik der psychischen Störungen ganz unterschiedlich ist. Mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten setzen neben den Auswirkungen im Berufsleben erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung voraus.

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Voraussetzungen für "G"

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 210/12 - Urteil vom 22.04.2015

Bei der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" erfüllt sind, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nichtbehinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
Allerdings ist es für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht ausreichend, dass diese Wegstrecke nicht in dem genannten Zeitraum bewältigt werden kann. Das Gesetz fordert in § 145 Abs. 1 Satz 1, § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX darüber hinaus, dass Ursache der beeinträchtigten Bewegungsfähigkeit eine Behinderung des schwerbehinderten Menschen sein und diese Behinderung dessen Gehvermögen einschränken muss.

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Zur GdB-Bewertung der Thrombozytopenie

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 7 SB 68/13 - Urteil vom 18.02.2015

Die Bemessung des GdB für eine Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen) erfolgt nach den Vorgaben des Teils B 16.10 VMG  (Sonstiges Blutungsleiden). Bei den danach zugrunde zulegenden Auswirkungen sind nur solche Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, die tatsächlich aufgetreten sind, nicht aber auch solche, die lediglich drohen. Die Möglichkeit, dass es wegen zu niedriger Thrombozytenwerte zu starken Blutungen kommt, beeinflusst somit die Höhe des GdB nicht.

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Verletzung des Bestimmheitsgebots führt zur Aufhebung des Herabsetzungsungsbescheides

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 203/14 - Urteil vom 16.04.2015

Ein Bescheid, mit dem der GdB herabgesetzt wird, muss den Adressaten, den Zeitraum der Aufhebung und den konkreten Umfang der Aufhebung erkennen lassen. Diesen Anforderungen wird ein Bescheid nicht gerecht, wenn er nicht den Zeitpunkt nennt, von dem an die Aufhebung wirksam sein soll.

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Kein G wegen affektiver Psychose

Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 3 SB 5383/12 - Urteil vom 08.05.2013

Eine bipolare affektive Psychose, die in akuten schweren depressiven Phasen, damit aber nur zeitweilig und nicht dauernd, zu einer ausgeprägten Antriebslosigkeit führen bzw. durch ausgeprägte Phobien die Bewegungsfähigkeit einschränken kann, rechtfertigt nicht das Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Voraussetzung für das Merkzeichen bei geistigen Behinderungen ist, dass der GdB dafür 100 und in besonders gelagerten Fällen 80 oder 90 beträgt.

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Kein G wegen psychischer Erkrankung

Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 6 SB 3121/14 - Urteil vom 21.04.2015

Das Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) setzt eine Einschränkung des Gehvermögens voraus, die auf orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen, aber auch auf inneren Leiden oder auf Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit beruhen kann. Psychische Erkrankungen, die mit Verstimmungen, Antriebsminderung oder Angstzuständen einhergehen, rechtfertigen demgegenüber die Feststellung des Merkzeichens nicht.

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Soziales Entschädigungsrecht 

Gewalt gegen Kinder

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 7 VE 10/13 - Urteil vom 03.12.2014

Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann ein tätlicher Angriff i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG sein. Anders als bei rein seelischen Misshandlungen liegen bei sexuellem Missbrauch Tätlichkeiten vor, die gegen den Körper des Kindes gerichtet sind. Soweit Kinder Opfer körperlicher Gewalt ihrer Eltern werden, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet, liegt regelmäßig eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB und damit auch ein tätlicher Angriff nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG vor. Nach § 1631 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Daraus folgt jedoch nicht, dass jede Vernachlässigung von Kindern und jede missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, die das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, als Gewalttat angesehen werden kann.

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Vertragsarztrecht

Zur Verordnungsfähigkeit von Vertigoheel®

Bundessozialgericht - B 6 KA 34/13 R - Urteil vom 22.10.2014

Nicht verschreibungspflichtige homöopathische Arzneimittel (hier die nach dem Arzneimittelgesetz zur Behandlung von "verschiedenen Schwindelzuständen" zugelassenen Komplexarzneimittel Vertigoheel® Tablette, Vertigoheel® flüssige Verdünnung zur Injektion und Vertigoheel® Mischungen) sind nicht in die Liste der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähigen Arzneimittel in der Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses aufzunehmen.

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Zur Verordnungsfähigkeit von Zeel® comp.

