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Ausgabe 1/2007vom 06.01.2007Druckversion der Zeitung (pdf-Format ohne weiterführende Links). |
Herausgeber und verantwortlich im Sinne des
Pressegesetzes Karen Schillings, Die Zeitschrift erscheint alle 2 Monate Liebe Leser, die Versorgungsverwaltung des Landes NRW soll zum 01.07.2007 nun entgültig aufgelöst werden. Hierzu gibt es jedenfalls eine Kabinettsbeschluss. Die Aufgaben der Versorgungsverwaltung sollen auf die Kommunen (Schwerbehindertenrecht) und Landschaftsverbände (BVG und Nebengesetze) verteilt werden. Bei aller berechtigten Kritik an der Versorgungsverwaltung halten wir dies für keine gute Idee. Die Versorgungsverwaltung hat sich nämlich in den letzten Jahren von einem schwerfälligen Beamtenapparat hin zu einer leistungsfähigen Verwaltung entwickelt. Anträge im Schwerbehindertenrecht werden beispielsweise nun regelmäßig binnen drei Monaten beschieden, was angesichts des Ermittlungsbedarfs ein erstaunlich gutes Ergebnis ist. Ob die ab 01.07.2007 zuständigen Kommunen ähnlich effizient arbeiten erscheint fraglich. Zudem droht, dass das Schwerbehindertengesetz zukünftig von Kommune zu Kommune anders gehandhabt wird. ***** Auf unsere Seite "Rechtsprechung" auf www.anhaltspunkte.de haben wir umfangreiche neue Recherchen eingefügt. Wer sozialgerichtliche Entscheidungen sucht, findet nun von dort Verweise auf alle maßgeblichen Seiten im Internet. Allen Lesern unserer Zeitung wünschen wir ein glückliches und frohes neues Jahr. |
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Wertmarke für Bezieher von Grundsicherungsleistungen LSG NS-B - L 13 SB 53/04 - Urteil vom 07.09.2006 Ein schwerbehinderter, erheblich gehbehinderter Mensch, der selbst zwar nicht hilfebedürftig ist, weil er über ein ausreichendes eigenes Einkommen verfügt, "erhält" Hilfeleistungen i. S. des § 145 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB IX, wenn er mit seinem Ehegatten zusammenlebt, der - nach Zusammenrechnung beider Einkommen - Leistungen der Grundsicherung gemäß §§ 41 ff SGB XII erhält. Er hat deshalb Anspruch auf eine Wertmarke für die kostenlose Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs. <<< nach oben >>> Zum Merkzeichen "B" SG Aachen - S 17 SB 72/05 - Urteil vom 09.10.2006 Bei der Feststellung, ob einem schwerbehinderten Menschen der Nachteilausgleich B (Notwendigkeit ständiger Begleitung) zusteht, kommt es auf die Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit an. Psychische Störungen, die eine Begleitperson erforderlich machen, rechtfertigen den Nachteilsaugleich nicht. <<< nach oben >>> Zum Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit BSG - B 9a V 5/05 R - Urteil vom 06.07.2006 Der Wachdienst in einem Konzentrationslager ist ein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit; denn damit wurde dazu beigetragen, Gefangene ohne Rechtsgrund festzuhalten, Zwangsarbeit verrichten zu lassen und in großer Zahl zu töten. Die Versagung / Entziehung von Leistungen der Kriegsopferversorgung wegen dieses Wachdienstes hängt davon ab, ob der "Betroffene" nach besten Kräften Möglichkeiten ergriffen hat, dem befohlenen Dienst zu entgehen. <<< nach oben >>> Zum rechtswidrigen tätlichen Angriff LSG NS-B - L 5 VG 6/05 - Urteil vom 18.10.2006 Nimmt die Polizei aufgrund eines Identitätsirrtums versehentlich die falsche Person fest, liegt ein rechtswidriger tätlicher Angriff i.s.d. OEG vor; der Irrtum der Polizeibeamten ist unbeachtlich und lässt den Vorsatz nicht entfallen. Die bei der Festnahme geleistete Gegenwehr des Opfers stellt keine Mitverursachung dar, wenn diese in Notwehr erfolgte. <<< nach oben >>> Zur Rechtmäßigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung SG Lüneburg - S 15 SB 174/05 - Urteil vom 02.10.2006 Enthält ein Widerspruchsbescheid die Rechtsbehelfsbelehrung, dass der Klageschrift Abschriften für die Beteiligten beizufügen sind, ist die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig; sie trägt zur Erschwerung der