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Ausgabe 2/2010März vom 14.03.2010Druckversion der Zeitung (pdf-Format ohne weiterführende Links). |
Herausgeber und verantwortlich im Sinne des
Pressegesetzes Dorothea Strake Die Zeitschrift erscheint alle 2 Monate Liebe Leser, unser Buch "Sozialrecht - begutachtungsrelevanter Teil" ist in neuer Auflage erhältlich. Sie finden hier u.A. einen ausführlichen Kommentar zu den versorgungsmedizinischen Grundsätzen, die die "Anhaltspunkte" abgelöst haben. Unsere Zeitung wird Ihnen - wie immer - kostenlos bereitgestellt. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihr Team von www.anhaltspunkte.de und uwendler.de. |
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Bezirksregierung Münster ist für Widerspruchsbescheide in Schwerbehindertenangelegenheiten sachlich nicht zuständig Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 10 SB 39/09 - Urteil vom 16.12.2009 Die Bezirksregierung Münster, die in Nordrhein-Westfalen seit dem 01.01.2008 weiterhin die Widerspruchsbescheide in Schwerbehindertenangelegenheiten erlässt, ist hierfür sachlich nicht zuständig. Dieser gravierende Verfahrensfehler bleibt im Ergebnis jedoch sanktionslos. Weil die zuständige Widerspruchsstelle und der Klagegegner identisch sind, ist ein erneutes Vorverfahren nicht durchzuführen und ist eine abschließende gerichtliche Entscheidung möglich. <<< nach oben >>> Kein GdB für Melanoma in situ Sozialgericht Aachen - S 3 SB 82/09 - Urteil vom 04.11.2009 Wenngleich das Melanoma in situ - ebenso wie die dysplastischen Nävi - eine Frühform der malignen Melanome darstellen kann, so ist deren Gefährdungsgrad im Verhältnis zum malignen Melanom äußerst gering. <<< nach oben >>> GdB für eine Trigeminusneuropathie Landessozialgericht Rheinland-Pfalz - L 4 SB 174/08 - Urteil vom 25.11.2009 Der GdB für eine chronische Schmerzstörung im Sinne einer Trigeminusneuropathie ist nicht entsprechend den Anhaltspunkten 2008 bzw. den versorgungsmedizinischen Grundsätzen wie eine Trigeminusneuralgie, sondern als chronische Schmerzstörung zu bewerten. <<< nach oben >>> Keine Erhöhung des GdB bei sich überschneiden Auswirkungen von Behinderungen Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 11 SB 352/08 - Urteil vom 10.12.2009 Überschneiden sich die funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenleidens in Form eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms mit den funktionellen Auswirkungen der als seelisches Leiden berücksichtigten psychosomatischen Störungen, ist eine Anhebung des GdB wegen der funktioneller Auswirkungen der psychosomatischen Störungen nicht gerechtfertigt. <<< nach oben >>> Kein aG bei nicht nachweisbaren außergewöhnlichen Schmerzen Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 84/07 - Urteil vom 17.11.2009 Sind beklagte hochgradige und unsägliche Schmerzen nicht objektivierbar und liegen keine objektiven Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Schmerzsituation vor, kann der Nachteilsausgleich aG nicht festgestellt werden. <<< nach oben >>> Rückengeschädigten sind mit außergewöhnlich Gehbehinderten nicht vergleichbar Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 45/06 - Urteil vom 01.12.2009 Das Merkzeichen aG steht nur außergewöhnlich Gehbehinderten zu. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet keine Gleichbehandlung von Rücken- bzw. Wirbelsäulengeschädigten mit außergewöhnlich Gehbehinderten. <<< nach oben >>> Kein H für an Mukoviszidose erkrankte Menschen über die Vollendung des 16. Lebensjahres hinaus Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 5/03 - Urteil vom 28.01.2010 An Mukoviszidose erkrankte Menschen haben über die Vollendung des 16. Lebensjahres hinaus nur dann Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleichs H, wenn die für Erwachsene geltenden Kriterien für Hilflosigkeit im Sinn des § 33b Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStG erfüllt sind. <<< nach oben >>> GdS-/GdB-Bewertung eines chronisch-rezidivierenden lymphangitischen Syndroms Bayerisches Landessozialgericht - L 15 VS 10/07 - Urteil vom 12.05.2009 Schwellungen und Rötungen eines Unterschenkels infolge eines chronisch-rezidivierenden lymphangitischen Syndrom mit geringer Bewegungseinschränkung im Sprunggelenk sind mit einem GdS/GdB von 30 zu bewerten, wenn entzündliche Zustände durchschnittlich einmal pro Jahr akut auftreten. <<< nach oben >>> Kein Entschädigungsanspruch nach dem OEG für Contergan-Geschädigte Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 10 (6) B 8/09 VG - Beschluss vom 22.02.2010 Ein Anspruch nach dem OEG setzt einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff voraus. Allein die Produktion und der Vertrieb des Medikaments "Contergan" erfüllen jedoch nicht diese Voraussetzungen. Ein über ein fahrlässiges Verhalten hinausgehendes vorsätzliches Handeln der Verantwortlichen der Firma Grünenthal lässt sich nicht feststellen. <<< nach oben >>> Für Entschädigungsleistungen nach dem OEG sind die Beeinträchtigungen nachzuweisen Bayerisches Landessozialgericht - L 15 VG 11/07 - Urteil vom 22.10.2009 Die Auswirkungen einer Schädigungsfolge - hier nach dem OEG - sind konkret festzustellen. Dabei ist es regelmäßig auch Opfern von Gewalttaten zuzumuten, sich einer persönlichen Untersuchung zu unterziehen. Lässt sich der Umfang der schädigungsbedingten Auswirkungen wegen fehlende Mitwirkung des Opfers nicht feststellen, geht dies zu seinen Lasten. <<< nach oben >>> Kein Anspruch nach dem OEG wegen Festnahme aufgrund falscher Beschuldigung Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 6 VG 51/08 - Beschluss vom 22.12.2009 Eine Festnahme bzw. Inhaftierung durch Polizeibeamte ist im Zeitpunkt ihrer Vornahme gerechtfertigt, wenn ihr ein wirksamer Haftbefehl zugrunde liegt und die für die Festnahme erforderlichen Maßnahmen verhältnismäßig sind. Dies gilt auch, wenn der Haftbefehl aufgrund wahrheitswidriger Angaben erlassen worden ist. <<< nach oben >>> Entschädigungsanspruch nach dem OEG nach Schütteltrauma Sozialgericht Duisburg - S 23 VG 224/99 - Urteil vom 08.05.2002 Ein Anspruch nach dem OEG setzt einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff voraus. Dieser ist auch bei länger zurückliegenden Taten festzustellen, wenn es sich nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen mit allergrößter Wahrscheinlichkeit um ein einmaliges gravierendes Ereignis - hier Schütteln eines Babys -, das unter diese Voraussetzungen zu subsumieren ist, gehandelt haben muss. <<< nach oben >>> Zur Entschädigung nach dem OEG bei Unfall spielender Kinder Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 10 VG 3/09 - Urteil vom 25.11.2009 Ein Anspruch nach dem OEG setzt einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff voraus. Wird ein Dritter bei Gelegenheit einer alterstypischen und sozial üblichen Spielsituation verletzt, spricht Einiges dafür, dass sich den Unfall ohne jede feindliche Willensrichtung zugetragen und keiner der Beteiligten die Verletzung billigend in Kauf genommen hat. <<< nach oben >>> Keine Entschädigung für erworbene Persönlichkeitsstörung Sozialgericht Düsseldorf - S 35 VG 208/07 - Urteil vom 23.11.2009 Die objektive Erfüllung der Kriterien des § 2 Abs. 2 OEG kann jedoch nicht mit einer schädigungsunabhängig erworbenen Persönlichkeitsstörung entschuldigt werden, denn dies würde im Endergebnis zu einer Haftung des Staates für eine psychische Gesundheitsstörung führen, die mit einem gegen den Antragsteller geführten vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriffs in keinem Zusammenhang steht. <<< nach oben >>> Keine Wiederaufnahme eines Rechtsstreits aufgrund nachträglich errichteter Urkunden Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 6 VJ 3978/08 - Urteil vom 11.11.2009 Eine Urkunde, die eine eine Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Rechtsstreits rechtfertigen kann, muss bereits in dem Zeitpunkt errichtet worden sein, in dem sie der Beteiligte im Vorprozess noch hätte benutzen können. Gutachten sind zudem auch keine Urkunden i. S. des § 580 Nr. 7 Buchst. b) ZPO, wenn es nachträglich noch der Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen bedarf. <<< nach oben >>> Zur Höhe eines gegen eines Sachverständigen verhängten Ordnungsgeldes Bayerisches Landessozialgericht - L 2 SB 7/09 B - Beschluss vom 06.10.2009 Erstattet ein Sachverständiger trotz Mahnung sein Gutachten nicht, ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes rechtmäßig. Im Hinblick darauf, dass § 411 Abs. 2 Satz 3 ZPO für den Fall wiederholter Fristversäumnis bestimmt, dass das Ordnungsgeld noch einmal festgesetzt werden kann, ist bei der Verhängung eines Ordnungsgeld bei erstmaliger Fristversäumnis ein Ordnungsgeld im mittleren Rahmen (500,00 €) angemessen. <<< nach oben >>> Klage ohne Vorverfahren und § 96 SGG Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 60/07 - Urteil vom 19.05.2008 Nach § 96 Abs. 1 SGG wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt denknotwendig voraus, dass bereits wegen eines weiteren Verwaltungsaktes die Klage anhängig ist. Ist dies nicht der Fall, kann der Bescheid nicht Gegenstand des Verfahrens über § 96 Abs. 1 SGG werden. <<< nach oben >>> PKH und Art 3 GG Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 B 388/09 AS - Beschluss vom 21.01.2010 Bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind insbesondere die sich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Anforderungen zu beachten. Hierbei ist keine vollständige Gleichheit Unbemittelter, sondern nur eine weitgehende Angleichung geboten. Vergleichsperson ist derjenige Bemittelte, der seine Prozessaussicht vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG steht damit auch einer Besserstellung desjenigen entgegen, der seine Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten muss und daher von Vornherein kein Kostenrisiko trägt gegenüber dem Bemittelten, der sein Kostenrisiko wägen muss. Ein sein Kostenrisiko vernünftig abwägender Bürger, der die Prozesskosten aus eigenen Mitteln finanzieren muss, wird ein Verfahren nicht (weiter) betreiben, solange dieselbe Rechtsfrage bereits in anderen Verfahren in der Revisionsinstanz (sogenannte unechte Musterverfahren) anhängig ist. Er kann auf diesem Wege - im Falle einer in seinem Sinne positiven Entscheidung des Revisionsgerichts - vom Ausgang dieser Verfahren profitieren, ohne selbst einem (weiteren) Kostenrisiko zu unterliegen. Geht das Revisionsverfahren hingegen aus Sicht des Betroffenen negativ aus, ist er nicht gehindert, sein Rechtsschutzziel im eigenen Verfahren weiter zu verfolgen. <<< nach oben >>> Zu den Voraussetzungen des § 45 SGB X Bundessozialgericht - B 2 U 25/07 R - Urteil vom 02.04.2009 Anwendbarkeits- und Tatbestandsvoraussetzung für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte für die Zukunft ist, dass diese im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig sind. Ein Verwaltungsakt ist i.S. des § 45 Abs. 1 SGB X auch dann rechtswidrig, wenn die in dem Bescheid eingeräumte begünstigende Rechtsposition erst auf der Grundlage später zu Tage getretener Erkenntnisse bereits aus damaliger Sicht rechtsfehlerhaft war. Die Rechtswidrigkeit der begünstigenden Entscheidung muss feststehen; bloße Zweifel am Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen genügen nicht. <<< nach oben >>> Keine Anfechtungsbefugnis gegen Zweigpraxisgenehmigung für Kollegen BSG - B 6 KA 42/08 R - Urteil vom 28.10.2009 Die Genehmigung einer Zweigpraxis begründet für den begünstigten Arzt keinen Status, sondern erweitert lediglich seine Behandlungsmöglichkeiten. Schon deshalb steht Vertragsärzten, die ihre Praxis an dem Ort oder in dem räumlichen Umfeld betreiben, in dem die anderen Ärzte ihre Zweigpraxis eröffnen wollen, grundsätzlich nicht zu. <<< nach oben >>> Vertragsärzte müssen am Sitz ihrer Zweigpraxen Notfalldienst verrichten Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 11 B 19/09 KA ER - Beschluss vom 23.12.2009 Jeder niedergelassene Vertragsarzt ist zur Teilnahme am organisierten Notfalldienst verpflichtet. Diese Verpflichtung betrifft Vertragsärzte nicht nur hinsichtlich ihres Stammsitzes sondern auch hinsichtlich der von ihnen geführten Zweigpraxis. <<< nach oben >>>