Bundessozialgericht - B 6 KA 35/13 R - Urteil vom 22.10.2014  

Nicht verschreibungspflichtige homöopathische Arzneimittel (hier die nach dem Arzneimittelgesetz zur Behandlung von rheumatischen Gelenkbeschwerden zugelassenen Komplexarzneimittel Zeel® com. N Tablette und Zeel® comp. N flüssige Verdünnung zur Injektion) sind nicht in die Liste der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähigen Arzneimittel in der Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses aufzunehmen.

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Beratung vor Regress ab 25.10.2012 - Zur Darlegung von Praxisbesonderheiten

Bundessozialgericht - B 6 KA 8/14 R - Urteil vom 22.10.2014

1. Der Vorrang der individuellen Beratung vor einer Regressfestsetzung, mithin "Beratung vor Regress", gilt nur für Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse, die nach dem 25.10.2012 ergangen sind.

2. Praxisbesonderheiten, die ein Verordnungsverhalten rechtfertigen können, sind in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung grundsätzlich vom Vertragsarzt darzulegen und nachzuweisen, Das gilt aber nicht, wenn bereits für vorangehende Prüfungszeiträume das Vorliegen von Praxisbesonderheiten anerkannt war. Hier obliegen nun den Prüfgremien konkrete Ausführungen dazu, aus welchen Gründen das Prüfgremium nunmehr das Vorliegen solcher Praxisbesonderheiten verneint. Im Übrigen kann u.U. schon mit der Angabe von Abrechnungshäufigkeiten dem Grunde nach ein Praxisschwerpunkt belegt werden.

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Nr. 01770 EBM 2005 auch bei Arztwechsel nur einmal im Quartal abrechenbar

Bundessozialgericht - B 6 KA 10/14 R - Urteil vom 11.02.2015

Die Nr. 01770 EBM-Ä (Betreuung einer Schwangeren gemäß den Richtlinien des G-BA) kann nur von einem Vertragsarzt je Quartal und schwangerer Versicherter abgerechnet werden. Das gilt auch dann, wenn die Versicherte einen anderen Vertragsarzt in Anspruch nimmt und dieser zweitbehandelnde Arzt nicht weiß, dass die Schwangere schon bei einem anderen Vertragsarzt in Behandlung ist.

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Zwei hälftige Vertragsarztzulassungen sind möglich

Bundessozialgericht - B 6 KA 11/14 R - Urteil vom 11.02.2015

Aufgrund des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes dürfen einem Vertrags(zahn)arzt zwei Zulassungen mit jeweils hälftigem Versorgungsauftrag für zwei Vertragsarztsitze erteilt werden. Unerheblich ist, ob diese Vertragsarztsitze im Bezirk derselben oder zwei verschiedener Kassen(zahn)ärztlicher Vereinigungen liegen.

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Verfahrensrecht

Kosten der Unterkunft im einstweiligen Rechtsschutzverfahren

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 12 AS 573/15 B ER u. L 12 AS 574/15 B - Beschluss vom 13.05.2015

Selbst bei Erhebung und Zustellung einer Räumungsklage verbleiben im Regelfall noch zwei Monate Zeit, den Verlust der Wohnung abzuwenden. Denn nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Diese Heilungswirkung von § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB erfasst auch solche ordentlichen Kündigungen nach § 573 BGB, welche auf eben jenen Sachverhalt gestützt werden, der die nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB geheilte fristlose Kündigung begründete. Im Übrigen enthält bei Vorliegen einer Räumungsklage die Vorschrift des § 22 Abs. 9 SGB II Regelungen zur Sicherung der Unterkunft. Der Senat hält an diesem Obersatz auch angesichts der in diesem Punkt geänderten Rechtsprechung des 6. Senats des LSG NRW fest, wobei darauf hingewiesen wird, dass in eng begrenzten Ausnahmefällen auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ein Abwarten der Räumungsklage als nicht zumutbar angesehen wird. Dies mag zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Leistungsempfänger die Heilungsmöglichkeit nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB bereits einmal genutzt hat und die weitere fristlose Kündigung unmittelbar droht, die Wohnung auch im Übrigen schützenswert erscheint und eine nachträgliche Zahlung ein geeignetes Mittel darstellt, den Wohnungsverlust abzuwenden.

