Ausgabe    3/2014 

Mai vom 11.05.2014 

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     Rechtsprechung

Schwerbehindertenrecht

Soziales Entschädigungsrecht

Vertragsarztrecht

Verfahrensrecht

Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer

Unfallversicherung

Krankenversicherung

Rentenversicherung

Anwaltshonorar

Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

     Service

Herausgeber und verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes Dorothea Strake
Schulstr. 90, 41372 Niederkrüchten

 erscheint alle 2 Monate


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Rechtsprechung

Schwerbehindertenrecht

Zur Abgrenzung von mittelgradigen und schweren Anpassungsstörungen

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 13 SB 131/12 - Urteil vom 16.01.2014

Nach B 3.7 der Versorgungsmedizinverordnung sind schwere psychische Störungen, z. B. eine schwere Zwangskrankheit, mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem Wert von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem Wert von 80 bis 100 zu bewerten. Zur Abgrenzung greift das LSG zurück auf den Auszug aus der Niederschrift über die Tagung der Sektion Versorgungsmedizin des Ärztlichen Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung vom 18. bis 19. März 1998, dort Punkt 1.2. Hiernach sind mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten dann gegeben, wenn in den meisten Berufen sich auswirkende psychische Veränderungen vorliegen, die zwar weitere Tätigkeiten grundsätzlich noch erlauben, jedoch eine verminderte Einsatzfähigkeit bedingen, die auch eine berufliche Gefährdung einschließen. Kennzeichen sind erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung aber noch keine Isolierung, noch kein sozialer Rückzug in einem Umfang, der z. B. eine vorher intakte Ehe stark gefährden könnte. Hingegen liegen schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten dann vor, wenn beispielsweise eine weitere berufliche Tätigkeit sehr stark gefährdet oder ausgeschlossen ist oder wenn schwerwiegende Probleme in der Familie oder im Freundes- bzw. Bekanntenkreis, bis zur Trennung von der Familie, vom Partner oder Bekanntenkreis, krankheitsbedingt gegeben sind.

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Merkzeichen "G" bei Gehörlosen

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 7 SB 72/12 - Urteil vom 19.02.2014

Zwar kann auch eine sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Orientierungsfähigkeit bei Hörstörungen die Vergabe des Merkzeichens G rechtfertigen. Doch ist nach Teil D, Nr. 1 f der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bei Hörbehinderungen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung in der Bewegungsfähigkeit nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter gegeben. Im Erwachsenenalter sind erst in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z.B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) die Voraussetzungen für das Merkzeichen G erfüllt. Nach der Rechtsprechung des BSG wirken sich bei erwachsenen Gehörlosen die Störungen der Kommunikationsfähigkeit nicht auf ihre Orientierungs- und damit auf ihre Gehfähigkeit aus. Die tiefgreifenden Kommunikationsstörungen, an der Gehörlose typischerweise leiden, erschweren zwar die Ausbildung, weil Wahrnehmung, Erkenntnis und Lernen durch die Sprache vermittelt und gesteuert werden. Für das Zurücklegen von Wegen gilt dies aber nicht im gleichen Umfang, da für die gewöhnlichen und eingeübten Wege, welche nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Mehrzahl der zurückzulegenden Wegstrecken ausmachen, eine Kommunikation nur im Ausnahmefall erforderlich ist.

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GdB und Merkzeichen bei Herztransplantation

Sozialgericht Detmold - S 2 SB 565/12 - Urteil vom 25.03.2014

Die Versorgungsmedizinverordnung geht bei der Beurteilung des Ausmaßes von Behinderungen von einem bio-psycho-sozialen Modell der Bewertung von Funktionseinschränkungen aus, wie sich aus der amtlichen Einleitung der Versorgungsmedizinverordnung ergibt. Es kommt also darauf an, wie der Betroffene durch die Behinderung im Alltag, sprich in einem abstrahierten sozialen Alltagsumfeld, beeinträchtigt wird. Diese Betrachtung ist weitergehend, als eine rein technische Betrachtungsweise zu sehen. Diese biosoziale Betrachtungsweise mit der Berücksichtigung schon jetzt gegenwärtig vorhandener ganz konkreter Risiken, die jetzt schon gegenwärtig einschränkende Verhaltensweisen gebieten, ist nicht zu verwechseln mit der Erkenntnis, dass es keinen "GdB" auf Vorrat im Hinblick auf typische, künftige Verschlechterungen der Gesundheit, die aber noch nicht eingetreten sind, gibt.

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"RF"-Eintragung auch bei Beitragsermäßigung

Sozialgericht Potsdam - S 34 SB 131/12 - Urteil vom 31.01.2014

Der Nachteilsausgleich "RF" ist bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch bei behinderten Menschen in den Schwerbehindertenausweis einzutragen, bei denen nach Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zum 01.01.2013 nur noch eine Beitragsermäßigung vorgesehen ist. Die Schwerbehindertenausweisverordnung wurde vermutlich versehentlich nicht angepasst. 

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Kein "aG" wegen psychogener Gangstörung

Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 8 SB 2723/13 - Urteil vom 24.01.2014

Der Nachteilsausgleich "aG" setzt eine Einschränkung des Gehvermögens des behinderten Menschen auf das Schwerste voraus. Maßgebend sind nur die Beeinträchtigungen des Gehvermögens selbst und nicht Funktionsstörungen, die das Gehvermögen als solches nicht beeinträchtigen. Mithin kann eine psychogene Gangstörung, die lediglich bewirkt, dass ein tatsächlich vorhandenes Gehvermögen nicht ausgenutzt wird, keine außergewöhnliche Gehbehinderung begründen. 