Rechtsverfolgung bei. Es gilt deshalb anstelle der einmonatigen Klagefrist die einjährige Klagefrist nach § 66 Abs. 2 S. 1 SGG. <<< nach oben >>> Keine Vollmacht im Original erforderlich LSG B-W - L 6 SB 1439/06 - Urteil vom 09.11.2006 Nach § 73 Abs. 2 SGG ist im sozialgerichtlichen Verfahren die schriftliche Vollmacht eines Prozessbevollmächtigten zu den Akten zu reichen. Allerdings ist die Vollmachtsurkunde nicht im Original einzureichen; die Vorlage einer Vollmacht als Telefax ist ausreichend. <<< nach oben >>> Kostenentscheidung nach Änderung des Gesundheitszustandes während des Verfahrens LSG NRW - L 6 B 10/06 SB - Beschluss vom 27.10.2006 In Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht ist unbillig, dem Beklagten das Kostenrisiko einer nachträglichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Klägers aufzuerlegen, wenn er der Änderung Rechnung trägt und auch ansonsten kein Anhalt dafür besteht, dass er Veranlassung zur Klageserhebung gegeben hat. <<< nach oben >>> Zur Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts Bay. LSG - L 15 B 799/06 SB PKH - Beschluss vom 03.11.2006 In Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht (§§ 2 und 69 SGB IX) ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einer Prozesskostenhilfe nicht erforderlich. Denn der Ausgang des Verfahrens hängt regelmäßig vom Ergebnis der Sachverhaltsermittlung im Sinne der §§ 103 ff SGG ab; insoweit bedarf es keiner anwaltschaftlichen Vertretung (ständige Rspr. des 15. Senats des Bay. LSG - s. z.B. Beschlüsse vom 20.10.2006 - L 15 B 762/06 SB PKH - und vom 24.10.2006 - L 15 B 617/06 SB PKH -) . <<< nach oben >>> Zu den Grenzen der Beweiswürdigung bei Gutachten Bay. LSG - L 18 B 351/06 SB - Beschluss vom 13.06.2006 Ein Richter kann ärztliche Äußerungen kritisch würdigen und sich bei divergierenden Gutachten für eine Auffassung entscheiden. Die Grenzen freier Beweiswürdigung sind aber überschritten, wenn er in einer medizinischen Frage trotz fehlender Sachkenntnis seine eigene abweichende Meinung an die Stelle derjenigen des ärztlichen Gutachtens setzt. Die Feststellung von Gesundheitsstörungen auf verschiedenen Fachgebieten erfordert die Einholung von entsprechenden Fachgutachten und kann durch die Anhörung eines Sozialmediziners nicht ersetzt werden. <<< nach oben >>> Zu den Grenzen der Beweiswürdigung bei Gutachten Bay. LSG - L 18 V 5/04 - Urteil vom 13.06.2006 Von dem Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen sind bei der Beweiswürdigung als Urkundsbeweis zu berücksichtigen und können auch alleinige Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein. Ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus anderen medizinischen Äußerungen Zweifel an der Schlüssigkeit derartiger Gutachten, so kann sich das Gericht auf das in den Verwaltungsakten enthaltene Gutachten stützen. <<< nach oben >>> Keine Klage ohne Vorverfahren LSG B-BR - L 11 SB 24/05 - Urteil vom 14.09.2006 Liegt keine Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu einem Nachteilsausgleich - hier B - vor, ist die Einbeziehung dieses Nachteilsausgleichs in einen Rechtstreit über die Höhe des GdB oder andere Nachteilsausgleiche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich. Die Klage ist insoweit unzulässig. <<< nach oben >>> Zur Zulässigkeit der Delegation eines Gutachtens vom Chefarzt auf den Assistenzarzt Bundessozialgericht - B 2 U 58/05 B - Beschluss vom 17. November 2006 Die Grenze der erlaubten Mitarbeit - mit der Folge der Unverwertbarkeit des Gutachtens - ist überschritten, wenn aus Art und Umfang der Mitarbeit eines weiteren Arztes gefolgert werden kann, der beauftragte Sachverständige habe seine das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erbringenden Zentralaufgaben nicht selbst wahrgenommen. Entscheidend für die Zulässigkeit der Delegation ist, dass der Sachverständige die Schlussfolgerungen seines Mitarbeiters überprüft und durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für das Gutachten