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Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei hohen Postlaufzeiten

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 2346/13 - Urteil vom 19.03.2015

Der Absender einer ordnungsgemäß adressierten und ausreichend frankierten Postsendung darf darauf vertrauen, dass die Post die normalen Postlaufzeiten einhält. Postunternehmen müssen nach § 2 Nr. 3 S. 1 Post-Universaldienstleistungsverordnung sicherstellen, dass sie an Werktagen aufgegebene Inlandssendungen im ganzen Bundesgebiet im Jahresdurchschnitt mindestens zu 80 % am ersten Tag nach Einlieferung ausliefern. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss der Betroffene nicht mit einer längeren Laufzeit rechnen.

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Örtliche Unzuständigkeit und Verbescheidung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 20 AY 2/15 - Urteil vom 27.04.2015

Auch wenn ein von einem Antragsteller angegangener Leistungsträger meint, für eine bestimmte Leistung nicht zuständig zu sein, muss es dem Antragsteller möglich sein, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Dass der Leistungsträger in einem solchen Fall schlicht nichts zu tun braucht und der Versicherte ggf. gezwungen ist, nach sechs Monaten Untätigkeitsklage zu erheben, entspricht nicht dem Rechtsschutzsystem, welches das SGG zur Verfügung stellt. Das gilt umso mehr, wenn der Leistungsträger - wie hier die Beklagte für die Durchführung des AsylbLG nach § 10 AsylbLG - für eine Leistung oder Feststellung der begehrten Art grundsätzlich (sachlich) zuständig ist.

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Gutachterkosten nach § 109 SGG

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 4 U 352/14 - Beschluss vom 27.05.2015

Von "wesentlichen Gesichtspunkten" im Sinne des § 109 SGG, die zu einer Übernahme der Gutachterkosten auf die Staatskasse führen, kann unter Anlegung eines objektiven Maßstabes nur dann ausgegangen werden, wenn zusätzliche neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einer Entscheidung geführt haben, die auf der Grundlage des bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisses nicht möglich gewesen wäre.

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Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung

Bundessozialgericht - B 12 AL 4/13 R - Urteil vom 31.03.2015

Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV ist der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist nicht von dem Entstehen des Erstattungsanspruchs abhängig. Der Gesetzeswortlaut stellt vielmehr für den Beginn der Verjährungsfrist unzweideutig (nur) auf den "Ablauf des Kalenderjahrs" ab, "in dem die Beiträge entrichtet worden sind". Zwar verjährt nach dem Wortlaut der Norm "der Erstattungsanspruch". Dieser muss also überhaupt existieren, d.h. entstanden sein. Der Gesetzeswortlaut schließt aber gleichwohl nicht aus, dass die Verjährungsfrist bereits vor Entstehen des Erstattungsanspruchs zu laufen beginnt bzw. im Zeitpunkt des Entstehens dieses Anspruchs bereits abgelaufen ist. Diese Sichtweise steht im Einklang mit der Entstehungsgeschichte der Norm.

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Fehlerhafter Aufruf der mündlichen Verhandlung verletzt Anspruch auf rechtliches Gehör

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 4 SB 157/14 - Urteil vom 15.04.2015

Der Anspruch auf rechtliches Gehörs erfordert u.a., dass der zur mündlichen Verhandlung anstehende Rechtsstreit vom Gericht aufgerufen wird. Verlässt sich das Gericht dabei auf technische Hilfsmitteln (z.B. Lautsprecheranlage oder elektronische Sitzungssaalanzeige), so hat es geeignete Kontrollmaßnahmen zu treffen, dass ein technischer Defekt oder ein Bedienungsfehler ausgeschlossen ist. Der Aufruf der Sache durch den Richter im Verhandlungsraum genügt dem Recht auf rechtliches Gehör nicht.