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GdB vor Antragstellung 

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 7 SB 31/10 - Urteil vom 19.02.2014

Die rückwirkende Feststellung eines Behinderungsgrades ist nicht auf offensichtliche Fälle beschränkt, soweit es sich um einen Erstantrag und nicht um einen Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB handelt. Die Beschränkung auf § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X findet nur Anwendung, wenn nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X die Rücknahme einer unanfechtbar bindenden Feststellung des GdB mit Wirkung für die Vergangenheit zu prüfen ist. Diese Einschränkung folgt im Hinblick auf das nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X auszuübende Verwaltungsermessen. Sofern die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen offenkundig sind, könnte das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung der bindenden Feststellung gebieten. Dagegen muss die Feststellungsbehörde im Verfahren einer Erstfeststellung bei Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses durch den Antragsteller uneingeschränkt prüfen und entscheiden, ob und seit wann die geltend gemachte Eigenschaft schon vor der Antragstellung bestanden hat. Eines über die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses hinausgehenden besonderen Korrektivs etwa in Form der Offensichtlichkeit bedarf es nicht, weil entsprechende Anträge sich nach Aufklärung des Sachverhalts nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast behandeln lassen.

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Soziales Entschädigungsrecht 

Kein Anspruch auf Opferentschädigung bei grob fahrlässiger Selbstgefährdung

Landessozialgericht Hamburg - L 3 VE 3/13 - Urteil vom 25.02.2014

Nach dem Opferentschädigungsgesetz steht Gewaltopfern kein Anspruch auf Entschädigung zu, wenn deren Gewährung unbillig wäre. Da ist z.B. der Fall, wenn sich der Geschädigte in missbilligenswerter Weise selbst in Gefahr begeben hat. Auf diese Weise schädigt sich ein Geschädigter grob fahrlässig selbst, wenn er der Aufforderung des späteren Täters, doch nach draußen vor das Lokal zu kommen, damit er, der Täter, "ihn umbringen" könne, nachkommt und dabei dann Messerstiche erleidet. 

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Vertragsarztrecht

Kein ärztlicher Bereitschaftsdienst für im MVZ angestellte Ärzte

Bundessozialgericht - B 6 KA 39/12 R - Urteil vom 11.12.2013

Ein in einem MVZ angestellter Arzt kann von der Kassenärztlichen Vereinigung nicht zum ärztlichen Bereitschaftsdienst herangezogen werden. Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wird nämlich allein dem MVZ und nicht dem im MVZ angestellten Arzt erteilt. Damit obliegt dem MVZ die Pflicht zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst. 

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Keine Nr. 40120 EBM-Ä neben Nr. 40100 EBM-Ä für Übersendung an Dritte

Bundessozialgericht - B 6 KA 14/13 R - Urteil vom 11.12.2013

Wird das Ergebnis der pathologischen Untersuchung außer an den auftragerteilenden Arzt auch an Dritte, z.B. den Hausarzt des Patienten, übersandt, kann neben der Versandpauschale nach der Nr. 40100 EBM-Ä nicht noch die Nr. 40120 EBM-Ä (Kostenpauschale für die Versendung bzw. den Transport von Briefen und/oder schriftlichen Unterlagen bis 20 g) abgerechnet werden. 

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Verfahrensrecht

Gericht muss über spruchreifen PKH-Antrag vor der Hauptsacheentscheidung befinden.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen - L 8 AY 55/13 B - Beschluss vom 16.08.2013

Die Gerichte werden dem Zweck der Prozesskostenhilfe, Rechtsschutz zu ermöglichen, nicht gerecht, wenn über einen spruchreifen Bewilligungsantrag erst zusammen mit der Hauptsache entschieden wird. Ein Abstellen auf den tatsächlichen Erfolg in der Hauptsache führt zur Sinnentleerung der Hilfe. Dem Kläger wird damit die Möglichkeit genommen, vorher im Rahmen einer PKH-Beschwerde die Rechtsauffassung des SG durch das Beschwerdegericht überprüfen zu lassen. Außerdem hat er keine Möglichkeit, die ihn im Falle des Unterliegens treffenden Rechtsanwaltskosten durch Klagerücknahme (Nichtentstehen einer Terminsgebühr, niedrigere Verfahrensgebühr) zu verringern.

Ein derartiger Verfahrensfehler hat allerdings nur dann verfahrensrechtliche Konsequenzen, wenn dem Kläger durch die rechtswidrige Vorenthaltung der beantragten Prozesskostenhilfe eine sachgerechte Prozessführung verwehrt und dadurch sein in Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich garantierter Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wird. In einem solchen Fall wäre beispielsweise eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich). Ist die gleichzeitig mit dem PKH-Beschluss ergangene Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig, wäre der Verfahrensfehler insoweit folgenlos, ggf. könnte ein in derartigen Fällen ein Schadensersatzanspruch in Betracht kommen.

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Zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch

Bundessozialgericht - B 2 U 14/12 R - Urteil vom 19.12.2013

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt voraus, dass ein Sozialleistungsträger eine ihm gegenüber einem Berechtigten obliegende Nebenpflicht aus dem Sozialversicherungsverhältnis verletzt, dem Berechtigten ein unmittelbarer (sozialrechtlicher) Nachteil entsteht und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil ein Ursachenzusammenhang vorliegt. Der Herstellungsanspruch ist grundsätzlich auf die Vornahme der Amtshandlung gerichtet, die den möglichen und rechtlich zulässigen Zustand erreicht, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre.

Die erste Voraussetzung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, die Verletzung von Nebenpflichten, kann sich insbesondere aus der Verletzung des § 14 Satz 1 SGB I ergeben, nach dem jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch hat. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann auch aus der Verletzung des § 15 Abs. 2 Halbs. 2 SGB I folgen, nach dem sich die Auskunftspflicht der Auskunftsstelle auf alle Sach- und Rechtsfragen erstreckt, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.