Rechtsanwaltsvergütung bei GdB-Feststellung Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 B 2/08 SB - Beschluss vom 22.12.2009 Die die Höhe der Vergütung eines Rechtsanwalts mitbestimmende Bedeutung der Angelegenheit ist eher unterschiedlich, wenn der vertretene Kläger den Schwerbehindertenstatus bereits innehatte und der Streit letztlich nur steuerrechtliche Auswirkungen infolge einer Erhöhung des Grades der Behinderung von 50 auf 70 hat. <<< nach oben >>> Zur Anwendung der Nr. 3106 VV RVG Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 1 B 19/09 AS - Beschluss vom 25.01.2010 Nach §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 RVG i.V.m. der Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses i.V.m. der (amtlichen) Vorbemerkung 3 Abs. 3 (zum 3.Teil des VV) fällt eine sog. fiktive Terminsgebühr nicht an, wenn ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch angenommenes Anerkenntnis endet, ohne dass eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat Eine Auslegung von Nr. 3106 VV RVG ergibt, dass der dem eigentlichen Gebührentatbestand folgende Satz "Die Gebühr entsteht auch [ ...]" so zu lesen ist, als sei die in Nr. 1 enthaltene Formulierung "in einem Verfahren, in dem mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist" vor die Klammer gezogen, die Vorschrift also lautete: "Die Gebühr entsteht auch, wenn in einem Verfahren, in dem mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, 1. [ ...]". Dies ergibt die historische, systematische und teleologische Auslegung dieses Gebührentatbestandes. Deshalb ist im Ergebnis ohne Belang, dass der Wortlaut - isoliert betrachtet - auch die von der Erinnerungsführerin favorisierte Bedeutung zuließe. <<< nach oben >>> Erledigungs- und Einigungsgebühr Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 B 429/08 AS - Beschluss vom 17.02.2010 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Erledigungs- bzw. Einigungsgebühr gemäß Nr.1005 VV RVG im Vorverfahren eine Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus, die über die bloße Erhebung und Begründung des Widerspruchs hinausgeht. Eine solche Gebühr für ein Vorverfahren kann auch entstehen, wenn die Beteiligten in einem gerichtlichen Verfahren einen sog. "überschießenden Vergleich" schließen. <<< nach oben >>> Fiktive Terminsgebühr bei einstweiliger Anordnung Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 9 B 17/09 AL - Beschluss vom 21.12.2009 Nach. Nr. 3106 VV RVG entsteht die so genannte fiktive Terminsgebühr, wenn. das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Hiernach kann eine Terminsgebühr aber nur in einem Verfahren entstehen, in dem eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Dies setzt die Formulierung in Nr. 3 "Das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet" denknotwendig voraus und entspricht somit jedenfalls der eindeutigen Zweckrichtung von Ziffer 3 der Nr. 3106 VV RVG. Für ein einstweiliges Anordnungsverfahren ist eine Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung jedoch gesetzlich gerade nicht vorgeschrieben. Da in einem solchen Verfahren nach § 86 b Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden wird, gilt § 124 Abs. 3 SGG, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Ermessen des Gerichts steht. Das schließt den Ansatz der fiktiven Terminsgebühr aus. <<< nach oben >>> Zur Anrechnung der Geschäftsgebühr im Beratungshilfeverfahren Sozialgericht Dresden - S 24 SF 180/08 R/F - Beschluss vom 27.02.2009 Zu Recht weist der Erinnerungsführer darauf hin, dass durch die Anrechnung der Beratungshilfegebühr der bereits im Sozialverwaltungsverfahren tätige und dort im Wege der Beratungshilfe vergütete Rechtsanwalt im nachfolgenden Sozialgerichtsverfahren schlechter gestellt wird, als derjenige Rechtsanwalt, der im vorangegangenen Sozialverwaltungsverfahren vom Mandanten selbst vergütet wurde, weil dessen Vergütung aus dem Sozialverwaltungsverfahren nicht auf die im Sozialgerichtsverfahren verdienten Gebühren angerechnet wird, die infolge des niedrigeren