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Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer

Auslegung der §§ 198 ff GVG

Bundessozialgericht - B 10 ÜG 1/13 R - Urteil vom 12.02.2015

Zwar bildet Haftungsgrund für den gesetzlich begründeten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer die Verletzung des in Artikel 19 Abs. 4 und Artikel 20 Abs. 3 GG sowie Artikel 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention verankerten Rechts der Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit. Der unbestimmte Rechtsbegriff "unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens" ist daher insbesondere unter Rückgriff auf diejenigen Grundsätze auszulegen, die der EGMR (Europäische Gerichtshof für Menschenrechte) zu Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) und das BVerfG zum Recht auf effektiven Rechtsschutz (Artikel 19 Abs. 4 GG) sowie zum Justizgewährleistungsanspruch (Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 20 Abs. 3 GG) entwickelt haben. Trotz dieses Haftungsgrunds und der Entstehungsgeschichte des ÜGG kann die Auslegung der mit Wirkung zum 3.12.2011 neu geschaffenen Regelungen der §§ 198 ff GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) aber zu Ergebnissen führen, die von der Rechtsprechung des EGMR zu Artikel 6 EMRK und der Rechtsprechung des BVerfG zu Artikel 19 Abs. 4 GG abweichen. Das BSG hat bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei den durch das ÜGG (Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren) eingeführten Entschädigungsregelungen der §§ 198 ff GVG um einen autonomen Teil des Bundesrechts handelt, der unabhängig neben den menschen- und grundrechtlichen Garantien steht. Die einfachgesetzlichen Vorschriften sind daher zunächst nach den allgemeinen Regeln der juristischen Methodenlehre auszulegen. Kommt es dadurch zu einer Erweiterung des Schutzes gegen Verfahrensverzögerungen durch das nunmehr vorhandene einfache Gesetzesrecht, ist dies von vornherein unproblematisch.

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Krankengeld nur bei rechtzeitiger Arbeitsunfähigkeitsfeststellung

Bundessozialgericht - B 1 KR 35/14 R - Urteil vom 16.12.2014

Zur Aufrechterhaltung eines Krankengeldanspruchs über das Ende eines Beschäftigungsverhältnisses hinaus muss die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des jeweiligen Krankengeld-Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt werden. Ausnahmsweise kann der Versicherte eine Arbeitsunfähigkeit rückwirkend ärztlich feststellen lassen, wenn z.B. seine Krankenkasse ihn von der rechtzeitigen Feststellung durch unzutreffende Beratung abgehalten hat oder bei ihm Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit bestand. Das Risiko der objektiven Nichterweislichkeit dieser Umstände trägt der Versicherte.

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Eigenanteil des Versicherten auch bei leihweiser Überlassung eines Therapiedreirads

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 503/14 NZB - Beschluss vom 25.02.2015

Versicherte, denen wegen ihrer Behinderung ein Therapiedreirad gewährt wird, haben einen Eigenanteil zu leisten, denn das Therapiedreirad ersetzt ein von Gesunden als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens benutztes handelsübliches Zweirad. Auch wenn das Rad von der Krankenkasse "nur" leihweise überlassen wird, verbleibt es bei dem Eigenanteil, da der Versicherte auch hier Aufwendungen für die Anschaffung oder Anmietung eines Fahrrades erspart, die ein Gesunder selbst zu tragen hätte. Der Eigenanteil nicht das Äquivalent für die Verschaffung des Eigentums, es geht vielmehr um die Anrechnung des Gebrauchsvorteils.

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Anspruch auf Versorgung mit einem WC-Aufsatz in Senioreneinrichtung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 791/14 B - Beschluss vom 23.04.2015

Ein WC-Aufsatz ist kein "Bestandteil des Seniorenstifts", in dem der Versicherte lebt. Ob es sich bei dem Aufsatz um ein von der Vorhaltepflicht des Heimes erfasstes Hilfsmittel handelt, hängt davon ab, ob noch eine Krankenbehandlung und ein Behinderungsausgleich im Sinne medizinischer Rehabilitation stattfindet oder aber ganz überwiegend die Pflege im Vordergrund steht, weil eine Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nicht mehr möglich ist.

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Kein Anspruch des GKV-Versicherten auf eine Behandlung mit Rituximab als Monotherapie bei chronischer Polyarthritis sowie Autoimmunhepatitis

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 50/15 B ER - Beschluss vom 04.05.2015 

Rituximab (Handelsname in Europa: MabThera ®) ist zur Behandlung von Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis und früherem Therapieversagen bzw. Unverträglichkeit von Tumornekrosefaktor-Inhibitoren allein in Kombination mit Methotrexat zugelassen. Eine Behandlung mit Rituximab als Monotherapie ist damit im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für einen Off-Label-Use und auch die des § 2 Abs. 1a SGB V sind nicht erfüllt.

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Arbeitsunfall bei Sport in Bildungseinrichtung?