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Vertrauensschutz und Fehler der Verwaltung

Bundessozialgericht - B 12 R 14/11 R - Urteil vom 30.10.2013

Würde jeder im Bereich der Verwaltung auftretende Fehler zu einem schutzwürdigen Vertrauen des durch den Verwaltungsakt Begünstigten führen, bedürfte es der Norm des § 45 SGB X letztlich gar nicht; eine solche Konstruktion liefe der Zielsetzung des § 45 SGB X, einen rechtswidrigen Zustand auch wieder beseitigen zu können, zuwider. Kann also wegen dieser Ausrichtung des § 45 SGB X ein "normaler" Fehler der Verwaltung allein in Anwendung von § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X die Annahme schutzwürdigen Vertrauens des Begünstigten in den Fortbestand eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nicht rechtfertigen, so muss das umso mehr gelten, wenn in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zu der Verantwortlichkeit der Behörde für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eine solche des Begünstigten hinzutritt. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ordnet in solchen Fällen den Ausschluss von Vertrauensschutz explizit an, weil der Begünstigte (gerade) im Hinblick auf sein vorwerfbares Verhalten die ohne Rechtsgrund erbrachte Leistung nicht soll behalten dürfen.

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Protokollpflicht im Verwaltungsverfahren?

Sächsisches Landessozialgericht - L 3 AS 1883/13 B ER - Beschluss vom 05.03.2014

Gemäß § 9 Satz 1 SGB X ist das Verwaltungsverfahren nicht an bestimmte Formen gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Dieser Verfahrensgrundsatz der Nichtförmlichkeit bedeutet, dass trotz der Ähnlichkeit zum gerichtlichen Verfahren das Sozialverwaltungsverfahren keine Kopie justizieller Entscheidungsprozesse sein darf. Aus diesem Grund gibt es im Sozialverwaltungsverfahren keine allgemeine Pflicht zur Aufnahme eines Protokolls oder einer Niederschrift und demzufolge insbesondere keine allgemeine Pflicht, ein Wortprotokoll zu führen.

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Zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 8 R 829/13 B - Beschluss vom 08.04.2014

Ein unverschuldetes Fristversäumnis setzt voraus, dass der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist. Die Versäumnis der Frist muss bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaften und sachgerechten Prozessführenden demnach nicht vermeidbar gewesen sein. Für die Vorwerfbarkeit der Fristversäumnis kommt es auf die persönlichen Verhältnisse, insbesondere den Bildungsgrad und die Rechtserfahrung an. Das Verschulden muss für die Fristversäumnis zudem ursächlich geworden sein. Weil § 67 SGG die Rechtsweggarantie nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz bzw. das rechtliche Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG sichert, dürfen keine überspitzten Anforderungen daran gestellt werden, welche Vorkehrungen der Betroffene gegen die drohende Fristversäumnis treffen und was er nach eingetretener Fristversäumnis veranlassen muss . Andererseits ist aber die durch die Einhaltung von Fristen gegebene Rechtssicherheit ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips, Art. 20 Abs. 3 GG. Deshalb ist in Bezug auf die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eine Abwägungsentscheidung unter Beachtung der schutzwürdigen Interessen der Beteiligten erforderlich.

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Rückwirkung des § 44 SGB X

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 1 R 137/11 - Urteil vom 12.02.2014

Ist nach § 44 Abs. 4 SGB X ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag. Fristbeginn ist dabei das Datum der Antragstellung, und zwar auch dann, wenn der Antrag zunächst abgelehnt wurde. Bei Aufhebung von Amts wegen läuft die Frist vom Ende des Jahres an, in dem der Bescheid erteilt wird. Die Frist des § 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X beginnt mit dem letzten Tag des Vorjahres und endet nach vier Jahren mit dem ersten Tag des Jahres. Verzögert die Verwaltung bei einem von Amts wegen durchzuführenden Verwaltungsverfahren ohne triftigen Grund den Erlass des Bescheides und entsteht dem Betroffenen hinsichtlich der Vierjahresfrist ein Nachteil, ist dieser im Wege eines Herstellungsanspruchs auszugleichen.

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Keine Entschädigung für ehrenamtlichen Richtern für Verdienstausfall bei Nacharbeitsmöglichkeit

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - L 1 SV 1/12 B - Beschluss vom 21.03.2014

Ein ehrenamtlichen Richter erhält bei Heranziehung zu den richterlichen Aufgaben Entschädigung nach Maßgabe des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). Eine Entschädigung für Verdienstausfall (§ 18 JVEG) steht ihm nur zu, wenn ein Verdienstausfall auch eintritt. Das ist nicht der Fall, wenn es dem ehrenamtlichen Richter möglich ist, die wegen Heranziehung zu richterlichen Aufgaben versäumte Arbeitszeit nachzuarbeiten. Dann hat er nur Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 16 JVEG).

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Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer

Zulässigkeit des Entschädigungsverfahrens

Bayerisches Landessozialgericht - L 8 SF 134/12 EK - Urteil vom 20.06.2013

Die in § 198 Abs. 3 GVG geregelte Verzögerungsrüge stellt eine materielle Entschädigungsvoraussetzung dar. Dass das Vorliegen einer Rüge nicht gleichzeitig eine Zulässigkeitsvoraussetzung darstellt, ergibt sich aus § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG . Nach § 198 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GVG kann das Entschädigungsgericht die Feststellung aussprechen, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des § 198 Abs. 3 GVG nicht erfüllt sind. Dies schließt insbesondere auch den Fall ein, dass es an einer Verzögerungsrüge fehlt. Handelte es sich bei der Erhebung der Rüge um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, so käme bei fehlender Rüge nur die Abweisung der Klage als unzulässig, nicht aber die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer in Betracht.

Dies bedeutet gleichzeitig, dass das LSG auch der in der Literatur vertretenen Auffassung, die Einhaltung der Wartefrist nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG stelle eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar, nicht folgt. Diese Vorschrift sieht vor, dass eine Klage zur Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann. Nach der genannten Auffassung ist die Wartefrist eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Entschädigungsklage. Da die Frist an die Verzögerungsrüge anknüpfe, handele es sich bei der Rüge um eine doppelrelevante Tatsache, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage bedeutsam sei. Die für die Begründetheit erforderliche Prüfung gehe dabei über die für die Zulässigkeit notwendige Prüfung hinaus. Die Nichteinhaltung der von Amts wegen zu prüfenden Frist führe bereits zur Unzulässigkeit der Klage. Folgte man dieser Auffassung, wäre die Klage bei fehlender Rüge auch unter diesem Aspekt unzulässig, denn wenn die Wartefrist mangels Verzögerungsrüge nicht zu laufen beginnt, so kann sie nicht eingehalten werden. Dies bedeutete wiederum, dass die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer bei Fehlen einer Verzögerungsrüge nicht möglich wäre.