übernimmt. <<< nach oben >>> Zu den Verfahrenskosten bei ungewissem Verfahrensausgang LSG NRW - L 19 B 103/06 AS - Beschluss vom 06.12.2006 Ist nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses die Frage nach den Erfolgsaussichten der Klage nicht eindeutig zu beantwortenden, so ist es angemessen, wenn die Beklagte zur Übernahme der Hälfte der außergerichtlichen erstattungsfähigen Kosten des Klägers verpflichtet wird. <<< nach oben >>> Rechtsfragen dürfen nicht im PKH Verfahren geklärt werden BVerfG - 1 BvR 2673/05 - Beschluss vom 20.6.2006 In Prozesskostenhilfeverfahren dürfen die Gerichte die Rechtsverfolgung selbst nicht in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten lassen. <<< nach oben >>> Bundesverfassungsgericht zur Verpflichtung zur Schweigepflichtsentbindung Zum Beschluss vom 23. Oktober 2006 – 1 BvR 2027/02 Versicherungsvertragliche Obliegenheit zur Schweigepflichtentbindung muss Möglichkeit zu informationellem Selbstschutz bieten <<< nach oben >>> Zur Annerkennung eines psychischen Leidens als Unfallfolge BSG - B 2 U 26/04 R - Urteil vom 09.05.2006 Es ist auf der Basis des aktuellen allgemein geltenden, wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu ermitteln, an welchen Gesundheitsstörungen - insbesondere auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet - der Betroffene leidet und wodurch diese nach der naturwissenschaftlichen Bedingungstheorie verursacht wurden. Wenn das Unfallereignis direkt oder vermittels eines bestimmten Erstschadens oder einer bestimmten Behandlung eine solche naturwissenschaftliche Ursache für eine bestimmte Gesundheitsstörung war, ist zu klären, ob es auch eine wesentliche Ursache im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung nach aktuellem, allgemein geltenden, wissenschaftlichen Erkenntnisstand war. <<< nach oben >>> Zur Anerkennung einer Epicondylitis humeri radialis als Berufskrankheit Hessisches Landessozialgericht - L 3 U 103/05 - Urteil vom 21.11.2006 Die Anerkennung einer Epicondylitis humeri radialis verlangt zur Krankheitsverursachung repetitive Arbeitsverrichtungen mit statischen und dynamischen Anteilen, bei denen eine einseitige, von der Ruhestellung stark abweichende Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist. Ferner muss es sich um kurzzyklische, immer wiederkehrende Bewegungsabläufe handeln, bei denen im Handbereich die gleichen Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden. Dabei ist insbesondere eine sich ständig wiederholende Zugbeanspruchung der Sehnenansätze erforderlich, beispielsweise den immer wiederkehrenden Rückhandschlag eines Tennis- bzw. Tischtennisspielers, langwährendes Hämmern oder das Betätigen eines Schraubendrehers. <<< nach oben >>> Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit (BAnz Nr. 241 (S. 7356) vom 22.12.2006) Bekanntmachung eines Beschusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien - Vom 19. September 2006 Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 19. September 2006 beschlossen, die Richtlinie über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Malnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) in der Fassung vom 1. Dezember 2003 (BAnz. 2004 S. 6501) wie folgt zu ändern I. § 2 wird wie folgt geändert:
II. Inkrafttreten: Diese Änderungen treten am Tag nach der Veröffentlichung
im Bundesanzeiger in Kraft <<< nach oben >>> Zur Erstattung von Kosten für eine "Laserinduzierte Interstitielle Thermotherapie" BSG - B 1 KR 24/06 R - Urteil vom 7.11.2006 Es besteht keine Erstattungspflicht der Krankenversicherung, wenn eine Methode erst zeitlich nach ihrer Anwendung in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen wurde. Aus der Pflicht, die Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten, folgt die Notwendigkeit, nicht nur abstrakt, sondern auch konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen zu ermitteln. Bei beiden Prüfungen ist es geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel iS von § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - auf Grund von Verfassungsrecht Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen. <<< nach oben >>> Zur Wiedereinsetzung bei Versäumung der Dreimonatsfrist Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 4 B 19/06 - Beschluss vom 02.11.2006 Wird die Dreimonatsfrist zur Abrechnung von Gutachten versäumt, kann unter bestimmten Voraussetzungen Wiedereinsetzung beantragt werden. Über diesen Antrag hat das Gericht zu befinden. <<< nach oben >>>