Landessozialgericht Hamburg - L 3 U 31/12 - Urteil vom 17.02.2015

Da der Gesetzgeber Lernende nur während der beruflichen Aus- und Fortbildung in den im Gesetz genannten Einrichtungen schützt, umfasst der Versicherungsschutz nach allgemeiner Auffassung nur solche Tätigkeiten, die im organisatorischen Verantwortungsbereich der Bildungseinrichtung liegen.

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Arbeitgebereigenschaft

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 8 R 1137/13 - Urteil vom 03.12.2014

Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige, zu dem ein anderer - der Beschäftigte - in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen (in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung) sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Arbeitgeber insbesondere im Sinne der §§ 28e Abs. 1 Satz 1, 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ist mithin derjenige, dem der Anspruch auf die von dem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist.

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Festsetzung der Vergütung

Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 12 SF 1072/14 E - Beschluss vom 28.05.2015

Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich aufgewandte Zeit richtig sind und dass die vom Sachverständigen zur Vergütung verlangten Stunden für die Erstellung des Gutachtens auch notwendig waren. Dementsprechend findet regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt. Zusammenfassend gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so, dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung das Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2.700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Fall der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Fall eines Routinegutachtens zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und ggf. vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann.

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Anwaltshonorar

Dauer des Termins

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SF 259/14 E - Kostenbeschluss vom 01.04.2015

Bei der Bewertung der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV i.V.m. § 14 RVG ist die Dauer des Termins das wesentliche Kriterium, denn damit wird der Aufwand des Rechtsanwalts in zeitlicher Hinsicht unmittelbar erfasst, den er für seine Anwesenheit bei dem Termin hat. Daneben sind jedoch alle anderen Kriterien des § 14 RVG ebenfalls als maßgeblich zu berücksichtigen; die Ansicht, die Dauer des Termins sei allein wesentliches Bemessungskriterium dieser Gebühr widerspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes.

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Gebühren für verbundene Verfahren

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 20 SO 466/14 B - Beschluss vom 20.05.2015

Bei der Festsetzung der Rahmengebühren für verbundene Verfahren ist zunächst die Gebühr für eines der ursprünglich eigenständigen Verfahren wie bei einem Einzelverfahren festzusetzen. Anschließend ist bei der Festsetzung für das weitere (oder die weiteren) Verfahren neben den sonstigen Bemessungskriterien insbesondere auch zu berücksichtigen, ob und ggf. in welchem Umfang sich im konkreten Einzelfall Synergieeffekte aufgrund (auch teilweiser) inhaltlicher Parallelen der (jetzt verbundenen) Verfahren, nicht zuletzt gerade auch wegen der Verbindung der Verfahren, eingestellt haben. Dies gilt etwa dann, wenn nach Verbindung Verfahrenshandlungen erfolgt sind oder Bemühungen erforderlich waren, die allen (oder mehreren) Verfahrensteilen bzw. keinem Verfahrensteil besonders zugeordnet werden können. Es kann aber auch in Betracht kommen, wenn schon vor der Verbindung inhaltliche Parallelen die Bearbeitung des jeweiligen Einzelverfahrens erleichtert haben. Im Einzelfall kann schließlich von Bedeutung sein, dass ursprünglich mehrere Verfahren trotz weitgehender inhaltlicher Übereinstimmung in missbräuchlicher Weise getrennt voneinander angestrengt wurden.

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Höhere Gebühren nur bei gerichtlichem Vergleich

Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SF 115/14 E - Kostenbeschluss vom 22.05.2015

Nach der Begründung des Entwurfs zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz sollte durch die Ergänzung der Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG eine Angleichung an Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG erfolgen. Nach der ganz herrschenden Rechtsprechung zu dieser Vorschrift ist ein schriftlicher Vergleich aber nur ein solcher, der nach den entsprechenden Vorschriften der ZPO und der VwGO unter konstitutiver Mitwirkung des Gerichts geschlossen wird. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber diese herrschende Praxis bekannt war und er diese in die Neufassung von Nr. 3106 Satz 1 Nr. 1 2. Alternative VV RVG übernehmen wollte.