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Geringfügige Änderung und Erhöhung der MdE

Bundessozialgericht - B 2 U 17/12 R - Urteil vom 19.12.2013

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben zu überprüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Dies ist jedoch im allgemeinen zu verneinen, wenn bei unstreitigen Unfallfolgen die gutachterlichen Beurteilungen der MdE sich lediglich um 5 v. H. unterscheiden, also innerhalb einer bei derartigen Schätzungen zwangsläufig eintretenden Schwankungsbreite liegen. Nicht anders wird es häufig sein, wenn im Rechtsstreit eine weitere Gesundheitsstörung als Unfallfolge angesehen wird, diese sich aber auf die Erwerbsfähigkeit so wenig nachteilig auswirkt, dass die Gutachter unterschiedlicher Meinung sind, ob durch die gesamten Unfallfolgen die Erwerbsfähigkeit in einem Maße eingeschränkt wird, welche um 5 v. H. über dem bisherigen Ergebnis liegt.

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Rückweg ist versichert

Bundessozialgericht - B 2 U 27/12 R - Urteil vom 14.11.2013

Ein versicherter Weg nach und von dem Ort einer versicherten Tätigkeit i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII kann mehrmals täglich zurückgelegt werden, wenn dessen Voraussetzungen jeweils erfüllt sind. Selbst wenn zunächst eine Rückfahrt zum Betrieb allein zu einem privatwirtschaftlichen Zweck erfolgte, kann nach Wiederaufnahme der versicherten Tätigkeit der sich anschließende Heimweg ein versicherter Weg i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sein. Weder der Wortlaut dieser Vorschrift noch Sinn und Zweck der Unfallversicherung der Beschäftigten sprechen dafür, den Versicherungsschutz des Rückweges vom Ort der versicherten Tätigkeit stets davon abhängig zu machen, dass der Hinweg ein versicherter Weg war.

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Yersiniose als Berufskrankheit

Thüringer Landessozialgericht - L 1 U 555/10 - Urteil vom 06.02.2014

Bei der Infektionskrankheit BK 3102 ("von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten") tritt an die Stelle der Einwirkung die Gefahr einer Infektion mit von Tieren übertragbaren Krankheitserregern. Dabei genügt eine schlichte Infektionsgefahr nicht. Vielmehr setzt die BK 3102 gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VII eine besonders erhöhte Infektionsgefahr voraus. Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung" und "Einwirkungen", d.h. die besondere Infektionsgefahr und Krankheit müssen dabei im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen.

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Feststellung der AU

Bundessozialgericht - B 1 KR 17/13 R - Urteil vom 04.03.2014

Bei fortdauernder AU, aber abschnittsweiser Krg-Bewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krg-Anspruchs aus der Beschäftigtenversicherung ist es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die AU vor Ablauf des Krg-Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird.

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Kieferorthopädische Behandlung ab 18. Lebensjahr nur in Ausnahmefällen

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 597/13 - Urteil vom 13.03.2014

Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben, steht ein Anspruch auf kieferorthopädische Behandlung nur bei schweren Kieferanomalien zu. Das ist bei Indikationsgruppen der Fall, bei denen eine Kiefer- oder Zahnfehlstellung vorliegt, die das Kauen, Beißen, Sprechen oder Atmen erheblich beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Im Einzelnen sind die Voraussetzungen abschließend in den "Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung" geregelt. 

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2 ICSI-Versuche und 1 IVF-Versuch sind drei Maßnahmen der künstlichen Befruchtung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 571/13 - Urteil vom 13.03.2014

Voraussetzung für Leistungen der Krankenbehandlung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft ist u.a., dass nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, dass durch die Maßnahme eine Schwangerschaft herbeigeführt wird. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme dreimal ohne Erfolg durchgeführt worden ist. Bei diesen Maßnahmen ist nicht zu unterscheiden, ob es sich z.B. um zwei ICSI (Intracytoplasmatische Spermieninjektion)-Behandlungsversuche und um eine IVF (In-Vitro-Fertilisation)-Maßnahme gehandelt hat. 

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Kein Kostenerstattungsanspruch bei Nichteinhaltung des Beschaffungswegs

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 82/13 - Urteil vom 27.03.2014

Einem gesetzlich Krankenversicherten sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung grundsätzlich nur zu ersetzen, wenn die Krankenkasse die Leistungsgewährung vorher abgelehnt hat. Wegen des Ausnahmecharakters der Kostenerstattung muss der Krankenkasse zur Vermeidung von Missbräuchen vorab die Prüfung ermöglicht werden, ob die beanspruchte Behandlung im Rahmen des vertragsärztlichen Versorgungssystems bereit gestellt werden kann und, falls dies nicht möglich ist, ob sie zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, insbesondere den Anforderungen der Geeignetheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung genügt. Der Versicherte ist deshalb vor Inanspruchnahme einer Behandlung außerhalb des Systems grundsätzlich gehalten, sich an seine Krankenkasse zu wenden und die Gewährung zu beantragen. 

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Kein Anspruch auf Elektrotiefenhyperthermiebehandlung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 23/12 - Urteil vom 27.03.2014

Ein gesetzlich Krankenversicherter mit einem Mehrfachkarzinom mit unklarem Primarius (CUP) hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch gegen seine Krankenkasse auf Übernahme der Kosten einer Elektrotiefenhyperthermiebehandlung. Der Hyperthermiebehandlung kann keine Aussicht auf Heilung oder wenigstens eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf des Versicherten zugemessen werden.