Gebührenrahmens bei der Verfahrensgebühr ohnehin vermindert sind (vgl. die Nrn. 2400 und 2401 sowie Nr. 3103 VV-RVG einerseits mit Nr. 2503 Abs. 1 und 2 sowie Nr. 3103 VV-RVG andererseits). Diese ungleiche Behandlung im Sozialgerichtsverfahren lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass die im Wege der Beratungshilfe gewährte Vergütung aus der Staatskasse im Sozialverwaltungsverfahren nach den Nrn. 2500 ff. VV-RVG von vornherein eine andere ist, als die dort dem Rechtsanwalt sonst vom Mandanten nach den Nrn. 2400 f. VV-RVG zu gewährende Vergütung, so dass vom Gesetzgeber - im Unterschied zur Vergütung außerhalb der Beratungshilfe - zusätzlich eine Anrechnung auf die Vergütung im Sozialgerichtsverfahren geregelt werden konnte. <<< nach oben >>> Auch Teilursächlichkeit für Erledigung bringt Gebühr nach VV 1002 Sozialgericht Düsseldorf - S 35 SB 152/09 - Urteil vom 22.12.2009 In Konkretisierung der BSG Rechtsprechung, geht die Kammer davon aus, dass es zur Erlangung der Gebühr nach der VV 1002 nicht erforderlich ist, dass das beigebrachte Beweismittel alleine und unmittelbar zur Erledigung des Rechtsstreits geführt hat. Es reicht vielmehr aus, wenn das neu beigebrachte Beweismittel mitursächlich - im Sinne eines Anstoßes für weitere Ermittlungen von Amts wegen - für die Erledigung des Verfahrens war, denn andernfalls hätte es die Behörde in der Hand, das Entstehen der hier streitigen Gebühr durch weitere (ggf. unnötige) Ermittlungen auszuhebeln. <<< nach oben >>>
Zur "zeitweiligen Bedarfsgemeinschaft" Bundessozialgericht - B 14 AS 75/08 R - Urteil vom 02.07.2009 Eine zeitweise Bedarfsgemeinschaft mit dem umgangsberechtigten Elternteil besteht grundsätzlich für jeden Kalendertag, an dem sich das Kind überwiegend dort aufhält. Hierfür kann in der Regel ausschlaggebend sein, wo sich das Kind länger als 12 Stunden bezogen auf den Kalendertag aufhält. Normativer Anhaltspunkt dafür ist die Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für jeden Kalendertag besteht. Ein Kalendertag ist damit die kleinste im Gesetz vorgesehene zeitliche Einheit, für die Ansprüche auf Leistungen für den Lebensunterhalt bestehen und entsprechende Leistungen bemessen werden können. Dass bei dieser Auslegung der Vorschrift bestimmte Teilbedarfe tatsächlich ungedeckt bleiben (können), weil einzelne Mahlzeiten an Tagen bestritten werden müssen, an denen sich das Kind nicht überwiegend in der zeitweisen Bedarfsgemeinschaft aufhält (hier etwa das Abendessen am Freitagabend), ist dem System der Pauschalierung der Regelleistungen geschuldet und hinzunehmen, zumal - auch dies zeigt der vorliegende Fall - andererseits (volle) Leistungen auch für Tage zu gewähren sind, an denen sich die Kinder nicht durchgängig beim umgangsberechtigten Elternteil aufhalten. <<< nach oben >>> Eingliederungsvereinbarung per Vertrag oder Verwaltungsakt Bundessozialgericht - B 4 AS 13/09 R - Urteil vom 22.09.2009 Stellt man allein auf den Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II ab, legt dieser zwar nahe, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung der Normalfall, der Erlass eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes die Ausnahme sein soll. § 15 Abs. 1 SGB II wendet sich an die Arbeitsagentur und gibt ihr auf, im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen zu vereinbaren. Sie hat das Initiativrecht. Zugleich sind die Verhandlungen über die Eingliederung, anstatt der Erlass einer Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt, das von ihr erwartete Verhalten. Die Verwaltung kann hiervon jedoch absehen. Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass nur in atypischen und einzeln zu begründenden Fällen von dieser Grundregel abgewichen werden darf, folgt der Senat dem nicht. Aus Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck von § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II ergibt sich vielmehr, dass dem Grundsicherungsträger die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsaktes schon dann zu steht, wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheint. <<< nach oben >>> Schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete Bundessozialgericht - B 4 AS 18/09 R - Urteil vom 22.09.2009 Stehen die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche Vergleichsraum fest, ist nach der Rechtsprechung des BSG in einem dritten Schritt nach Maßgabe der Produkttheorie zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist. Das heißt, Ziel der Ermittlungen des Grundsicherungsträgers ist es, einen Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zugestandenen Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können. Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus, da einerseits auf die konkreten Verhältnisse abzustellen ist, die Kosten für Wohnraum in den einzelnen Vergleichsräumen andererseits sehr unterschiedlich sein können. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. <<< nach oben >>> Quadratmeterpreis und Wohnungsgröße Bundessozialgericht - B 14 AS 41/08 R - Urteil vom 20.08.2009 Bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises ist eine Differenzierung nach Wohnungsgrößen geboten, weil nach den Besonderheiten des jeweils maßgebenden örtlichen Wohnungsmarktes, insbesondere aus Gründen der Bevölkerungs- und Sozialstruktur und wegen städtebaulicher Entwicklungen sowohl das Angebot als auch die Nachfrage hinsichtlich kleinerer und größerer Wohnungen erheblich differieren können, was wiederum Auswirkungen auf das quadratmeterbezogene Preisniveau haben kann. Bei kleineren Wohnungen müssen etwa die Kosten für Bad und ggf. Küche auf eine kleinere Wohneinheit umgelegt werden, weshalb sie im Regelfalle einen höheren Quadratmeterpreis aufweisen. <<< nach oben >>>
Kein Geld für erhöhten Schuhbedarf Bundessozialgericht - B 8 SO 5/08 R - Urteil vom 29.09.2009 Ein erhöhter Schuhbedarf ist bereits durch die Mehrbedarfsleistung nach § 30 Abs. 1 SGB XII gedeckt. Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII wird für Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) mit dem Merkzeichen G besitzen, ein Mehrbedarf von 17 v.H. des maßgebenden Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 SGB XII nicht unmittelbar entnehmen, welche Bedarfe durch diesen Mehrbedarfszuschlag pauschal abgegolten werden sollten, weil dies - wie auch in den weiteren Mehrbedarfstatbeständen des § 30 Abs. 2 bis 4 SGB XII - nicht unmittelbar im Gesetz aufgeführt ist. Erkenntnisse lassen sich aber der historischen Entwicklung der Norm und den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII entnehmen, an die das Gesetz für die Gewährung des Mehrbedarfs anknüpft. Nach dem Wortlaut der Regelung ist der Mehrbedarf des § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII tatbestandlich mit dem Besitz eines Schwerbehindertenausweises und der Zuerkennung des Merkzeichens G verbunden. Der Mehrbedarfszuschlag des § 30 SGB XII erfasst nach der Änderung der Vorgängerregelung des § 23 BSHG im Jahre 1996 nur solche Bedarfstatbestände und Aufwendungen, die gerade auch auf das eingeschränkte Gehvermögen zurückzuführen sind. <<< nach oben >>>
Münder (Hrsg.) In dem Maße, wie Gesetzgeber / Rechtsprechung / Presse und nicht zuletzt Betroffene auf dem Gebiet des SGB II - Grundsicherung für Arbeitssuchende – tätig werden, wächst die Flut von Literatur. Gerade weil im gesetzlichen Bereich vieles nebulös bleibt (man denke nur an angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung oder zumutbare Arbeit), ist die Rechtsprechung gefordert, diese diffusen Begriffe mit Leben zu füllen. In demselben Tempo müssen die Praktiker "mithalten" können. Genau an dieser Stelle setzt der Kommentar an: Mit einem umfassenden Überblick über die geläufige Rechtsprechung. Das Schwergewicht liegt eindeutig auf der Rechtsprechung. Andere Kommentare werden selten, Aufsätze noch seltener zitiert. Der große Vorteil dieses Kommentares: Soweit ersichtlich, werden alle (!) Urteile mit mindestens einer Fundstelle zitiert. Rechtsanwältin M. Schörnig Die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint im Mai 2010! |
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