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Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Einkommen/ Vermögen bei Lebensversicherungen

Sächsisches Landessozialgericht - L 8 AS 1229/12 - Urteil vom 18.02.2015

Gemessen an der Unterscheidung von Einkommen und Vermögen handelt es sich bei Sparguthaben um Vermögen - und zwar auch dann, wenn es ausgezahlt wird. Dagegen sind Zinsgutschriften aus Sparguthaben Einkommen, wenn sie dem Hilfebedürftigen nach Antragstellung zugeflossen sind - und zwar auch dann, wenn es sich bei dem verzinsten Kapital um Schonvermögen handelt. Diese Differenzierung lässt sich indessen auf Kapitallebensversicherungen nicht ohne Weiteres übertragen. Im SGB II stellte bei Kapitallebensversicherungen nur der Substanzwert (eingezahlte Beiträge) Vermögen dar, nicht aber deren (jeweiliger) Verkehrswert.

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Mehrbedarf wegen Alleinerziehung

Bundessozialgericht - B 4 AS 26/14 R - Urteil vom 11.02.2015

Mit dem pauschalierten Mehrbedarf für Alleinerziehende sollen - in gleicher Weise wie bei weiteren von § 21 SGB II erfassten Bedarfslagen (bei werdenden Müttern, erwerbsfähigen behinderten Leistungsberechtigten) - typisierend besondere Bedarfe für eine bestimmte Gruppe von Leistungsberechtigten abgedeckt werden. Dabei verknüpft der Gesetzgeber den Anspruch auf einen Mehrbedarf für Alleinerziehende bereits nach dem Wortlaut der Norm mit einer besonderen Familienkonstellation ("allein für deren Pflege und Erziehung sorgen") und verbindet damit zugleich regelhaft die Annahme, dass das Schwergewicht der Betreuung und Erziehung nur bei einem Elternteil liegt. Bereits hieraus folgt, dass diese Mehrbedarfsleistung nicht zwischen einem "Hauptverantwortlichen" für die Pflege und Erziehung und dem anderen Elternteil mit einem geringeren Anteil an Pflege- und Erziehungsleistungen aufzuteilen ist. Eine gleichgewichtige Verteilung der Pflege und Erziehung, die ggf. eine Zuerkennung des hälftigen Mehrbedarfs rechtfertigen kann, ist nur bei einem sogenannten "Wechselmodell" anzunehmen. Ein solches liegt vor, wenn die Hauptverantwortung und das deutliche Schwergewicht der Betreuungsleistung nicht mehr bei einem Elternteil liegt, sondern die Eltern sich in der Betreuung des Kindes abwechseln, sodass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgabe wahrnimmt. Dabei kommt der zeitlichen Komponente in etwa gleich langer zeitlicher Betreuungsphasen eine wesentliche Indizwirkung zu.

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Kein Freibetrag bei Einkommensteuererstattung

Bundessozialgericht - B 4 AS 29/14 R - Urteil vom 11.02.2015

Nach der Begründung zum Freibetragsneuregelungsgesetz sollte es Ziel der Freibetragsregelungen sein, Hilfebedürftigen stärkere Anreize als bislang zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bieten, damit diese mittelfristig aus eigenen Kräften und möglichst ohne Unterstützung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Diese Zielsetzung geht bei einer einmaligen Einnahme in der Gestalt der Einkommenssteuererstattung jedoch ins Leere. Die Erwerbstätigenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II bewirkt, dass die ansonsten nur auf Nachweis absetzbaren Aufwendungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II (Versicherungsbeiträge, geförderte Altersvorsorgebeiträge und mit der Erzielung des Einkommens verbundenen Aufwendungen) ohne Nachweis pauschal abgegolten werden. In dieser pauschalen Freistellung von Erwerbseinkommen liegt die beschriebene Anreizfunktion.

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Leistungsausschluss bei Ausbildung

Bundessozialgericht - B 14 AS 25/14 R - Urteil vom 17.02.2015

Die leistungsausschließende Vorschrift des § 7 Abs. 5 SGB II erfasst alle Ausbildungen, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder nach den §§ 51, 57 und 58 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig sind. Weder kommt es danach auf die konkrete Person des Auszubildenden an, noch darauf, ob und ggf. welche Förderungsleistungen diese erhält. Anknüpfungspunkt für den Leistungsausschluss ist nach seinem Wortlaut allein die konkrete Ausbildung und deren abstrakte Förderungsfähigkeit. Vom Leistungsausschluss erfasst sind deshalb auch behinderte Menschen, die eine im Rahmen der §§ 51, 57 und 58 SGB III abstrakt förderungsfähige Ausbildung absolvieren, ohne dass es darauf ankommt, ob und welche, ggf. besonderen Leistungen sie für diese Ausbildung erhalten.