Gebühr für Beschwerdeverfahren? Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 B 103/06 AS - Beschluss vom 06.12.2006 Das Beschwerdeverfahren ist kostenrechtlich Teil des bereits erledigten Hauptsacheverfahrens. Zwar ist die Beschwerdeinstanz grundsätzlich ein besonderer Rechtsweg, in dem regelmäßig Gebühren entstehen (Nr. 3501 VV RVG). Dies gilt jedoch nicht für die Beschwerde gegen eine Kostengrundentscheidung des Sozialgerichts, weil hierbei die Beschwerdeinstanz nicht mit dem Rechtsstreit bzw. einem selbständigen Antrag befasst wird. <<< nach oben >>> Anwaltskosten für Beschwerdeverfahren? Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 6 B 221/06 SB - Beschluss vom 30.11.2006 In der Beschwerdeentscheidung ist seit Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Neben der Gebühr, die der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt für das gerichtliche Verfahren in der Hauptsache beanspruchen kann, entsteht eine gesonderte Gebühr für das Betreiben des Beschwerdeverfahrens. Angesichts dieser ausdrücklichen Regelung und der Schaffung einer eigenen Gebührenziffer im sozialgerichtlichen Verfahren durch das RVG ist die früher zu § 116 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) vertretene Auffassung, dass alle Nebenverfahren wie auch Beschwerdeverfahren grundsätzlich mit der für das Betreiben des sozialgerichtlichen Verfahrens in einem Rechtszug entstandenen Gebühr abgegolten sind, nicht mehr haltbar. <<< nach oben >>>
Weiterleitung von Kindergeld Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 7 SO 2073/06 - Urteil vom 23.11.2006 Aus den gesetzlichen Vorschriften folgt nicht notwendig, dass das für volljährige Kinder gezahlte Kindergeld immer dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen ist, unabhängig davon, ob dieses an das Kind weitergeleitet wird oder nicht. Eine solche Einkommenszurechnung mag geboten sein, wenn volljährige Kinder weiterhin in häuslicher Gemeinschaft mit den Eltern leben. Denn in diesem Falle wird der Bedarf des volljährigen - und bedürftigen - Kindes in den der Bedarfsgemeinschaft eingerechnet, weshalb mit der Einkommensanrechnung eine Erhöhung des Gesamtbedarfs der Bedarfsgemeinschaft korrespondiert. Anders gestaltet sich die Situation jedoch bei volljährigen Kindern, die - wie hier - nicht in häuslicher Gemeinschaft mit dem kindergeldberechtigten Elternteil leben, aber auf die Weiterleitung des Kindergeldes zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen sind. Das Argument, § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII habe eine Zurechnung des Kindergeldes als Einkommen des Kindes allein bei Minderjährigen angeordnet greift insoweit zu kurz. Richtig daran ist, dass es Ziel dieser Regelung war, "die Sozialhilfebedürftigkeit möglichst vieler Kinder zu beseitigen". Umgekehrt kann es aber nicht Ziel dieser Regelung gewesen sein, die Sozialhilfebedürftigkeit der Eltern volljähriger Kinder unabhängig davon zu begründen oder zu erhöhen, ob sie das Kindergeld an ihre Kinder weiterleiten. <<< nach oben >>> Zur Angemessenheit von Wohnkosten LSG BW - L 8 AS 4787/06 ER-B - Beschluss vom 09.11.2006 Erscheinen Träger der Grundsicherung die Unterkunftskosten im Einzelfall als zu hoch, darf er die Angemessenheitsprüfung nicht darauf beschränken, ausgehend vom Bedarf des Hilfebedürftigen mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse zu bestimmen, welcher Kostenaufwand für die Unterkunft an sich (abstrakt) angemessen wäre. Da der Hilfebedürftige einen Anspruch auf Deckung seines Unterkunftsbedarfs hat, muss sich die Angemessenheitsprüfung in einem solchen Fall auch auf die Frage erstrecken, ob dem Hilfeempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist also die vom Hilfebedürftigen bewohnte Unterkunft die in dem maßgeblichen räumlichen Umkreis und Bedarfszeitraum einzig verfügbare, sind die Aufwendungen für diese Wohnung angemessen und deshalb gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Leistungsträger (zunächst) zu übernehmen. <<< nach oben >>> Auszugs- und Renovierungskosten. Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 7 SO 4415/05 - Urteil vom 23.11.2006 Zu den Unterkunftskosten gehören Kosten der Auszugsrenovierung jedenfalls dann, wenn der Hilfeempfänger hierzu mietvertraglich verpflichtet ist und die Renovierungskosten im Zusammenhang mit einem notwendigen Umzug anfallen, z. B. in eine kostenangemessene Unterkunft. Kosten für Schönheitsreparaturen sind nicht bereits im Regelsatz nach § 28 SGB XII enthalten. <<< nach oben >>> Kindergeldzurechnung Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 1 AS 6/06 - Urteil vom 02.11.2006 Bereits unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes war in der Rechtsprechung anerkannt, dass Kindergeld bei demjenigen als Einkommen zu berücksichtigen ist, an den es ausgezahlt wird. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ausgeführt, das Kindergeld stehe nach § 62 EStG nicht dem Kind für sich selbst zu, sondern einem mit ihm nicht identischen Anspruchsberechtigten. Dementsprechend sei es auch bei diesem als Einkommen zu berücksichtigen. Wenn die Eltern wollten, dass nicht sie, sondern ihr Kind das Kindergeld erhalte, könnten sie nach § 74 EStG bzw. nach § 48 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) eine Auszahlung direkt an das Kind veranlassen. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der Rechtsprechung des BVerwG keine hiervon abweichende ausdrückliche Regelung geschaffen. Lediglich für den hier nicht einschlägigen Fall des minderjährigen Kindes enthält § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II eine Sonderregelung. Dies spricht dafür, das für ein erwachsenes Kind gezahlte Kindergeld dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen ist. <<< nach oben >>> Ernährungsbedingter Mehrbedarf bei Diabetes? Hessisches Landessozialgericht - L 9 SO 62/06 ER - Beschluss vom 14.11.2006 Zur Feststellung eines Mehrbedarfs ist auf fachwissenschaftliche Publikationen zurückzugreifen. Insbesondere die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe stellen hierfür sachkundige Feststellungen zur Verfügung, da sie auf medizinische und ernährungswissenschaftliche Kenntnisse gestützt und demnach als vorweggenommene Sachverständigengutachten zu werten sind. Hiernach ist bei Diabetes mellitus Typ 2.b ein Mehrbedarf nicht erforderlich. Vielmehr erfordert das mit der Erkrankung einhergehende Übergewicht eine Reduktionskost, die keine gegenüber sonstigen Leistungsempfängern erhöhten Kostenaufwand für die Ernährung erfordert. <<< nach oben >>> Hinterbliebenenrente nach dem OEG ist Einkommen. Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 6 VG 2519/05 - Urteil vom 09.11.2006 Hinterbliebenenrenten nach dem Opferentschädigungsgesetz stellen Einkommen im Sinne des § 76 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) dar, denn sie haben, anders als Beschädigtenrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz, ausschließlich Unterhaltsersatzfunktion. <<< nach oben >>> Regelsatzkürzung bei stationärem Aufenthalt? Sozialgericht Freiburg - S 9 As 1557 /06 - Urteil vom 24.10.2006 Eine Kürzung der Regelleistung für die Zeit stationärer Aufenthalte ist rechtlich nicht zulässig. Insbesondere fehlt es sowohl für eine Absenkung wegen teilweiser anderweitiger Bedarfsdeckung als auch für eine Berücksichtigung der dortigen Verpflegung als Einkommen an einer rechtlichen Grundlage. <<< nach oben >>>