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Zum Anspruch auf eine geschlechtsangleichende Gesichtsoperation

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 108/13 - Urteil vom 13.03.2014

Die Einräumung von Ansprüchen für transsexuelle Versicherte führen nicht dazu, Betroffenen Anspruch auf jegliche Art von geschlechtsangleichenden operativen Maßnahmen im Sinne einer optimalen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild und ohne Einhaltung der durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen allgemeinen Grenzen einzuräumen. Die Ansprüche sind vielmehr auf einen Zustand beschränkt, der aus der Sicht eines verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert ist. 

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Volle Erwerbsminderung auch bei Leistungsfähigkeit von 3 - 6 Stunden

Bayerisches Landessozialgericht - L 13 R 158/11 - Urteil vom 12.02.2014

An sich sind bei einer Leistungsfähigkeit von mehr als 3 bis unter 6 Stunden nur die Voraussetzungen für eine teilweise Erwerbsminderung erfüllt.
Wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach der bis 31.12.2000 geltenden Rechtslage entwickelt worden ist, kann die teilweise Erwerbsminderung aber in eine volle Erwerbsminderung "durchschlagen", wenn der allgemeine Arbeitsmarkt nach der so genannten konkreten Betrachtungsweise verschlossen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die konkrete Betrachtungsweise wegen der ungünstigen Arbeitsmarktsituation auch nach dem 31.12.2000 beibehalten werden. Erheblich ist danach, ob Arbeitsplätze vorhanden sind, auf denen tätig zu sein dem Versicherten zuzumuten ist und die er mit der ihm verbliebenen Leistungsfähigkeit noch ausfüllen kann. Als offen ist der Arbeitsmarkt anzusehen, wenn dem Versicherten ein geeigneter Arbeitsplatz angeboten wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Versicherte das Angebot annimmt, sofern ihm nicht für die Ablehnung ein wichtiger Grund zur Seite steht. Damit ist auch bei dem Angebot eines Teilzeitarbeitsplatzes zu prüfen, ob dieser leidensgerecht ist. Würde die Tätigkeit auf Kosten der Restgesundheit gehen, so muss in Anbetracht des Rechts auf körperliche Unversehrtheit ein wichtiger Grund für die Ablehnung eines solchen Angebots angenommen werden.

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Zu ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen

Bayerisches Landessozialgericht - L 13 R 808/08 - Urteil vom 24.09.2013

Beim Kläger liegt eine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (vgl. BSGE 80, 24) vor, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich macht.

Als eine Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die zu einer Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit führen, gelten insbesondere Einarmigkeit und Einäugigkeit. Als Grund dafür, dass bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen ist, wird angeführt, dass der Arbeitsmarkt für solche überdurchschnittlich stark leistungsgeminderte Personen möglicherweise schlechthin keine Arbeitsstelle bereit hält bzw. nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die an sich noch mögliche Vollzeittätigkeit eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder, dass ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb einsetzbar ist. Die konkrete Benennung einer Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn der Kläger noch körperlich leichte Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichten kann und sich für dieses Restleistungsvermögen Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes mit entsprechenden Arbeitsplätzen beschreiben lassen.

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Beweislast bei Versorgungsehe

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 18 KN 29/13 - Urteil vom 03.12.2013

Im Fall der Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten ist der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI regelmäßig nicht erfüllt. Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht (vollständig) ausgeschlossen, dass die Eheschließung gleichwohl (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen erfolgte. In einem solchen Fall müssen allerdings bei der Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt nämlich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher - vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisender - besonderer Umstände.

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Zur Versicherungspflicht selbständiger Lehrer

Bundessozialgericht - B 12 R 3/12 R - Urteil vom 30.10.2013

"Selbstständig tätige Lehrer und Erzieher", die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, sind in der gesetzlichen RV versicherungspflichtig (§ 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Tätigkeit als "selbstständiger Lehrer" hat das BSG bislang nicht in einem engen Sinne verstanden. Sie sind vielmehr bereits dann erfüllt, wenn durch den Betroffenen im konkreten Fall eine spezielle Fähigkeit durch praktischen Unterricht vermittelt wird, wobei es nicht darauf ankommt, ob eine besondere pädagogische Ausbildung durchlaufen wurde, ob es ein etwa durch Ausbildungsordnungen geregeltes Berufsbild des (selbstständigen) Lehrers gibt, oder ob die Erwerbstätigkeit innerhalb eines eigenen Betriebes ausgeübt wird. Gegen die darauf fußende Anordnung der RV-Pflicht selbstständiger Lehrer bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Allerdings führt zur Annahme einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV nicht schon die bloße Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe hier derjenigen der Lehrer, vielmehr verlangt der Gesetzeswortlaut, dass der Betroffene auch selbstständig "tätig" ist, also bezogen auf den im Gesetz genannten Beruf auch tatsächlich nennenswerte Aktivitäten entfaltet.

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Zur Frage der abhängigen Beschäftigung

Bundessozialgericht - B 12 KR 19/11 R - Urteil vom 30.04.2013

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung "die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist .

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Anwaltshonorar

ER- und Widerspruchsverfahren

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 2 AS 432/13 B - Beschluss vom 26.02.2014

Auch wenn keine Identität der Streitgegenstände von einstweiligen Rechtsschutzverfahren und Widerspruchsverfahren gegeben ist, rechtfertigen die beispielsweise im Rahmen der Aktensichtung und Sachverhaltserfassung dennoch auftretenden Synergie-Effekte bei der Bearbeitung beider Verfahren durch den Rechtsanwalt regelmäßig eine Verminderung der Mittelgebühr wegen des geringeren Arbeitsaufwands.

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Kopiekosten

Bayerisches Landessozialgericht - L 2 SF 272/13 E - Beschluss vom 10.01.2014

Nach Nr. 7000 VV Nr. 1a kann für Kopien aus Behördenakten die Dokumentenpauschale gefordert werden, soweit diese Kopien zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten sind. Bei der Beurteilung, was zur Bearbeitung sachgemäß ist, ist auf die Sichtweise eines verständigen und durchschnittlich erfahrenen Rechtsanwalts, der sich mit der betreffenden Akte beschäftigt, abzustellen. Dabei muss kein kleinlicher Maßstab angelegt werden. Dem Rechtsanwalt steht ein Ermessensspielraum zu; dieses Ermessen muss er ausüben und darf nicht ohne Weiteres die gesamte Behördenakte von einer juristisch nicht geschulten Kanzleikraft ablichten lassen. Das Gericht ist allerdings nicht verpflichtet, von Amts wegen den Umfang des kopierwürdigen Aktenguts zu ermitteln.