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Job-Center können externe Leistungsträger frei wählen

Sächsisches Landessozialgericht - L 3 AS 1333/13 - Urteil vom 12.02.2015

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II sollen die zuständigen Träger der Leistungen nach dem SGB II zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit eigene Einrichtungen und Dienste nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter vorhanden sind, ausgebaut oder in Kürze geschaffen werden können. Damit hat der Gesetzgeber der Leistungsträgern ein weit reichendes Zurückhaltungsgebot auferlegt. Ergänzend zu § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist § 17 Abs. 1 Nr. 2 SGB I zu beachten, wonach die Leistungsträger verpflichtet sind, darauf hinzuwirken, dass die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, schreibt der Gesetzgeber für das SGB II nicht vor. Damit steht es dem Leistungsträger frei, ob er die Beschaffung von Leistungen auf der Basis eines (mit Wettbewerbs- und Vergaberecht verbundenen) zweiseitigen Vertragsverhältnis (d.h. zwischen ihm und dem Leistungserbringer) oder auf der Basis eines sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses (d.h. 1. zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungserbringer, 2. dem Leistungsträger und dem Leistungsempfänger sowie 3. dem Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger) organisieren will. Dies hat zur Folge, dass ein Leistungserbringer gegenüber einem Leistungsträger keinen subjektiv-öffentlichen Anspruch auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit dem Inhalt, mit der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit beauftragt zu werden, hat.

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Verrechnung von Nachzahlungen

Sozialgericht Augsburg - S 8 AS 121/15 - Urteil vom 22.05.2015

Zugeflossenen Nachzahlungen an Elterngeld oder z. B. Unterhaltsvorschuss sind jeweils als laufende Einnahme anzusehen, die aber insofern in größeren als monatlichen Abständen zufließen. Demgemäß sind sie nach § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 SGB II auf sechs Monate aufzuteilen und in diesen Monaten als Einkommen anzurechnen.

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Bedarf einer getrennt lebenden Bedarfsgemeinschaft

Bundessozialgericht - B 4 AS 27/14 R - Urteil vom 11.02.2015

Nach den Grundsätzen des BSG ist eine Regelleistung von 90 v.H. nur dann gerechtfertigt, wenn beide Partner in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend "aus einem Topf" wirtschaften mit der Folge, dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liegt. Wenn dagegen nicht mehr "aus einem Topf" gewirtschaftet werden kann, kann zwar weiterhin eine Bedarfsgemeinschaft - auch grenzüberschreitend - bestehen, die genannten Einsparmöglichkeiten durch das gemeinsame Wirtschaften entfallen jedoch. Die Bedarfslage entspricht dann der eines Alleinstehenden.

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Keine pauschale Anrechnung von Leistungen des Arbeitgebers für Verpflegung

Sozialgericht Berlin - S 175 AS 15482/14 - Urteil vom 23.03.2015

Nach dem Leistungssystem des SGB II ist eine individuelle Bedarfsermittlung bzw. abweichende Bestimmung der Höhe der Regelleistung gesetzlich nicht vorgesehen. Dies gilt sowohl zu Gunsten wie auch zu Lasten des Grundsicherungsempfängers. Bei der Gewährung von Essen handelt es sich um einen Grundbedarf, der von der Regelleistung des § 20 Abs. 1 SGB II gedeckt werden soll. Nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. § 20 Abs. 2 SGB II geht nach dem Regelungskonzept des SGB II davon aus, dass die in § 20 Abs. 1 SGB II genannten Bedarfe mittels der Regelleistung in Höhe von 345 Euro abschließend und pauschaliert gedeckt werden können. Den bedarfsdeckenden und pauschalierenden Charakter der Regelleistung nach dem SGB II hat der Gesetzgeber des Fortentwicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 nunmehr nochmals ausdrücklich unterstrichen. In § 3 Abs. 3 Satz 1 SGB II hat er einen auch für die Interpretation des § 20 SGB II bedeutsamen Halbsatz angefügt: "Die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen." § 3 Abs. 3 Satz 2 SGB II lautet nunmehr: "Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen."

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Die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint im September 2015!

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