Roth/Thome Den Leitfaden ziert auf dem Umschlag ein Bilderwitz. Bei einem Fress- und Saufgelage von offenbar vermögenden Zeitgenossen bemerkt einer von diesen: " nur die wirklich Bedürftigen sollten vom Staat unterstützt werden". Der Bilderwitz ist Programm. Das Buch versteht sich als Ratgeber im Stiel von "Die 1000 besten Steuertricks" und es enthält tatsächlich (fast) alle Kniffe, die ein Alg II/Sozialhilfe Empfänger kennen muss, damit er sich im Dschungel des Paragrafendickichts des SGB II und XII nicht verirrt. Angesichts der unüberschaubaren Vorschriften in den Harzt IV Gesetzen zu Vermögen, Einkommen, eheähnlicher Lebensgemeinschaft e.t.c., muss der Gesetzgeber sich nicht wundern, wenn derartige Ratgeber erscheinen, denn das Normengeflecht des neuen Sozialhilferechts ist zu einem "Gestaltungsrecht", ähnlich dem Steuerrecht geworden, in dem man nur bei vorausschauender und geschickter Planung in den Genuss der begehrten staatlichen Leistung gelangt. Das Buch wendet sich natürlich zunächst an den interessierten Bedürftigen selbst, ist aber durchaus auch für Anwälte geeignet, die ihre Mandanten umfassend beraten wollen. Bei einem Preis von nur acht Euro einschließlich Versandkosten (Faxbestellung 069/1533-2633) kann man mit einer Bestellung eigentlich keinen Fehler machen. Martin Schillings Mrozynski Unterteilt ist der DIN A 5 Ordner in sechs Kapitel: Den Begriff "Hilfe in besonderen Lebenslagen" gibt es nicht mehr; er hat sich in der Praxis aber so eingebürgert und wird zur Vereinfachung in der Verwaltung weiterhin benutzt. Rein äußerlich sieht das Praxishandbuch aus wie ein Kommentar.
Dementsprechend versucht man zunächst, dem Aufbau der Gesetzestexte
folgend, nach Kommentierungen von Paragra-phen zu suchen, - vergeblich. Es ist unbestreitbar ein Vorteil, die großen Gesetzeswerke auf dem
Gebiet des Sozialrechtes in einem Buch vor sich zu haben. Die
Anwendbarkeit von SGB II oder SGB XII hängt häufig nur an einem einzigen
Merkmal. Inhaltlich ist an dem Werk überhaupt nichts auszusetzen. Im Gegenteil,
durch ununterbrochenes Nachsortieren (Eigeninitiative gefragt) hat man
etwas wirklich Aktuelles. Im Anhang eine Synopse der wichtigsten Vorschriften des SGB II / SGB XII / BSHG sowie anderer leistungsrechtlich relevanter Daten, z. B. die "Düsseldorfer Tabelle". Die Synopse, die Rechenbeispiele u. a. sind lobenswert, aber der wesentliche Kritikpunkt, der das Buch allein für den praktischen Gebrauch unbrauchbar macht, bleibt: Es fehlen die Gesetzestexte. Und für den Preis von € 69,- hätten die ohne weiteres enthalten sein dürfen. Voelzke / Schlegel Warum die Rezension eines Kommentares? Darauf gibt es mehrere
Antworten: Dieses vorausgeschickt, der zweite Grund, warum dieser Kommentar trotz
des zugegebenermaßen stolzen Preises die Anschaffung lohnt: Es ist, -
soweit mir bekannt - der einzige "vernetzte" Kommentar. Dazu mehr im zweiten Teil der Besprechung, beginnen will ich mit dem
konventionellen Teil, - nämlich der Buchform. Teil B, die "Auslegung der Norm" ist dann der
"eigentliche Kommentar". Laut Verlag wird besonderes Gewicht auf die Praxisrelevanz der Informationen gelegt. Wie praxistauglich der Kommentar ist, ergibt sich dann bei einem Versuch, den onlineteil des Kommentares zu nutzen: Zunächst eine Enttäuschung: Mit dem schönen Flyer
"Kurzanleitung für juris.de" stimmt nämlich die Wirklichkeit
nicht unbedingt überein. Die dort angepriesenen umfangreichen
Recherchemöglichkeiten stehen mit dem Erwerb (nur) eines Kommentares
nämlich nicht zur Verfügung. Eine Recherche online anhand des Buches zeigt aber durchaus Vorteile, - zumindest den der Zeitersparnis: Ein in einer Fußnote genanntes Urteil wird mit Leit- und Orientierungssätzen zitiert, Fundstellen gelistet und Entscheidungen zitiert, die wiederum dieses Urteil zitieren. Insgesamt eine begrüßenswerte Erweiterung der herkömmlichen Kommentare. Rechtsanwältin Marianne Schörnig <<< nach oben >>> Die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint im März 2007! <<< nach oben >>> |
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