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Zur fiktiven Terminsgebühr

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht - L 5 SF 43/14 B E - Beschluss vom 17.03.2014

Eine "fiktive" Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG entsteht nicht schon bei einem angenommenen Teilanerkenntnis. Dieses erledigt den Rechtsstreit nicht vollständig. Dazu bedarf es weiterer Prozesserklärungen.

Nach dem Wortlaut des Gebührentatbestandes der Nr. 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG und dem Willen des Gesetzgebers hat dieser für Verfahren nach § 183 SGG einen besonderen Gebührenanreiz zum Abschluss eines Vergleiches bzw. eines Teilanerkenntnisses unter Erledigung im Übrigen zwischen den Beteiligten im schriftlichen Verfahren nicht für erforderlich gehalten; die Bestimmung der Nr. 3104 Abs. 1 Ziff. 1 Alt. 3 VV RVG ist nicht analog anwendbar.

Eine der Nr. 3104 Abs. 1 Ziff. 1 3. Alt. VV RVG entsprechende Regelung, nach der eine Terminsgebühr auch entsteht, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgesehen ist, ein Vergleich geschlossen wird, enthält die Nr. 3106 VV RVG nicht. Nach dem gesetzgeberischen Willen soll die allgemeine Gebührenstruktur zwar auch angewendet werden, wenn Betragsrahmengebühren vorgesehen sind. Die Terminsgebühr soll sich in diesen Fällen aber (ausschließlich) nach Nr. 3106 VV RVG bestimmen. Das LSG NRW vermag sich angesichts der Gesetzesbegründung und des ausdrücklichen Verweises in Nr. 3106 VV RVG auf Nr. 3102 VV RVG auch nicht davon zu überzeugen, dass der Gesetzgeber übersehen hat, entsprechend Nr. 3104 VV RVG auch eine Regelung für Vergleiche in Nr. 3106 VV RVG aufzunehmen, mit der Konsequenz, die Regelungslücke durch analoge Anwendung der Nr. 3104 Abs. 1 Ziffer 3. Alt. VV RVG schließen zu können. Die Auslegung, wonach bei sozialgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr bei Abschluss eines Vergleichs in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren vorgesehen sind, nicht in Ansatz gebracht werden kann, begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

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Grundsicherung für Arbeitssuchende SGB II

Zum gewöhnlichen Aufenthalt eines Ausländers

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 19 AS 109/14 B ER - Beschluss vom 20.02.2014

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Entscheidend ist, ob der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland ist. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Der Besitz eines bestimmten Aufenthaltstitels nach dem AufenthG ist zwar für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers nicht erforderlich. Jedoch ist ein Aufenthalt nicht dauerhaft, wenn er nach einer Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde auflösend befristet oder bedingt ist.

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Beitrag für private Pflegeversicherung muss vom Job-Center übernommen werden

Sozialgericht Dresden - S 21 AS 6348/10 - Urteil vom 14.02.2014

Mit der Verpflichtung der privaten Pflegeversicherungsunternehmen auf eine Beitragsabsenkung zugunsten ihrer Versicherten im Basistarif, die auch für die Bezieher von Alg II maßgebend ist, hat der Gesetzgeber für diesen Personenkreis zugleich festgelegt, welche Beitragshöhe "angemessen" und "notwendig" ist, nämlich der Beitrag, den private Versicherungsunternehmen von derart beitragsprivilegierten Personen höchstens fordern können. Eine weitere Reduzierung des Beitrags für Bezieher von Alg II ist nicht vorgesehen. Das Regelungsgefüge der § 110 Abs. 2 Satz 4 SGB XI, § 12 Abs. 1c VAG, § 57 Abs. 1 Satz 2 SGB XI eröffnet insbesondere nicht die Möglichkeit, die Beitragsforderung des privaten Pflegeversicherungsunternehmens auf 18,04 Euro, den Beitragssatz für Alg II-Bezieher in der sozialen Pflegeversicherung, zu reduzieren. Daher muss ein Beitrag bis zu maximal 36,56 Euro monatlich als notwendig i.S. des § 26 Abs. 3 SGB II a.F. angesehen werden, zumal der Gesetzgeber, wie sich aus der Aufstellung der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben ergibt, die Einbeziehung eines Teils des Pflegeversicherungsbeitrags in den Regelbedarf nicht erwogen hat.

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Zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses i.S. des § 143a Abs. 1 SGB III

Bundessozialgericht - B 11 AL 13/12 R - Urteil vom 17.12.2013

Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ausnahmsweise in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz vollständigen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für erhebliche Zeiträume vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde. Nach dieser Rechtsprechung, die der Vorschrift des § 143 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB III zugrunde liegt, darf der Arbeitgeber im Rahmen seiner durch das Grundgesetz (GG) geschützten unternehmerischen Freiheit auch darüber entscheiden, ob er bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausführen lassen oder ob er Arbeiten im Wege der Fremdvergabe ausgliedern will. Die zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit führende unternehmerische Entscheidung ist durch die Gerichte nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.

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Zur Verfahrensweise bei Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts zur Miethöhe

Bundessozialgericht - B 4 AS 87/12 R - Urteil vom 12.12.2013

Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Mietkostenkonzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbs. SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Liegen aber keine Ermittlungsergebnisse vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume deshalb nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen nachträglich durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht entwickelt werden kann. Das BSG hat hierzu betont, dass auch bei der Annahme eines Fehlens von Erkenntnismöglichkeiten und -mitteln nach Würdigung der Tatsacheninstanzen erkennbar sein muss, dass das Gericht bei dieser Feststellung die generellen rechtlichen Anforderungen für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts berücksichtigt hat. Erst wenn solche Feststellungen erfolgt sind, ist ein Rückgriff auf die Tabellenwerte des WoGG zu rechtfertigen.

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Einkommen muss tatsächlich zur Verfügung stehen

Bundessozialgericht - B 14 AS 38/12 R - Urteil vom 17.10.2013

Wenn eine einmalige Einnahme tatsächlich im neuen Bewilligungszeitraum nicht mehr zur Verfügung steht, kommt ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Betracht. Es kommt nämlich bei Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen in einem abschließenden Prüfungsschritt darauf an, ob zugeflossenes Einkommen als "bereites Mittel" geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Dies gilt auch bei Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme über einen Verteilzeitraum hinweg ohne Einschränkungen. Hiernach muss zwar der Hilfebedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Dementsprechend ist er bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldentilgung zu verwenden, sondern über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Wenn die einmalige Einnahme, deren Berücksichtigung als Einkommen in Rede steht, tatsächlich aber nicht (mehr) uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist ein Leistungsanspruch nicht ausgeschlossen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Artikel 1 i.V.m. Artikel 20 Grundgesetz nicht vereinbar. Diesem Gedanken folgt das gesetzgeberische Grundprinzip, dass Einkommen nicht "fiktiv" berücksichtigt werden darf, sondern tatsächlich geeignet sein muss, Hilfebedürftigkeit zu beseitigen.

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Bestimmtheit des Aufhebungsbescheides

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 12 AS 2465/12 - Urteil vom 29.05.2013

Eine Aufhebungsentscheidung für Leistungen nach dem SGB II ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 33 SGB X, auch wenn die aufzuhebenden Bescheide nicht ausdrücklich im Tenor der Entscheidung genannt werden. Ist im Tenor ausgeführt, dass die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom ....... aufgehoben werden, so macht dies die Aufhebungsentscheidung nicht "unbestimmt". Die Nennung der Bescheide ist keine Frage der Bestimmtheit, sondern wirkt sich lediglich auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung aus. Werden die aufzuhebenden Bescheide nicht genannt, so erwachsen sie in Bestandskraft. Die Aufhebung geht ins Leere. Eine Erstattung der Leistungen scheidet insoweit aus. Eine Erstattungsforderung nach § 50 SGB X ist aber nicht Gegenstand des reinen Aufhebungsbescheides.

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Angemessenheit eines Hauses mit Einliegerwohnung

Bundessozialgericht - B 14 AS 90/12 R - Urteil vom 12.12.2013

In Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen ist für die Prüfung des verwertbaren Vermögens die gesamte Wohnfläche eines Hauses, selbst im Falle einer vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen. Der 4. Senat des BSG hat diese Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks mit der Überlegung gerechtfertigt, dass der Eigentümer kraft seines Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit stehe, keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich dessen tatsächlicher Nutzung unterliege. Ausnahmen hat der 4. Senat für möglich gehalten bei eigentumsrechtlichen Beschränkungen durch Miteigentumsanteile. Auch der 14. Senat hat bereits entschieden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von der Gesamtwohnfläche des Hauses und nicht nur der vom Eigentümer bewohnten Fläche auszugehen sei. Nur wenn das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht.
Solange eine Teilung des Eigentums nicht vorliegt, ist ein Hausgrundstück danach in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss für die Beurteilung der Angemessenheit auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses und nicht nur auf die von der Leistungen nach dem SGB II beanspruchenden Person selbst bewohnte Fläche abgehoben werden.

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Zur "Eheähnlichen Lebensgemeinschaft"

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 914/12 - Urteil vom 06.06.2013

Von dem Bestehen einer Partnerschaft im Sinne des § 7Abs. 3 SGB II ist auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt. Des Weiteren muss zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und dem Dritten die grundsätzliche rechtlich zulässige Möglichkeit der Heirat bzw. Begründung einer Lebenspartnerschaft nach dem LPartG bestehen.

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Leistungsausschluss für Unionsbürger

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 6 AS 239/14 B ER - Beschluss vom 17.04.2014

Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greift deshalb nicht, weil die Bestimmung mit europäischem Sekundärrecht nicht vereinbar ist. Danach verstößt der Ausschluss gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO (EG) 883/2004. Bei dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II handelt es sich um eine offene, unmittelbare Diskriminierung, denn das entscheidende Unterscheidungskriterium ist die Staatsangehörigkeit. In der VO (EG) 883/2004 selbst findet sich keine (ausdrückliche) Regelung, die eine solche unterschiedliche Behandlung zulässt. Eine den Leistungsausschluss möglicherweise rechtfertigende Einschränkung des Diskriminierungsverbots ergibt sich nicht aus Art. 24 Abs. 2 2. Alt in Verbindung mit Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b) der RL 2004138/EG (Unionsbürgerrichtlinie).

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Pauschale bei Erstausstattung

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 7 AS 606/13 B - Beschluss vom 19.03.2014

Wählt der Grundsicherungsträger bei Leistungen zur Erstausstattung der Wohnung die Leistungsart "Geldleistung", so kann diese auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht werden (§ 24 Abs. 3 Satz 5 SGB II in der Fassung ab 1.4.2011). Allerdings ist dabei § 24 Abs. 3 Satz 6 SGB II zu beachten. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Insofern spricht der Wortlaut des § 24 Abs. 3 Satz 6 SGB II dafür, dass den Grundsicherungsträgern bei der Festsetzung der Höhe der Pauschalen nur ein eingeschränkter Beurteilungsspielraum zusteht. Die Leistungsträger werden insofern "nachvollziehbare Erfahrungswerte" über die Kosten von Einrichtungsgegenständen (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) zur Stützung ihrer Pauschalbeträge vorzunehmen haben, die auch einer richterlichen Kontrolle unterliegen. Pauschalbeträge dürfen generell nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Sachleistung führen. Der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende muss daher entsprechende Unterlagen vorlegen, die von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit daraufhin zu überprüfen sind, ob sie hinreichend empirisch abgesichert sind. Ausreichend ist, wenn ein Grundsicherungsträger für alle notwendigen Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände eine Bezugsquelle angibt und jeweils den tatsächlichen Preis für den Neuerwerb bei verschiedenen Versandhäusern aufführt.

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Kieferorthopädische Behandlung und unabweisbarer Bedarf

Bundessozialgericht - B 4 AS 6/13 R - Urteil vom 12.12.2013

Nach der Kodifizierung der Härteleistung durch § 21 Abs. 6 SGB II wird Unabweisbarkeit u.a. als gegeben angesehen, wenn der Bedarf insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist. Die Subsidiarität der Leistungserbringung nach dem SGB II folgt bereits aus § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Insbesondere die Leistungen anderer Sozialleistungsträger sind danach zur Bedarfsdeckung in Anspruch zu nehmen. § 3 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II stellt den allgemeinen Grundsatz auf, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden dürfen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann, also auch nicht durch den Einsatz eigener Mittel des Leistungsberechtigten oder die Dritter. Unabweisbar im Sinne des Grundsicherungsrechts kann wegen der Subsidiarität dieses Leistungssystems ein medizinischer Bedarf demnach grundsätzlich nur dann sein, wenn nicht die gesetzliche Krankenversicherung oder Dritte zur Leistungserbringung, also zur Bedarfsdeckung, verpflichtet sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Fall, in dem der Ausfall der Bedarfsdeckung durch die gesetzliche Krankenversicherung aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung des Versicherten zur Zuzahlung oder vorläufigen/endgültigen Tragung eines Eigenanteils, wie etwa nach § 29 Abs. 2 SGB V für die kieferorthopädische Versorgung, erfolgt und dem Fall, dass dem Leistungsberechtigten durch eine medizinisch notwendige Behandlung deswegen regelmäßig Kosten entstehen, weil Leistungen der Krankenversicherung etwa wegen ihres geringen Abgabepreises, aus sonstigen Kostengründen oder aus systematischen/sozialpolitischen Gründen von der Versorgung nach dem SGB V ausgenommen werden.

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Verwertung von Vermögen muss innerhalb von 6 Monaten möglich sein.

Bundessozialgericht - B 14 AS 10/13 R - Urteil vom 20.02.2014

Feststellungen zum Zeitraum einer möglichen Verwertung von Vermögen sind im Rahmen der Prüfung, ob und inwieweit Vermögen als zur Verfügung stehende Bedarfsdeckungsmöglichkeit zu berücksichtigen ist, zu treffen. Der Prüfung auch der zeitlichen Dimension, innerhalb der das Vermögen (voraussichtlich) verwertet werden kann, bedarf es, weil die Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Person, die ihr verwertbares Vermögen nicht in absehbarer und angemessener Zeit verwerten kann, nicht über bereite Mittel verfügt. Maßgebend für die Prognose, ob und ggf. welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, ist im Regelfall der Zeitraum, für den Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II). Für diesen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten ab Antragstellung muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und ggf. welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, kurzfristig Erträge zu erzielen und die Hilfebedürftigkeit abzuwenden oder zu vermindern. Fehlt es an einer Möglichkeit zur Verwertung zu berücksichtigenden Vermögens in diesem Zeitraum, besteht Hilfebedürftigkeit und sind auf Antrag darlehensweise Leistungen zu erbringen.

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Ergänzende Leistungen nach Sanktion?

Bayerisches Landessozialgericht - L 7 AS 464/11 - Urteil vom 17.07.2012

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist nicht zwingend gleichzeitig mit der Sanktion über ergänzende Leistungen zu entscheiden. Soweit in Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, aus verfassungsrechtlichen Gründen müsse stets gleichzeitig über ergänzende Leistung entschieden werden, ist dem nicht zuzustimmen. Im Rahmen des SGB II geht der Gesetzgeber, anders als im Rahmen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch davon aus, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst entscheiden kann, ob er staatliche Leistungen in Anspruch nehmen möchte. Auch ergänzenden Leistungen muss sich der Hilfebedürftige nicht aufdrängen lassen. In der Sondersituation einer wiederholten Sanktion ist die zumutbare Mitwirkung des Hilfebedürftigen bei der Auswahl der ergänzenden Leistung besonders wichtig. Nur er selbst weiß, welcher konkrete unaufschiebbare Bedarf besteht, nur er weiß, welche Form der ergänzenden Leistungen er akzeptiert. Deswegen kann der Grundsicherungsträger sein Ermessen über Art und Umfang der Leistungen nur dann richtig ausüben, wenn er die Bedürfnisse des Hilfebedürftigen kennt. Eine gleichzeitig mit der Sanktion zu treffende Entscheidung dem Grunde nach, wie sie vom LSG Sachsen- Anhalt vorgeschlagen wurde, bedeutete keine tatsächliche Verbesserung für den Hilfebedürftigen, da die Grundentscheidung noch zu konkretisieren wäre.

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Betriebskostenrückzahlung bei abgesenkten Leistungen

Bundessozialgericht - B 14 AS 83/12 R - Urteil vom 12.12.2013

Betriebskostenrückzahlungen mindern den Anspruch auf Alg II gemäß § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II a.F. nur dann mit dem vollen Rückzahlungsbetrag, wenn die Aufwendungen der Leistungsberechtigten für Unterkunft und Heizung durch den hierauf entfallenden Alg II-Anteil vollständig gedeckt waren. Wurden dagegen nur abgesenkte Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht, mindern Betriebskostenerstattungen den Alg II - Anspruch in dem bzw. den folgenden Monat(en) nur um den Betrag, der nach ihrer Anrechnung auf die tatsächlich aufgebrachten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung - ohne Kosten der Warmwasserbereitung, soweit sie von der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst sind - verbleibt.

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Nächste Ausgabe

Die nächste Ausgabe unserer Zeitschrift erscheint im Juli 2014!

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